Holocaust-Überlebende durch Dienst an der Öffentlichkeit ehren

Anlässlich des Internationalen Tags des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar erschien auf ShareAmerica, einer Website des US-Außenministeriums, am 23. Januar 2023 ein Artikel, in dem Mitarbeitende des US-Außenministeriums und des US-Amts für internationale Entwicklung an die Geschichte ihrer Angehörigen erinnern.
Am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, dem 27. Januar, werden weltweit die sechs Millionen Jüdinnen und Juden und Millionen anderen Menschen gewürdigt, die von den Nationalsozialisten und ihren Kollaborateuren ermordet wurden.
Dieser Tag jährt sich in einer Zeit, in der der Antisemitismus deutlich zunimmt, gefährliche Botschaften der Holocaust-Leugnung und -Verfälschung verbreitet werden und Minderheitengruppen weltweit bedroht werden.
US-Außenminister Antony Blinken, Stiefsohn eines Holocaust-Überlebenden, hat seine Gedanken dazu geäußert. Andere Angehörige von Holocaust-Überlebenden, die für das US-Außenministerium und die US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) arbeiten, nennen die Erinnerung an ihre Familien als einen Grund für ihre Entscheidung, eine Laufbahn im öffentlichen Dienst einzuschlagen.
Einige von ihnen erzählen hier ihre Geschichte.

Botschafterin Amy Gutmann, US-Botschaft Berlin
Kurt Gutmann, der Vater von Dr. Amy Gutmann, der derzeitigen US-Botschafterin in der Bundesrepublik Deutschland, studierte in Nürnberg Metallurgie und lebte dort bei einer christlichen Familie, als Adolf Hitler an die Macht kam. Als er sah, wie die Familie bei einem Aufmarsch der Hitlerjugend den Hitlergruß zeigte, entschloss er sich, Deutschland zu verlassen.
Er war 23 Jahre alt, als er Deutschland allein verließ. Später organisierte er die Flucht seiner gesamten Familie über Indien in die Vereinigten Staaten. Sein mutiges Handeln bewahrte seine Familie vor einer Tragödie.
Botschafterin Gutmann sagt, das Vermächtnis ihres Vaters habe sie dazu bewegt, eine akademische Laufbahn einzuschlagen, um Studierenden etwas über Demokratie beizubringen. Er habe sie ermutigt, gegen jegliche Form von Diskriminierung zu kämpfen.
„Ich denke oft an ihn, wenn ich Holocaust-Überlebende treffe, wenn ich Mahnmale für diejenigen besuche, die so grausam ermordet wurden, aber auch, wenn ich sehe, wie die Vereinigten Staaten und Deutschland zusammenarbeiten, um an den Holocaust zu erinnern und solche Gräueltaten in Zukunft zu verhindern“, so Gutmann.

Ory Abramowicz, US-Botschaft Panama City
Die Großeltern von Ory Abramowicz überlebten den Holocaust, aber viele ihrer Familienmitglieder kamen ums Leben.
Sein Großvater Theodore „Teo“ Abramowicz wurde 1901 in Polen geboren und zog als junger Mann nach Paris. Er arbeitete als Schneider, heiratete und zog einen Sohn und eine Tochter groß.
Im Juli 1942 wurde die Familie ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Teo und sein Sohn wurden von Teos Frau und seiner Tochter getrennt. Seine Frau und seine Tochter sah Teo nie wieder. Als sein Sohn sehr krank wurde, „selektierten“ die Nazis den Jungen eines Morgens für die Gaskammer.
Teo wurde dann nach Buchenwald geschickt, von wo er entkommen konnte. Er versteckte sich im Wald und lebte wochenlang von Baumrinde. Ein amerikanisches Militärregiment fand und rettete ihn schließlich. Er kehrte nach Paris zurück, leitete dort dann eine Vereinigung von Holocaust-Überlebenden und eine Synagoge und heiratete eine andere Überlebende.
Ory Abramowicz schlug eine Laufbahn im auswärtigen Dienst ein und würdigte Teo, indem er seinem Sohn dessen zweiten Vornamen, Dov, gab.
„Die Erinnerung an die Millionen von Menschen, die im Holocaust ermordet wurden, treibt mich jeden Tag an, mich für eine bessere und gerechtere Welt einzusetzen“, sagt Abramowicz.

