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Länderberichte über Menschenrechtspraktiken – Bundesrepublik Deutschland 2018
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März 13, 2019

Department of State Seal
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Das Büro für Demokratie, Menschenrechte und Arbeitsfragen des US-Außenministeriums gibt jedes Jahr den Bericht über Menschenrechtspraktiken heraus. Der Bericht für das Jahr 2018 wurde am 13. März 2019 veröffentlicht. Wir haben den Deutschlandteil übersetzt.

ZUSAMMENFASSUNG

Deutschland ist eine Verfassungsdemokratie. Die Staatsbürger wählen ihre politischen Vertreter regelmäßig in freien und fairen Mehrparteienwahlen. Der Bundestag wählt den Regierungschef der Bundesregierung, den Bundeskanzler. Die zweite gesetzgebende Kammer ist der Bundesrat, der die 16 Bundesländer auf Bundesebene vertritt und aus Regierungsmitgliedern der Bundesländer zusammengesetzt ist.

Die 16 Bundesländer verfügen über beträchtliche Unabhängigkeit, auch in Angelegenheiten wie Strafverfolgung und Bildung. Beobachtern zufolge verliefen die Bundestagswahlen im September 2017 frei und fair.

Zivile Behörden hatten weiterhin die effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte.

Menschenrechtsverletzungen waren unter anderem die Zurückweisung von Menschen, deren Asylanträge sich noch in Bearbeitung befanden, antisemitisch motivierte Gewaltverbrechen sowie Gewaltverbrechen gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle und Mitglieder anderer Minderheitengruppen.

Der Staat hat Maßnahmen zur Ermittlung gegen und strafrechtlichen Verfolgung und Bestrafung von Mitarbeitern von Sicherheitsdiensten und anderen Angestellten im öffentlichen Dienst ergriffen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben.

Abschnitt 1. Achtung der Integrität des Menschen, einschließlich Freiheit von:

 

a. willkürlicher und anderer unrechtmäßiger oder politisch motivierter Tötung

Es gab keine Berichte über willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen durch die Regierung oder ihre Vertreter.

b.  Verschwinden

Es lagen keine Berichte über das Verschwindenlassen von Personen im Auftrag des Staates oder durch staatliche Behörden vor.

c.  Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder entwürdigender Behandlung oder Bestrafung

Die Verfassung verbietet solche Praktiken, es gab allerdings einige wenige Berichte, wonach Staatsbedienstete sie einsetzten. Einigen Menschenrechtsorganisationen zufolge untersuchten die Behörden Vorwürfe von Misshandlungen durch die Polizei nicht wirksam und setzten kein unabhängiges Verfahren ein, um solche Anschuldigungen zu überprüfen. Einer Studie der Universität Bochum aus dem Monat Juli zufolge ermittelten die Behörden 2016 in 2.838 Fällen exzessiver Gewaltausübung durch Polizeibeamte. Die Ermittlungen wurden in 90 Prozent der Fälle abgebrochen, in etwa zwei Prozent der Fälle wurden die Beamten offiziell angeklagt.

Bedingungen in Gefängnissen und Haftanstalten

Es gab keine maßgeblichen Berichte über Bedingungen in Gefängnissen und Haftanstalten, die Bedenken im Hinblick auf die Menschenrechte ausgelöst hätten.

Materielle Haftbedingungen: Im September starb Ahmed A., ein 26-jähriger syrischer Staatsbürger, nachdem er durch ein Feuer in seiner Gefängniszelle verletzt worden war. Als er im Juli in Kleve (Nordrhein-Westfalen) festgenommen wurde, überprüften die Behörden in Kleve den Geburtsort von Ahmed A. nicht, nahmen keine Fingerabdrücke und identifizierten ihn fälschlicherweise als eine andere Person, gegen die mehrere Haftbefehle vorlagen. Die Behörden in Kleve erklärten das Feuer zunächst für einen Selbstmordversuch; die Staatsanwaltschaft Kleve ermittelte. Im November legte der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach einen Zwischenbericht über die Ermittlungen vor. Aus dem Bericht ging hervor, dass der Gefangene in seiner Zelle ein Feuerzeug gehabt und das Feuer wahrscheinlich selbst verursacht hatte. Die Justizvollzugsbeamten ignorierten allerdings einen Notruf und schalteten den Feueralarm erst vier Minuten danach ein. Der Justizminister schlug Maßnahmen vor, um in Zukunft ähnliche Fehler zu verhindern, darunter die Verbesserung des Brandschutzes in den Zellen, bessere Kommunikation zwischen den einzelnen Hafträumen und den Justizvollzugsbeamten, Maßnahmen zur Erkennung psychischer Krankheiten der Insassen sowie eine Verbesserung der Identitätsüberprüfung der Insassen. Im November setzte der Landtag einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Prüfung des Falles ein.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul räumte öffentlich Verfahrensfehler ein und bat die Familie des Opfers um Verzeihung.

