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Zum 75. Jahrestag des Marshallplans
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Mai 24, 2022

The Marshall Plan at 75 – A Legacy Renewed.

US-Verkehrsminister Pete Buttigieg (Foto: Weißes Haus)
US-Verkehrsminister Pete Buttigieg (Foto: Weißes Haus)

Anlässlich des 75. Jahrestages der Verkündung des Marshallplans am 5. Juni 1947 hielt US-Verkehrsminister Pete Buttigieg am 17. Mai 2022 eine Rede bei einer Veranstaltung des German Marshall Fund in Berlin mit dem Titel: The Marshall Plan at 75 – A Legacy Renewed. 

Es gilt das gesprochene Wort 

Der Zeitpunkt unseres Zusammentreffens – 50 Jahre nach der Gründung des German Marshall Fund und 75 Jahre nach dem Marshallplan – ist natürlich sehr passend. Dies gilt zum einen aus aktuellem Anlass, worauf ich gleich noch zu sprechen kommen werde, zum anderen aber auch, weil ein 75-jähriges Jubiläum im Wandel der Zeit natürlich zu den bedeutendsten Meilensteinen gehört. 

Sie halten das vielleicht für eine seltsame Ansicht. Warum fünfundsiebzig? Insbesondere im Kontext von Ereignissen, die entscheidend zur Gestaltung einer Weltordnung beitragen, ist 75 Jahre nach einem solchen Ereignis meines Erachtens ein besonders geeigneter Zeitpunkt, um dessen Auswirkungen zu würdigen und zu bewerten. Ich sage das auch, weil 75 Jahre nach einem Ereignis der Zeitpunkt erreicht ist, an dem dieses Ereignis in der Erinnerung der Menschen endgültig und unwiderruflich verblasst. 

Mit meinen 40 Jahren bin ich, zumindest, was amerikanische Politiker betrifft, ein junger Mann. Aber ich bin alt genug, um mich persönlich mit den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs und der Zeit unmittelbar danach verbunden zu fühlen. Ich weiß, wie sie sich auf meine Eltern ausgewirkt haben, die in dieser Zeit geboren wurden, und wie sie die Gemeinschaften und Institutionen geprägt haben, in denen ich gelebt und gearbeitet habe. So stellen wir eine Beziehung zu einem Ereignis her, das mehr oder weniger ein Menschenleben zurückliegt. 

Meine Kinder hingegen werden noch studieren, wenn wir beginnen, des Zweiten Weltkriegs in Form von 100-jährigen Jubiläen zu gedenken. Für sie wird der gesamte Kalte Krieg eine rein historische Angelegenheit und keineswegs eine eigene Erinnerung sein. Das bedeutet, dass wir, die an diesem Dreh- und Angelpunkt zwischen Erinnerung und Geschichte leben, Verantwortung dafür tragen, die Lehren aus dieser Zeit zu würdigen und, wo nötig, zu bekräftigen. 

Dann gibt es noch die aktuellen Gründe. Wie das Schicksal es will, ist 2022 nicht irgendein Jahr, das zufällig auf einen Zeitpunkt 75 Jahre nach 1947 und 50 Jahre nach 1972 fällt. Der brutale russische Einmarsch in die Ukraine und die Notwendigkeit einer gemeinsamen internationalen Reaktion darauf machen dieses Jahr zu einem Jahr des tiefgreifenden, tektonischen und rapiden Wandels. Schweden und Finnland streben die Aufnahme in die NATO an. Deutschland, das in diplomatischer und wirtschaftlicher Hinsicht bereits eine Führungsrolle übernimmt, hat wichtige Schritte in der Sicherheits- und Energiepolitik unternommen. 

Diese und andere Veränderungen sind im Gange und bringen Annahmen, Strukturen und Institutionen ins Wanken, die seit dem Ende oder sogar seit dem Beginn des Kalten Krieges relativ stabil und berechenbar waren. Das betrifft uns alle. Ich muss jedoch in aller Bescheidenheit anerkennen, dass diese Entwicklungen, so wichtig sie für die Vereinigten Staaten auch sind, Europa noch unmittelbarer betreffen und hier von noch entscheidenderer Bedeutung sind. 