Daniel Devries, US-Botschaft Jerusalem
Die Familie Devries verließ Deutschland kurz nachdem ihr Familienunternehmen in der Reichspogromnacht angegriffen wurde. Sie reiste in die Niederlande und lebte in einem Flüchtlingslager, wo sie auf ihre Einreisegenehmigung für die Vereinigten Staaten wartete, die sie allerdings nie erhielt.
Bald darauf marschierten die Nationalsozialisten in die Niederlande ein und machten aus dem Flüchtlingslager ein Konzentrationslager. Moritz, der Großvater von Daniel Devries, wurde dabei erwischt, wie er im Flüchtlingslager mit Eiern handelte. Zur Strafe wurden Moritz und seine Frau von den Nazis mit dem Zug nach Auschwitz deportiert. Sie wurden 1943 in der Gaskammer ermordet.
Daniels Vater, Robert Devries, wurde 1946 schließlich als Flüchtling anerkannt und erreichte im Alter von 24 Jahren Ellis Island in New York. Er kannte niemanden und sprach kein Englisch. Er zog nach Detroit, heiratete einige Jahre später und zog zwei Kinder groß. Er arbeitete in einer Autofabrik, und während des Koreakriegs diente er bei den US-Streitkräften.
„Ich hoffe, dass ich durch meine Arbeit im öffentlichen Dienst einen Teil der Schuld meiner Familien diesem Land gegenüber begleichen kann, das es uns ermöglicht hat, hier ein gutes Leben zu führen“, erklärt Devries. „Durch meine Arbeit kann ich mich für die amerikanischen Werte einsetzen, die meinem Großvater und unzähligen anderen einen Neuanfang ermöglicht haben.“

Elizabeth Ramirez, US-Amt für internationale Entwicklung (USAID)
Die Großeltern mütterlicherseits von Elizabeth Ramirez, Eli und Tilly Gewurz (links), 1933 in Frankfurt, nachdem Adolf Hitler Bundeskanzler geworden war. Das Ehepaar glaubte, in Deutschland keine Zukunft zu haben, hatte aber Schwierigkeiten, andere Verwandte davon zu überzeugen, das Land ebenfalls zu verlassen.
Das Paar floh nach Spanien und ermutigte Tillys Eltern, ebenfalls dort hinzukommen. Danach beantragten alle zusammen Asyl in den Vereinigten Staaten. Fred Baer, ein Cousin, der als Anwalt in South Bend (Indiana) arbeitete, überzeugte den Bürgermeister der Stadt, jüdische Flüchtlinge zu unterstützen. Baer war später einer der Staatsanwälte der Nürnberger Prozesse gegen NS-Kriegsverbrecher.
Es dauerte vier Jahre, bis die Familie ein Visum erhielt und nach South Bend kam, wo Eli dann in einem Bekleidungsgeschäft arbeitete. Ramirez besuchte vor Kurzem Deutschland, um sich das Gebäude anzusehen, in dem ihre Großeltern gelebt hatten. Ihre Überlebensgeschichte ist für sie immer wieder eine Inspirationsquelle.
„Meine Erinnerung an sie, die Entwurzelung, die sie erlebten und der Mut, den sie mit ihrem Neuanfang in einem neuen, fremden Land bewiesen haben, haben mich dazu bewegt, eine Laufbahn im Dienste der Öffentlichkeit anzustreben, um international etwas gegen Instabilität zu tun und Frieden und Toleranz innerhalb von und zwischen Nationen zu fördern”, sagt Ramirez.
Originaltext: Honoring Holocaust survivors through public service