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Einmaleins der politischen Meinungserhebung
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Oktober 5, 2020

Grafik: US-Außenministerium/B. Insley
Grafik: US-Außenministerium/B. Insley

In diesem Artikel von ShareAmerica, einer Website des US-Außenministeriums, werden die Grundlagen politischer Meinungsumfragen in den Vereinigten Staaten erklärt. Er erschien am 3. Februar 2020.

 Politiker, Medien und Forschungsgruppen geben bei jeder Wahl viel Geld aus um herauszufinden, wem die Wählerinnen und Wähler ihre Stimme geben werden. Trotz des erheblichen finanziellen und technologischen Aufwands, der dafür betrieben wird, sind die Wahlergebnisse dann manchmal eine Überraschung.

Dem Experten John Zogby zufolge messen die Amerikanerinnen und Amerikaner Meinungsumfragen wahrscheinlich zu viel Bedeutung bei. „Man kann nicht erwarten, dass eine Erhebung ergibt, dass eine bestimmte Person mit 0,1 Prozentpunkten Vorsprung gewinnen wird – das funktioniert so nicht“, erklärt der Gründer von John Zogby Strategies.

Meinungsumfragen sind eine Momentaufnahme. Die Wähler können sich zum Beispiel von Nachrichten umstimmen lassen, die nach der Erhebung gemeldet werden, und auch ein möglicher Sinneswandel der Wähler wird nicht einkalkuliert. Dies spielte laut Courtney Kennedy, Leiterin der Umfragenforschung am Pew Research Center, im Präsidentschaftswahlkampf 2016 eine Rolle.

Aber schon bevor es darum geht, wie diese Faktoren eine Meinungsumfrage beeinflussen können, müssen sich Meinungsforscher überlegen, wer am Wahltag zur Wahl gehen wird. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen haben etwa 56 Prozent der wahlberechtigten Amerikanerinnen und Amerikaner tatsächlich gewählt. Wenn Meinungsforscher ihre Befragung nicht innerhalb dieser Gruppe vornehmen, sind ihre Ergebnisse nicht aussagekräftig.

Herausforderungen unserer Zeit

Die Meinungsforschung ist im Laufe der Zeit schwieriger geworden, und in den Vereinigten Staaten gestaltet sie sich noch schwieriger als in anderen Ländern, so Donald P. Green, Professor für Politikwissenschaft an der Columbia University. Potenzielle Wählerinnen und Wähler in den Vereinigten Staaten nehmen nicht mehr so bereitwillig an Umfragen teil wie früher. Lediglich etwa jeder Siebente, der darum gebeten wird, nimmt Green zufolge an einer Umfrage teil.

Zogby bezeichnet die Beteiligungsquote an Telefonumfragen als „verschwindend gering“. Viele Amerikanerinnen und Amerikaner gehen wegen der immer häufiger werdenden Telefonmarketing-Anrufe nicht mehr ans Telefon.
Insbesondere jüngere Wähler und Minderheiten gehen seltener an ihr Handy, wenn es klingelt. Viele ältere Wähler wiederum nehmen nicht an Online-Umfragen teil.

Lösungen

Wie können Meinungsforscher also einen breiten Querschnitt der Wählerschaft berücksichtigen?

Sie gewichten die Meinungen der teilnehmenden Befragten. Jeder realen Person, die befragt wurde, wird im Gesamtergebnis eine Gewichtung zugeteilt. So werden die Ergebnisse bereinigt, damit sie einen realistischen Querschnitt aus ethnischer Herkunft, Geschlecht und Geografie abbilden. Und doch haben 2016 mehr Weiße ohne College-Ausbildung gewählt, als die Forscher angenommen hatten, insbesondere im nördlichen Mittelwesten.

Die Abstimmungsergebnisse des Wahlleutegremiums (Electoral College) finden keinen Eingang in die Meinungsumfragen zu den US-Wahlen. Weil der Präsident von den Wahlleuten der einzelnen Bundesstaaten und nicht direkt von den Amerikanerinnen und Amerikanern gewählt wird, konzentrieren sich die Meinungsforscher stärker auf die Swing States, in denen das Ergebnis der Wahlleute-Abstimmung offen ist, als auf die Staaten, in denen ein Kandidat weit vorne oder hinten liegt.

Meinungsforscher- und -forscherinnen wie Kennedy sind zuversichtlich, da die Fehlermarge bei den nationalen Umfragen 2016 historisch niedrig lag und auch die Umfragen bei den Zwischenwahlen 2018 gute Ergebnisse lieferten. Ihres Erachtens können die Probleme, die es 2016 bei den Umfragen in den Bundesstaaten gab, dadurch ausgeglichen werden, dass man die Ergebnisse beispielsweise so gewichtet, dass am College ausgebildete Wählerinnen und Wähler nicht überrepräsentiert sind.

„Dennoch“, sagte Zogby vor Kurzem bei einer Informationsveranstaltung für ausländische Journalisten, „ist es, als liefe man barfuß über heiße Kohlen.“

Originaltext: Political polling 101