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September 13, 2022

US-Präsident Biden zum 11. September

US-Präsident Joseph R. Biden hielt am 11. September 2022 bei einer feierlichen Veranstaltung im US-Verteidigungsministerium in Arlington (Virginia) eine Rede, in der er den bei den Terroranschlägen 2001 Verstorbenen gedachte und zu Einheit aufrief.

Verteidigungsminister Austin, General Milley und alle Familien, die immer noch den schmerzlichen Verlust eines Teils ihrer selbst fühlen, es ist mir eine Ehre, wieder hier zu sein, um an dieser feierlichen Gedenkzeremonie teilzunehmen und über all das nachzudenken, was wir an diesem schrecklichen Septembermorgen in Feuer und Asche verloren haben, aber auch über das, was wir in uns selbst gefunden haben, um mit dem Verlust umzugehen.

Einundzwanzig Jahre ist das jetzt her – einundzwanzig Jahre, und doch haben wir unser Versprechen gehalten, niemals zu vergessen. Wir werden die Erinnerung an all die Menschen bewahren, die uns entrissen wurden: 2.977 Menschenleben wurden ausgelöscht – am Ground Zero in New York, in Shanksville in Pennsylvania, wo meine Frau gerade eine Rede hält, und 184 hier im Pentagon.

Und ich weiß, all denjenigen unter Ihnen, die jemanden verloren haben, kommen 21 Jahre teils wie eine Ewigkeit, teils wie gestern vor.

Es tut gut, sich zu erinnern. Einerseits helfen uns diese Erinnerungen, den Schmerz zu verarbeiten, aber sie können auch Wunden wieder aufreißen und uns in den Augenblick zurückversetzen, als die Trauer noch überwältigend war.

Man stellt sich vor, was sie alles hätten tun können, wenn sie nur ein wenig länger gelebt hätten, die Erfahrungen, die man gemeinsam hätte machen können, die Träume, die sie nie verwirklichen konnten.

Ich erinnere mich noch daran, mit welchen Worten sich Königin Elisabeth an die Amerikanerinnen und Amerikaner wandte. Am 11. September verlas der britische Botschafter in der St. Thomas Church in New York bei einem Gottesdienst ein Gebet, in dem die Queen uns eindringlich daran erinnerte:

„Trauer ist der Preis, den wir für die Liebe zahlen.“ Viele von uns haben diesen Kummer erlebt, Sie alle haben ihn erlebt.

Und an diesem Tag, an dem sich der Preis so hoch anfühlt, schließen Jill und ich Sie alle in unser Herz.

An diesem strahlend blauen Morgen suchte uns der Terror heim. Die Luft füllte sich mit Rauch, dann hörte man Sirenen und dann folgten die Erlebnisse der Menschen, die wir verloren haben, es waren Geschichten unglaublichen Heldentums an diesem schrecklichen Tag.

Die amerikanische Geschichte selbst wurde an diesem Tag verändert. Aber was sich nicht verändert hat – was wir nicht ändern werden, was wir nicht ändern können, niemals ändern werden, ist der Charakter dieser Nation, den die Terroristen glaubten, treffen zu können.

Und was macht diesen Charakter aus? Es sind Opferbereitschaft und Liebe, Großzügigkeit und Würde, Stärke und Widerstandsfähigkeit.

In der Feuerprobe des 11. September und in den Tagen und Monaten danach haben wir gesehen, aus welchem Holz Amerika geschnitzt ist – aus welchem Holz die Amerikanerinnen und Amerikaner geschnitzt sind. Denken Sie an alle, die Ihnen nahestehen, vor allem an die Passagiere dieses Fluges – ganz normale Menschen, die sich sagten: „Wir werden das nicht hinnehmen“, die ihr Leben riskierten und verloren, damit nicht noch mehr Menschen sterben mussten.

Wir haben es bei den Polizistinnen und Polizisten und bei den Feuerwehrleuten gesehen, die monatelang auf dem Schutthaufen am Ground Zero standen, inmitten von verbogenem Stahl und zersplitterten Betonplatten, die gesundheitsschädliche Giftstoffe und Asche einatmeten, und sich trotz der Verwüstung weigerten, die Suche aufzugeben. Sie haben nicht aufgehört, sie wollten nicht aufhören.

Wir haben von dem außergewöhnlichen Mut und der Entschlossenheit der Passagiere an Bord von Flug 93 erfahren, die begriffen, dass sie sich mitten im Schussfeld eines neuen Krieges befanden, und die sich entschlossen, sich zu wehren – obwohl sie dafür nicht ausgebildet waren – sich zu wehren, sich zu opfern und nicht zuzulassen, dass ihr Flugzeug als Waffe gegen noch mehr Unschuldige eingesetzt wird.

Und hier im Pentagon, das sowohl der Schauplatz des schrecklichen Terroranschlags als auch die Kommandozentrale für unsere Reaktion zur Verteidigung und zum Schutz der amerikanischen Bevölkerung war, wurden so viele zu Helden. Sehr viele Ihrer Angehörigen waren unter diesen Helden.