Ich kann heute also nicht mit vielen einfachen Antworten aufwarten, aber ich möchte zu diesem Diskurs beitragen, indem ich einige Ähnlichkeiten und die bedeutendsten Unterschiede zwischen den heutigen Gegebenheiten und denen von vor 75 Jahren herausstelle. 

Vor allem soll es darum gehen, dass unser Engagement für die Beziehungen und für die Werte, die uns verbinden, unter diesen Gegebenheiten noch dringender gefordert ist. 

Die wichtigste Gemeinsamkeit, die mit unseren Vorfahren in der Zeit vor 75 Jahren besteht, ist vermutlich das Bewusstsein, dass die Zukunft liberaler Demokratien nicht selbstverständlich ist. Für all jene, die am Ende des Zweiten Weltkriegs mit dem Wiederaufbau begannen, lag diese Tatsache klar auf der Hand. In diesem Jahrhundert ist es für viele jedoch eine neue Erkenntnis und ein unsanftes Erwachen. Die Widerstandsfähigkeit demokratischer Prozesse, Normen, Regeln und Institutionen, die einst als gegeben galten, wird nun stark infrage gestellt. 

Dies betrifft auch das Vermächtnis des Marshallplans und damit auch die tägliche Arbeit eines US-Verkehrsministers, denn es stellt sich die Frage, ob die liberale Demokratie wirklich die effektivste Regierungsform ist, wenn es darum geht, konkrete materielle Ergebnisse für ihre Bevölkerung zu erzielen. 

Sicher kannte Marshall die Dynamik zwischen Demokratie und staatlichen Dienstleistungen, wenn auch aus einem anderen Blickwinkel: Er wusste, dass materieller Wohlstand notwendig war, damit liberale Demokratien überhaupt gedeihen konnten. Der am häufigsten zitierte Satz aus der Rede Marshalls ist dieser: „Unsere Politik richtet sich nicht gegen irgendein Land oder irgendeine Doktrin, sondern gegen Hunger, Armut, Verzweiflung und Chaos.“ Aber der nächste Satz sollte uns genauso wichtig sein. Er definierte das Ziel seines Plan als „die Wiederbelebung einer funktionierenden Weltwirtschaft, damit die Entstehung politischer und sozialer Bedingungen ermöglicht wird, unter denen freie Institutionen existieren können.“ 

Marshalls Erkenntnis, dass die Existenz freier Institutionen von gewissen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Bedingungen abhängt, ist heute genauso relevant wie damals. 

Der Marshallplan trug dazu bei, dringend benötigte Infrastruktur über internationale Grenzen hinweg bereitzustellen, und half, die Entwicklung liberaler demokratischer Institutionen und politischer Systeme in Europa zu stärken und den praktischen Wert einer liberalen demokratischen Regierungsführung zu verdeutlichen, indem er eine positive Dynamik zwischen der wirtschaftlichen Sicherheit freier Nationen und ihrer allgemeinen politischen Stabilität schaffte. 

In den Vereinigten Staaten ringen wir seit einigen Jahren damit, dass sich diese positive Dynamik durch jahrzehntelange Unterfinanzierung in einen Teufelskreis verwandelt hat, sodass unsere politischen Institutionen aufgrund mangelnder Ressourcen teilweise keine guten Leistungen erbringen können und dadurch an Legitimität und Vertrauen verlieren, was wiederum die Glaubwürdigkeit derer stärkt, die diese Institutionen noch weiter untergraben wollen, womit dann wiederum die Leistungsfähigkeit der Institutionen noch weiter geschmälert wird – und so weiter. 

Heute durchbrechen wir diesen Teufelskreis mithilfe einer generationenübergreifenden Investition in unsere Infrastruktur. Wir tun das in dem Wissen, dass es nicht nur um Komfort und Bequemlichkeit im Verkehrsnetz geht, sondern in vielerlei Hinsicht um die Glaubwürdigkeit unseres Regierungssystems selbst. Präsident Biden hat oft von der Notwendigkeit gesprochen, durch kluge Investitionen deutlich zu machen, dass eine demokratische Regierung wie die unsere hohe Leistungen erbringen kann. 