Verwaltung: Glaubwürdige Vorwürfe der Misshandlung wurden von den Behörden angemessen untersucht.

Unabhängige Überwachung: Die Regierung ließ Kontrollbesuche unabhängiger Beobachter von Nichtregierungsorganisationen zu.

d.  willkürlicher Festnahme oder Inhaftierung

Das Grundgesetz verbietet willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen und sieht das Recht vor, die Rechtmäßigkeit einer Festnahme vor Gericht anzufechten, und die Regierung hielt sich im Allgemeinen an diese Anforderungen.

Am 15. Mai erweiterte der bayerische Landtag die Befugnisse der Polizei. Ein neues Gesetz erlaubt der Polizei, Präventivmaßnahmen gegen „drohende Gefahren“ zu ergreifen. Kritiker wanden ein, es gebe der bayerischen Polizei das Recht, schon einzugreifen, bevor eine Straftat verübt wurde, und könnte ihre Überwachungsbefugnisse ausweiten. Im Mai klagte die SPD auf Landes- und Bundesebene gegen das Gesetz. Im September bildeten Grüne, Linke und FDP ein Bündnis und klagten vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz. Der Fall war zum Jahresende noch anhängig.

Rolle der Polizei und des Sicherheitsapparats

Die Zuständigkeit für die innere Sicherheit und den Grenzschutz liegt bei der Polizei der 16 Bundesländer, dem Bundeskriminalamt (BKA) sowie der Bundespolizei. Die Landespolizei ist dem Innenministerium des jeweiligen Bundeslandes, die Bundespolizei dem Bundesministerium des Innern unterstellt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und die jeweiligen Landesämter für Verfassungsschutz (LfV) sind neben anderen Sicherheitsaufgaben für die Inlandsaufklärung über Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung zuständig. Das BfV ist dem Bundesministerium des Innern unterstellt, die Landesämter für Verfassungsschutz unterstehen den Innenministerien der Länder. Die Zivilbehörden hatten die effektive Kontrolle über die Polizeikräfte der 16 Bundesländer sowie über BKA, Bundespolizei und die Landesverfassungsschutzämter. Die Bundesregierung verfügt über effektive Instrumente zur Untersuchung und Ahndung von Missbrauch, und nach den G20-Protesten in Hamburg 2017 wurde das Verhalten der Polizei in Bonn untersucht. In Bezug auf die Sicherheitsdienste gab es im Berichtsjahr keine Meldungen über Straffreiheit. Die Nichtregierungsorganisation Amnesty International Deutschland stellte fest, dass es keine deutschlandweite Kennzeichnungspflicht für Polizisten gebe. Während Polizisten in Nordrhein-Westfalen keine Namensschilder tragen müssen, sind sie in Berlin, Brandenburg, Hamburg und Sachsen-Anhalt dazu verpflichtet, ebenso wie die Bereitschaftspolizei in Rheinland-Pfalz, Hessen, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen.

Vorgehen bei Verhaftung und Behandlung in Gewahrsam

Behörden müssen einen von einer Justizbehörde ausgestellten Haftbefehl vorlegen, um jemanden festnehmen zu können. Die Polizei kann auch Personen festnehmen, die beim Verüben eines Verbrechens ertappt werden, oder wenn es schwerwiegende Gründe für die Annahme gibt, dass die Person plant, ein Verbrechen zu verüben. Das Grundgesetz verlangt, dass die Behörden Verdächtige vor dem Ende des Tages nach der Festnahme einem Justizbeamten vorstellen. Der Richter muss den Verdächtigen oder die Verdächtige über die Gründe für seine oder ihre Festnahme informieren und ihm oder ihr die Möglichkeit geben, zu widersprechen. Anschließend muss das Gericht entweder einen Haftbefehl ausstellen, aus dem die Gründe für die Fortsetzung der Inhaftierung hervorgehen, oder die Freilassung der Person anordnen. Die Behörden respektierten diese Rechte im Allgemeinen.

Obwohl es die Möglichkeit der Kaution gibt, ließen die Richter Personen, die auf ihr Verfahren warteten, in der Regel ohne Kaution auf freien Fuß. Eine Kaution wird nur fällig, wenn ein Gericht erklärt hat, dass Fluchtgefahr besteht. In solchen Fällen können die Behörden die Freilassung auf Kaution verweigern und Inhaftierte für die Dauer der Ermittlungen und des anschließenden Prozesses inhaftieren, allerdings unterliegt dies der gerichtlichen Überprüfung. Die Untersuchungshaft wird von den Gerichten auf eine mögliche Haftstrafe angerechnet. Wenn ein Angeklagter von einem Gericht freigesprochen wird, muss der Staat für die während der Untersuchungshaft entstandenen finanziellen Einbußen und den immateriellen Schaden Entschädigung leisten.