Es ging schon los, als Zivilistinnen und Zivilisten und Angehörige der Streitkräfte in Aktion traten, weil Wände nachgaben und das Dach einzustürzen begann. Sie stürmten zur Schneise zwischen dem vierten und fünften Korridor.

Die Flammen des Feuers schlugen doppelt so hoch wie das Gebäude selbst. Ich erinnere mich. Ich war damals US-Senator und ging gerade in mein Büro hoch, und ich konnte den Rauch und die Flammen sehen.

Sie waren Helden. Sie rannten in die lodernden Flammen zurück und versuchten, ihre Kolleginnen und Kollegen zu retten.

Feuerwehrleute kämpften bis tief in die Nacht gegen die Kerosinflammen und gelangten dabei an die Grenzen der Erschöpfung.

Die Mitarbeitenden des Pentagons erschienen am 12. September zur Arbeit und waren entschlossener denn je, die Sicherheit ihres Landes zu gewährleisten.

Wie ich schon damals am 11. September hier gesagt habe, werden wir den Tätern bis an die Pforten der Hölle folgen, um sicherzustellen, dass sie nicht weitermachen können.

Millionen junger Frauen und Männer aus dem ganzen Land reagierten auf die Anschläge vom 11. September mutig und entschlossen, indem sie sich zur Verteidigung unserer Verfassung verpflichteten und sich den großartigsten Streitkräften in der Geschichte der Welt anschlossen.

In den Jahren seit dem 11. September haben Hunderttausende von amerikanischen Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan, im Irak und an vielen anderen Orten auf der Welt gedient, um Terroristinnen und Terroristen sichere Rückzugsorte zu verwehren und die Amerikanerinnen und Amerikaner zu schützen.

Für alle unsere Soldatinnen und Soldaten und ihre Familien, unsere Veteraninnen und Veteranen, unsere Gold-Star-Familien, alle Überlebenden, Betreuerinnen und Betreuer und Angehörigen, die so viel für unsere Nation geopfert haben, gilt: Wir stehen in Ihrer Schuld. Wir schulden Ihnen etwas Unglaubliches. Es ist eine unglaublich große Schuld, die niemals zurückgezahlt werden kann, aber wir werden nie versäumen, die heilige Pflicht Ihnen gegenüber zu erfüllen, diejenigen, die wir Gefahren aussetzen, angemessen vorzubereiten und auszurüsten und für sie und ihre Familien zu sorgen, wenn sie nach Hause kommen – und niemals, niemals, niemals zu vergessen.

Bei allem, was sich in den letzten 21 Jahren verändert hat, ist die ungebrochene Entschlossenheit der Amerikanerinnen und Amerikaner, sich gegen diejenigen zu verteidigen, die uns Schaden zufügen wollen, und diejenigen, die für Angriffe auf unsere Bevölkerung verantwortlich sind, ihrer gerechten Strafe zuzuführen, nie ins Wanken geraten.

Es hat zehn Jahre gedauert, bis wir Osama bin Laden aufgespürt und getötet haben, aber wir haben es geschafft. Und im Sommer habe ich einen erfolgreichen Angriff auf az-Zawahiri genehmigt, den Mann, der am 11. September als bin Ladens Stellvertreter fungierte und Anführer von Al-Qaida war.

Denn wir werden nicht ruhen. Wir werden nie vergessen. Wir werden nie aufgeben. Und jetzt kann az-Zawahiri die Amerikanerinnen und Amerikaner nie mehr bedrohen.

20 Jahre nach dem Ende unseres Einsatzes in Afghanistan ist unser Wille, einen weiteren Angriff auf die Vereinigten Staaten zu verhindern, ungebrochen.

Unsere Nachrichtendienst-, Verteidigungs- und Terrorismusbekämpfungsexperten in dem Gebäude hinter mir und in der gesamten Regierung bleiben weiter wachsam gegenüber terroristischen Bedrohungen, die sich weiterentwickelt und auf neue Regionen der Welt ausgedehnt haben.

Wir werden terroristische Aktivitäten weiterhin überwachen und sie unterbinden, wo auch immer wir sie entdecken, wo auch immer sie stattfinden. Wir werden niemals zögern, das zu tun, was erforderlich ist, um die Amerikanerinnen und Amerikaner zu schützen.

Was zerstört wurde, haben wir wiederaufgebaut. Was gefährdet war, haben wir gesichert. Was angegriffen wurde – unser unbezwingbarer Wille – ist nie, niemals ins Wanken geraten.

Wir haben Denkmäler und Gedenkstätten für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger errichtet, deren Blut auf diesem Gelände, in Shanksville und am Ground Zero vergossen wurde, um die Erinnerung an sie für alle kommenden Jahrzehnte leuchtend hell am Leben zu erhalten.

Wenn künftige Generationen hierherkommen, um im Schatten der Ahornbäume zu sitzen, die die Gedenkstätte schützen und im Laufe der Jahre groß und stark geworden sind, werden sie die Namen von Patriotinnen und Patrioten lesen. Sie werden spüren, welche Verbindungen am 11. September 2001 entstanden sind und wie sich unser Land für immer verändert hat.