Im Kontext des Wettbewerbs der Vereinigten Staaten mit China beschrieb Präsident Biden unsere Zeit als einen „Kampf zwischen dem Nutzen der Demokratien des 21. Jahrhunderts und Autokratien“. Wir wissen, dass dies der Zeitpunkt ist, nicht nur die Tugendhaftigkeit, sondern auch die Wirksamkeit der liberalen Demokratie unter Beweis zu stellen. 

Diese Verbindung zwischen Werten und Resultaten war schon immer von Bedeutung. Auch in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts wurde an der Demokratie gezweifelt. In einigen Washingtoner Kreisen war es Mode geworden, anerkennend auf den Aufstieg von Diktatoren zu verweisen, indem man beispielsweise indirekt den Faschismus lobte, wenn man davon sprach, dass unter Mussolini „die Züge pünktlich fuhren“. Das hat sich übrigens nicht unbedingt als zutreffend erwiesen. Ich finde es jedoch besonders aufschlussreich, dass dieses berühmte Beispiel einer Rechtfertigung für Autokraten ausgerechnet auf ihrer angeblichen Kompetenz bei der Bereitstellung von Verkehrsmitteln basiert. 

Das heißt also, dass die effektive Erbringung von Dienstleistungen und öffentlichen Gütern sowohl für die Errichtung freier Institutionen notwendig als auch einer der Hauptgründe dafür ist, dass es so wichtig ist, sie Instand zu halten. Deshalb investiert die Regierung Biden-Harris in einer Größenordnung, die es seit der Präsidentschaft Eisenhowers nicht gegeben hat, in die Straßen und Brücken der Vereinigten Staaten, in die Bahn und andere Verkehrsmittel, in Häfen und Flughäfen sowie in den flächendeckenden Internetzugang, in Wasserleitungen zur Versorgung unserer Gemeinden und weitere lebenswichtige Infrastruktur. Ich bin überzeugt, dass die daraus entstehenden hochwertigen Infrastrukturelemente nicht nur als Stützen des Verkehrssystems, sondern auch als Grundpfeiler der Demokratie fungieren werden. 

Ich bemühe dieses Beispiel deshalb, weil es mit meiner Arbeit zu tun hat, aber es zeigt nur eine von vielen Parallelen zu den Anliegen, mit denen sich die Entscheidungstragenden am Ende des Zweiten Weltkriegs ebenso befassen mussten wie wir heute. Tatsächlich ähneln die Umstände in vielen Dingen, von denen wir annehmen, dass sie eine Besonderheit unserer Zeit sind, sehr den damaligen Gegebenheiten: 

Es gab damals wie heute dramatische Veränderungen in der industriellen Produktion, neue und destabilisierende Technologien für die Massenkommunikation, gegenseitiges Misstrauen zwischen liberalen Demokratien wie der unseren und autokratischen Regimen, das zu neuen Formen des Wettbewerbs zwischen den Großmächten führt und vieles mehr. 

Doch nachdem ich mich auf einige der Parallelen konzentriert habe, möchte ich mich nun einigen der wichtigsten Unterschiede zuwenden. 

Futuristische Darstellungen der heutigen Zeit, die in den Vierziger- oder auch in den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts entstanden, konzentrierten sich meist auf den Verkehr, die Automatisierung und sogar die Kommunikation als die Bereiche, in denen mit Gewissheit und absehbar Veränderungen eintreten würden. 

Aber nur wenige haben in vollem Umfang vorausgesehen, wie drastisch sich das Klima verändern und das Leben und die Lebensgrundlagen auf der Erde beeinträchtigen würde. 

Und noch weniger, wenn überhaupt jemand, sahen voraus, wie sehr sich die Funktion eines so vertrauten Mediums wie des gedruckten oder wenigstens des getippten Wortes im Zeitalter der sozialen Medien verändern würde und dass unsere einflussreichsten Politikerinnen und Politiker, Journalistinnen und Journalisten, ja sogar unsere Bürgerinnen und Bürger in einen spielerischen gesellschaftspolitischen Diskurs vertieft sein würden, in dem jede und jeder eine Reporterin bzw. ein Reporter ist, aber niemand Redakteurin oder Redakteur. 