Angeklagte haben das Recht, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen, und der Staat stellt Angeklagten, die ihre finanzielle Bedürftigkeit nachweisen können, einen Rechtsbeistand auf Staatskosten. Dem Gesetz zufolge haben Angeklagte die Möglichkeit, jederzeit – auch vor einer Befragung durch die Polizei – mit einem Anwalt in Kontakt zu treten, und die Behörden müssen Beschuldigte vor Beginn einer Befragung über ihr Recht auf Konsultation eines Anwalts informieren.

e.  Verweigerung eines fairen öffentlichen Prozesses

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, und der Staat respektierte die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz im Allgemeinen.

Verfahrensbestimmungen

Die Verfassung schreibt das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren vor, und die unabhängige Justiz setzte dieses Recht im Allgemeinen durch.

Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung. Sie haben das Recht, umgehend und detailliert über die gegen sie vorliegenden Anschuldigungen informiert zu werden. Der Prozess soll fair, öffentlich und ohne unangemessene Verzögerung stattfinden. Laut Gesetz besteht bei Verhandlungen Anwesenheitspflicht für die Angeklagten. Angeklagte haben das Recht, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen, und der Staat stellt einen Rechtsbeistand auf Staatskosten, wenn der Angeklagte seine finanzielle Bedürftigkeit nachweisen kann. Angeklagte und ihre Anwälte haben das Recht auf einen angemessenen Zeitraum und angemessene Örtlichkeiten zur Vorbereitung ihrer Verteidigung. Der Staat stellt jedem Angeklagten, der kein Deutsch sprechen oder verstehen kann, kostenlos einen Dolmetscher zur Seite, wenn der Angeklagte seine finanzielle Bedürftigkeit nachweisen kann oder freigesprochen wird. Angeklagte haben Zugang zu allen Beweisen, die dem Gericht vorliegen und für ihren Fall relevant sind. Angeklagte dürfen die Zeugen der Anklage befragen und ihre eigenen Zeugen und Beweise zu ihrer Verteidigung anführen. Angeklagte dürfen nicht zur Aussage oder zu einem Geständnis gezwungen werden. Sie haben das Recht, Berufung einzulegen.

Laut Gesetz dürfen Gerichte niemanden zweimal für dieselbe Straftat verurteilen. Gerichte können jedoch bei wegen Vergewaltigung, Mord oder Totschlags Verurteilten nach Verbüßen der Strafe eine zusätzliche „anschließende Sicherungsverwahrung“ anordnen. Das Gericht kann nur dann Sicherungsverwahrung anordnen, wenn es zu dem Schluss kommt, dass der Täter an einer psychischen Störung leidet oder eine dauerhafte, ernsthafte Bedrohung für die Öffentlichkeit darstellt. Sicherungsverwahrung kann laut Gesetz unbefristet angeordnet werden, muss aber regelmäßig überprüft werden.

Da die Sicherungsverwahrung rechtlich nicht als Strafe gilt, müssen die Behörden Sicherungsverwahrte in separaten Gebäuden oder in abgetrennten Teilen der Justizvollzugsanstalten mit besseren Bedingungen unterbringen. Die Behörden müssen Inhaftierten außerdem sozial- und psychotherapeutische Programme anbieten. Nach Informationen des Statistischen Bundesamtes befanden sich bis Ende März 553 Personen in Sicherungsverwahrung.

Im Februar sprach das Schwurgericht Dortmund den Hauptverdächtigen in einem 32 Jahre zurückliegenden Mordfall in einem Wiederaufnahmeverfahren frei. Der 54-jährige, geistig behinderte Mann war 1986 von dem Gericht des Mordes an einem Siebenjährigen für schuldig befunden und in die Psychiatrie eingewiesen worden. Elf Jahre nach der Verurteilung des Mannes hatte ein anderer Mann die Tat gestanden. 2013 erfuhr der Anwalt des Verurteilten von dem Geständnis und beantragte die Wiederaufnahme des Verfahrens. Das Gericht sprach den Mann frei und sprach ihm für die Zeit seiner Inhaftierung eine Entschädigung zu.

Politische Gefangene und Inhaftierte

Es gab keine Berichte über politische Gefangene oder Inhaftierte.