Und ich hoffe, sie werden an all die Menschen denken, die in den Stunden und Tagen und Jahren danach zu Heldinnen und Helden wurden. Ganz normale Amerikanerinnen und Amerikaner, die auf außergewöhnliche und unerwartete Weise reagierten.

Ich hoffe, wir werden uns daran erinnern, dass wir in diesen dunklen Tagen tief in uns gegangen sind, dass wir uns umeinander gekümmert haben und dass wir zusammengefunden haben.

Wir haben diese schwere Zeit durchgestanden, indem wir einander die Hand gereicht und etwas ausgesprochen Seltenes gefunden haben – ein echtes Gefühl der nationalen Einheit.

Für mich ist das die wichtigste Erkenntnis aus dem 11. September. Es ist nicht so, dass wir nie mehr Rückschläge erleiden werden, aber wir mussten in einem Moment starken Zusammenhalts gleichzeitig unseren schlimmsten Gefühlsregungen trotzen: Angst, Gewalt und der Versuchung, Amerikanerinnen und Amerikanern muslimischen Glaubens sowie nahöstlicher und südasiatischer Herkunft die Schuld zu geben

Es geht darum, dass es – trotz all unserer Schwächen und Meinungsverschiedenheiten im Spannungsfeld all dessen, was uns menschlich macht –, nichts gibt, was diese Nation nicht erreichen kann, wenn wir zusammenstehen und aus ganzem Herzen das verteidigen, was uns einzigartig auf der Welt macht: unsere Demokratie.

Unsere Nation basiert nicht nur auf Prinzipien, sie basiert auch auf einer Idee, die ihresgleichen sucht – unsere Nation ist weltweit einmalig. Der Gedanke, dass alle Menschen gleich geschaffen sind und ihr Leben lang gleichberechtigt behandelt werden sollten.

Wir werden diesem Gedanken nicht immer gerecht, aber wir haben uns nie davon abgewandt. Das ist es, was uns stark macht. Das ist es, was uns zu dem macht, was wir sind. Und genau das wollten die Flugzeugentführer zerstören, als sie unsere Gebäude und unsere Bevölkerung angriffen.

Sie sind gescheitert. Kein Terrorist war in der Lage, den Ursprung amerikanischer Stärke anzutasten. Und es ist an uns, sie im Namen all jener zu schützen, die wir vor 21 Jahren verloren haben, im Namen all jener, die sich seither jeden Tag mit ihrem ganzen Sein für diese Nation eingesetzt haben.

Dieser Aufgabe müssen wir uns alle annehmen. Es reicht nicht aus, sich an jedem 11. September zu versammeln und derer zu gedenken, die wir vor mehr als zwei Jahrzehnten verloren haben. Denn an diesem Tag geht es nicht um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft.

Wir haben die Aufgabe, die Pflicht, die Verantwortung, unsere Demokratie zu verteidigen, zu bewahren und zu schützen, genau die Demokratie, die eben jene Rechte und jene Freiheit garantiert, die die Terroristen am 11. September in Feuer und Rauch aufgehen lassen und unter Schutt und Asche begraben wollten.

Und das erfordert von uns allen Engagement – Einsatz, harte Arbeit – jeden Tag.

Denn denken Sie immer daran: Die amerikanische Demokratie hängt von den Gewohnheiten des Herzens ab, unserem Gemeinsinn: „Wir, das Volk“. Das ist der Kern unserer Verfassung – „We the People“. „Wir, das Volk“, die Gewohnheiten des Herzens.

Es reicht nicht aus, einmal im Jahr oder ab und zu für die Demokratie einzutreten. Wir müssen es an jedem einzelnen Tag tun.

Heute ist also nicht nur ein Tag des Gedenkens, sondern ein Tag der Erneuerung und der Entschlossenheit für jeden einzelnen Amerikaner und jede einzelne Amerikanerin, in treuer Ergebenheit unserem Land, den Prinzipien, die es verkörpert, und unserer Demokratie gegenüber.

Das schulden wir denjenigen, an die wir heute erinnern. Das sind wir uns gegenseitig schuldig. Und das sind wir den künftigen Generationen von Amerikanerinnen und Amerikanern schuldig.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir es schaffen werden. Wir werden dieser großen Verantwortung gerecht werden. Wir werden unsere Demokratie festigen – gemeinsam, als ein Amerika, die Vereinigten Staaten von Amerika. So sind wir. So waren Ihre Lieben und deshalb haben sie so viel gegeben.

Ich danke Ihnen. Möge Gott Sie alle segnen. Und möge Gott die Angehörigen der Streitkräfte ehren, die wir verloren haben, und all jene, die hier am 11. September ihr Leben gelassen haben. Möge Gott unsere Soldatinnen und Soldaten schützen.

Originaltext: Remarks by President Biden at 9/11 Memorial Ceremony – The White House