Wenn irgendjemand das gesamte Ausmaß unserer universellen und unmittelbaren Kommunikation hätte erahnen können, etwa die Fähigkeit, sofort und frei mit einer Person oder mit Millionen Menschen zu kommunizieren, indem man einen Satz in einen Taschen-Super-Computer eingibt, der gleichzeitig als Telefon fungiert, einschließlich einer automatischen Übersetzungsfunktion in andere Sprachen, dann hätte derjenige sicherlich angenommen, dass dies nur zur Förderung von Freiheit und gegenseitigem Verständnis beitragen würde. Wenn Menschen in zwei sehr unterschiedlichen Regionen der Welt schneller und einfacher miteinander sprechen und einander Bilder ihrer Lebenswirklichkeit zeigen und auch Geschäfte miteinander machen können, würde dies doch sicher zur Stärkung universeller Werte beitragen oder zumindest ein universelles, glaubwürdiges gemeinsames Bild der tatsächlichen Gegebenheiten liefern, oder? 

Aber es ist etwas ganz anderes geschehen: Wir leben in einer Welt, in der wir Zugang zu mehr Informationen haben als jemals zuvor, fast schon zu unendlich vielen Informationen, und dennoch haben wir weniger Zugang zu einem gemeinsamen Verständnis der Lebenswirklichkeit als früher. In autokratischen Ländern wird die Realitätswahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger durch Zensur und Propaganda verzerrt. Im Westen, und ganz sicher in den Vereinigten Staaten, haben wir aus ganz anderen Gründen unsere eigene, verstörende Fragmentierung der Realität erlebt. Unser Problem ist nicht die Zensur durch übereifrige staatliche Redakteurinnen und Redakteure, sondern die Tatsache, dass in den digitalen Medien die Funktion des Redakteurs, die Entscheidung, welcher Kommentar hervorgehoben werden soll, durch einen Algorithmus ersetzt wurde, der uns die Beiträge anzeigt, die unser Gehirn höchstwahrscheinlich mit dem größten Interesse aufnimmt, egal, wie wahr und erst recht, wie konstruktiv sie sind. 

Die Folge ist, dass eine Technologie, die theoretisch Menschen, die Tausende Kilometer voneinander entfernt sind, miteinander verbinden könnte, indem sie Zugang zu den gleichen Informationen erhalten, stattdessen die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sogar direkte Nachbarn nicht die gleiche Lebenswirklichkeit teilen. 

Die Menschheit muss im Umgang mit diesen Dingen noch viel lernen, und es gibt keine einfachen Antworten, aber dafür viele neue Erkenntnisse. (In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass Deutschland aufgrund seiner Erfahrungen mit der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und medialen Teilung und der anschließenden Wiedervereinigung möglicherweise über besondere Erkenntnisse verfügt, für deren Erforschung eine Institution wie der GMF besonders gut geeignet ist.) 

Für den Umgang mit den Herausforderungen unserer Zeit haben wir wichtige und starke Instrumente. Einige davon waren schon immer nützlich, um das Gemeinwesen und Stabilität aufzubauen: solide Investitionen in den öffentlichen Raum, wo wir tatsächlich in der gleichen, analogen Realität leben. Dazu gehört das Reisen, um Menschen persönlich zusammenzubringen, um zu studieren und zu arbeiten, Handel zu treiben und komplexe Themen über regionale und internationale Grenzen hinweg zu erörtern und zu debattieren. 

Es gibt noch weitere Instrumente, die uns vor 75 Jahren noch nicht zur Verfügung standen. Sie bieten große Vorteile, wenn es darum geht, sich den heutigen Problemen zu stellen, seien es Desinformation, Krankheiten, der Klimawandel oder die Auseinandersetzung mit einem Angriffskrieg, wie wir ihn in der Ukraine erleben. Dank der Bemühungen der vergangenen siebzig oder achtzig Jahre verfügen wir über wirksame Instrumente der Zusammenarbeit zwischen denjenigen mit denselben Werten und denselben grundlegenden Überzeugungen. Dazu gehören unsere bilateralen Bündnisse und Instrumente der Zusammenarbeit wie die Europäische Union und die NATO und ganz sicher auch zivilgesellschaftliche Institutionen wie der German Marshall Fund. Je mehr sich in dieser Zeit ändert, je mehr unser Bekenntnis zur liberalen Demokratie und zu unserer kollektiven Sicherheit bedroht wird, desto wichtiger wird es, alle Organisationen zu stärken, die eben diese gemeinsamen Verpflichtungen und Werte abbilden. 

