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Juni 28, 2023

60 Jahre „Ich bin ein Berliner“

Vor 60 Jahren sprach US-Präsident John F. Kennedy im geteilten Berlin über die Zukunft eines friedlichen und geeinten Europas. Anlässlich des Jahrestages seiner berühmten Rede fand am 24. Juni 2023 vor dem Rathaus Schöneberg ein Festakt statt, bei dem auch US-Botschafterin Amy Gutmann eine Rede hielt.  

Es gilt das gesprochene Wort 

Vielen Dank, Bürgermeister Oltmann.  

 In den 1.000 Tagen, die Präsident Kennedy im Amt war, war ich ein Schulkind. Aber ich kann mich an diese Zeit erinnern, als wäre es gestern gewesen. Der Aufruf des Präsidenten zum Dienst an der Gemeinschaft hat mich inspiriert. Er beeinflusst meine wissenschaftliche Arbeit und mein gesellschaftliches Engagement zur Verteidigung der Demokratie bis heute. Kennedy war ein Weltbürger der Demokratie. Er wandte sich direkt an seine Mitbürgerinnen und Mitbürger in aller Welt und bat sie, sich zu fragen, was sie „gemeinsam für die Freiheit“ aller Menschen tun können. Hunderte Millionen Menschen ließen sich von seinem Idealismus und dem Gefühl der Hoffnung inspirieren, das er vermittelte. Dieses Gefühl schwang genau an diesem Ort mit, an dem wir heute stehen, als Präsident Kennedy West-Berlin besuchte.  

Der Kalte Krieg wurde gefährlicher. Beide Seiten besaßen genug Atomwaffen, um die Welt gleich mehrfach zu zerstören. Eine Mauer trennte den Westen mit aller Gewalt vom Osten. Familien und Gemeinschaften wurden auseinandergerissen. Die Wagenkolonne von Präsident Kennedy fuhr durch die Stadt, in der über eine Million Berlinerinnen und Berliner die Straßen säumten, um ihn zu begrüßen. Ihre Reaktionen sprachen Bände über die Tragödie einer geteilten Stadt, und nach den Stopps am Checkpoint Charlie und am Brandenburger Tor, neben der Sperrzone, die alle Straßen nach Ost-Berlin abriegelte, wirkten sie umso bewegender. 

Präsident Kennedy sollte hier vor dem Schöneberger Rathaus sprechen. Dort hatte sich eine große Menschenmenge versammelt.  

Als er eintraf, wurde er mit lautem Jubel begrüßt, der auch während seiner Rede nicht abriss und seinen Höhepunkt erreichte, als er vier Worte auf Deutsch sagte, die er während seiner Besichtigungstour durch Berlin in letzter Minute hinzugefügt hatte. Vier Worte auf Deutsch. Vier einfache Worte, die von Herzen kamen: „Ich bin ein Berliner.” Der Rest ist Geschichte.  

Diese vier einfachen Worte riefen den Berlinerinnen und Berlinern und der Welt die Luftbrücke von 1948 in Erinnerung. Damals, während der sowjetischen Blockade, hatten die Alliierten den Westberlinerinnen und -berlinern die benötigten Lebensmittel und Vorräte geliefert, ohne auch nur einen einzigen Schuss abzugeben.  

Diese vier Worte schufen eine Verbindung zwischen den Vereinigten Staaten und dem Kampf für die Freiheit hier in Berlin und Deutschland. Präsident Kennedy setzte sich für das Recht der Berlinerinnen und Berliner, der Deutschen und aller Menschen ein, ein Leben in Freiheit und Frieden zu führen, in dem ihnen alle Chancen einer Demokratie offenstehen. Diese Werte werden überdauern.  

Wir wissen inzwischen alle, dass die Mauer gefallen ist und Deutschland wiedervereinigt wurde. Die Demokratie hat sich in Deutschland durchgesetzt und in ganz Osteuropa verbreitet. Nur wenige von uns sind heute alt genug, um sich an diese geteilte Welt zu erinnern, eine Welt, die entlang der Verwerfungen des Kalten Krieges geschaffen wurde.  

Dennoch ist es wichtig, dass jede Generation, ob nun nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust, nach der Luftbrücke, nach dem Bau oder dem Fall der Mauer, nach dem 11. September oder gar erst nach Russlands brutalem Krieg gegen die Ukraine geboren, erkennt, dass das Weltbürgertum genau hier in dieser Stadt aus Diktatur, Krieg, Unterdrückung und Teilung heraus entstand. JFK wurde gemeinsam mit den Berlinerinnen und Berlinern zum Gesicht einer neuen Ära.  

Vor sechzehn Monaten begann Wladimir Putin den größten Landkrieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.  

Niemand kann die Augen vor den Gräueltaten verschließen, die Russland an den Ukrainerinnen und Ukrainern verübt.  

Unsere Demokratien und unsere Freiheit sind unter Beschuss. Sie und wir werden auf die Probe gestellt.  

Ebenso wie 1963, als Präsident Kennedy Berlin besuchte, ist die Welt auch heute geteilt und gefährlich. Und dennoch nehme ich noch immer das Gefühl wahr, das JFK in meiner Generation geweckt hat, ich erlebe es in der Art und Weise, wie die Deutschen den Opfern des Kriegs ihre Herzen geöffnet und sie in ihrem Land aufgenommen haben. Ich erleben es darin, wie sich unsere jungen Aktivistinnen und Aktivisten jetzt für eine klimafreundliche Zukunft einsetzen.  

Und ich erlebe es in der Art und Weise, wie wir in unserer transatlantischen Partnerschaft zusammengefunden haben, um gemeinsam zu sagen: „Wir sind Ukrainerinnen und Ukrainer“. Herr Botschafter Makeiev, so wie wir uns vor 60 Jahren für die Menschen in Berlin eingesetzt haben, unterstützen wir die Menschen in der Ukraine bei der Verteidigung ihres Landes, ihrer Freiheit und ihrer Zukunft. Dank des Mutes und der Entschlossenheit der Ukrainerinnen und Ukrainer wird die Ukraine eine stolze, souveräne und unabhängige Nation bleiben. Wir werden Ihnen so lange zur Seite stehen, bis demokratische Souveränität und Frieden den Sieg davontragen.  

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, in der Tradition der Kennedys bin ich stolz darauf, „eine Berlinerin“ zu sein und heute hier mit Ihnen gemeinsam für die Rechte der Ukrainerinnen und Ukrainer und all derer einzutreten, deren Freiheit unter Beschuss ist. Wir werden dies so lange tun, wie es nötig ist. Wir werden nie müde werden, dem historischen Aufruf Präsident Kennedys und der Bürgerinnen und Bürger Berlins zu folgen: Was können wir gemeinsam für die Freiheit aller tun?  

Originaltext: 2023 JFK ANNIVERSARY RATHAUS SCHÖNEBERG