Natürlich müssen wir langjährige Annahmen hinterfragen, unsere Vereinbarungen überarbeiten und unsere Institutionen für das 21. Jahrhundert rüsten. Die Rolle der Vereinigten Staaten, Europas, des „Westens“, wie auch immer er definiert wird, muss sich weiterentwickeln. Die „Weiterentwicklung“ dieser Rollen darf jedoch nicht heißen, dass wir uns von dem verabschieden, was wir gemeinsam aufgebaut haben. Die Gegebenheiten und Notwendigkeiten, die unsere transatlantischen Strukturen erforderlich gemacht haben, bestehen nach wie vor, und wir sind in der glücklichen Lage, dass sie uns als Ausgangspunkt dienen. 

Schlussfolgerungen 

Wir haben noch keinen Namen, geschweige denn eine Theorie, um die Zeit zu beschreiben, die mit den Ereignissen dieses Frühlings eingeläutet wurde. Doch wir wissen, dass wir in dieser veränderten Situation leben und arbeiten werden und dass wir aufgerufen sind, sie noch weiter zu verändern und besser zu gestalten. Wir wissen, dass wir uns mit Realitäten auseinandersetzen werden müssen, wie sie in den vergangenen Wochen deutlich geworden sind, und mit der fortschreitenden Entwicklung disruptiver Technologien in Kommunikation und Industrie und dem unerbittlichen Druck des sich beschleunigenden Klimawandels, dem nur durch Zusammenarbeit in einer Größenordnung begegnet werden kann, die in der Menschheitsgeschichte einzigartig ist. Sie muss von einer solchen Dimension sein, dass einer der wenigen Bezugsrahmen, der uns zur Verfügung steht und der auch nur im Entferntesten geeignet ist, um die Klimakrise zu begreifen, in der Tat die Erinnerung und die Geschichte des gewaltigen Projekts des Wiederaufbaus Europas in der Nachkriegszeit ist. 

Wir wissen, dass uns dies am besten gelingen wird, wenn wir, die wir so viele wichtige Überzeugungen teilen, diese Arbeit gemeinsam angehen – so wie wir es auch schon zuvor in so vielen Umbruchsphasen und Phasen der relativen Ruhe gleichermaßen getan haben. Das ist auch in Zukunft die beste Herangehensweise, und dem bleiben wir verpflichtet. 

Es steht außer Frage, dass die Werte, die das Programm des German Marshall Fund prägen – Demokratie, Menschenrechte und internationale Zusammenarbeit – sowohl gefährdet als auch von großer Bedeutung sind. Wir haben gesehen, was eine solche Zusammenarbeit erreichen kann, und was es bedeuten würde, so zu handeln, dass in weiteren 75 Jahren die laut Marshall „politischen und sozialen Bedingungen […], unter denen freie Institutionen existieren können“, viel besser abgesichert sind als sie es 1947, 1972 und 2022 waren. Dieser Ort, der Sitz der KfW, die einst die Mittel des Marshallplans zum Wiederaufbau Deutschlands verteilte und die heute hilft, den globalen Kampf gegen den Klimawandel zu finanzieren, zeugt von unserer Fähigkeit, die uns vermachten Instrumente zu nutzen und sie an Herausforderungen anzupassen, die man sich damals, als diese Instrumente geschaffen wurden, noch nicht vorstellen konnte. 

Heute liegt viel Arbeit vor uns, aber wir gehen sie mit einer Zielgerichtetheit und sogar Hoffnung an, die nicht nur von unseren Idealen, sondern auch von unseren Erfahrungen geprägt ist. Oft studieren wir die Geschichte, um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, aber die Geschichte hält nicht nur Warnungen für uns bereit – sie ist auch eine Quelle der Inspiration. Lassen wir uns von dem außergewöhnlichen Erbe der Zusammenarbeit, das auf den Trümmern der Vergangenheit aufgebaut wurde, dazu inspirieren, die Herausforderungen der Gegenwart so zu meistern, wie wir es seit 75 Jahren tun – mit gezieltem Handeln, das auf unseren gemeinsamen Werten beruht.