Zivilverfahren und Rechtsbehelfe

Bürger können bei Petitionsausschüssen und Bürgerbeauftragten Beschwerde einreichen, wenn ihre Menschenrechte verletzt wurden. Diese Kontaktstellen werden meist als Ombudsstellen bezeichnet. In zivilrechtlichen Angelegenheiten bietet eine unabhängige und unparteiische Justiz zudem Zugang zu Gerichten, um in Fällen von Menschenrechtsverletzungen auf Schadenersatz oder Unterlassung zu klagen. Wenn die nationalen Rechtsmittel ausgeschöpft sind, besteht die Möglichkeit, bei mutmaßlichen Verstößen des Staates gegen die Europäische Menschenrechtskonvention vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu klagen.

Rückerstattung von Eigentum

Der Staat verfügt über Gesetze und Mechanismen zur Wiedergutmachung, und Nichtregierungsorganisationen sowie Interessengruppen berichteten, dass bei der Bearbeitung von Ansprüchen aus der Zeit des Holocaust, auch von ausländischen Staatsbürgern, maßgebliche Fortschritte gemacht wurden. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis Ende 2017 zahlte Deutschland dem Bundesfinanzministerium zufolge Holocaust-Opfern rund 75,5 Milliarden Euro an Rückerstattung und Entschädigung. Außerdem unterstützte das Land zahlreiche öffentliche und private internationale Initiativen für Reparationen und Sozialleistungen zugunsten Holocaust-Überlebender und ihrer Familien.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verabschiedete der Bundestag Gesetze zur Regelung von Ansprüchen aus NS-Unrecht und Enteignungen aus der Zeit des Holocaust, unter anderem das Bundesentschädigungsgesetz und das Bundesrückerstattungsgesetz. 1952 bestimmte die Bundesregierung die Conference on Jewish Material Claims against Germany (auch Jewish Claims Conference oder JCC) mit Sitz in Washington zum Hauptpartner für die Regelung von Rückerstattungs- und Entschädigungsansprüchen von jüdischen Opfern der NS-Verfolgung.

Im Dezember einigten sich die Bundesregierung und die JCC darauf, dass jüdische Kinder, die im Rahmen der sogenannten Kindertransporte 1938 und 1939 ohne ihre Eltern ins Vereinigte Königreich evakuiert wurden, eine einmalige Zahlung in Höhe von 2.500 Euro erhalten sollen.

Bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990 wurden die Rückgabe von Eigentum und die Entschädigungszahlungen für Immobilien und Unternehmen, die während des Holocausts beschlagnahmt oder übertragen worden waren, von den westdeutschen Behörden im Einklang mit dem Bundesentschädigungsgesetz geregelt. Weitere Entschädigungsansprüche für konfisziertes jüdisches Eigentum im ehemaligen Ostdeutschland machte die JCC nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen von 1990 geltend. Seit 1990 haben die Behörden in 4.500 Fällen Restitutionsansprüche genehmigt und bewilligt und in etwa 12.000 Fällen Entschädigungen gezahlt. Die JCC hat die Rechte an Eigentum, für das es keine Erben gibt, übernommen und dieses versteigert. Die Erlöse kamen der Finanzierung von Maßnahmen der Organisation zur Unterstützung von Holocaust-Überlebenden zugute. Beim Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen waren Ansprüche auf etwa 5.000 Vermögenswerte noch ungeklärt, darunter Flurstücke, Immobilien und Unternehmensanteile.

f.   willkürlichen oder unrechtmäßigen Eingriffen in Privatsphäre, Familie, Wohnung oder Schriftverkehr

Das Grundgesetz verbietet derartige Maßnahmen, und es gab keine Berichte über die Missachtung dieser Verbote durch den Staat.

Das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz setzten ihre Beobachtung potenziell verfassungsfeindlicher politischer Gruppen, einschließlich linksextremer Gruppierungen innerhalb der im Bundestag vertretenen Partei Die Linke und der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), fort. Für die Beobachtung wird eine Erlaubnis der Innenministerien der Länder oder des Bundes benötigt, und sie muss regelmäßig von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen der Länder oder des Bundes überprüft werden. Im August begannen die Landesämter für Verfassungsschutz Bremen und Niedersachsen mit der Beobachtung der Jugendorganisationen der rechtsextremen, nativistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD), weil diesen Gruppen Rechtsextreme angehörten. Die Landesämter für Verfassungsschutz Bayern und Brandenburg berichteten, dass sie einzelne AfD-Mitglieder beobachteten, die mit Rechtsextremen in Verbindung standen.

Alle Aktivitäten der Landesämter für Verfassungsschutz können vor Gericht angefochten werden, auch vor dem Bundesverfassungsgericht. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2014 teilte die Regierung mit, es finde keine Beobachtung von Mitgliedern des Bundestags durch das BfV mehr statt.

Am 24. Mai teilte die Organisation Reporter ohne Grenzen mit, dass der Bundesnachrichtendienst zugestimmt habe, keine Metadaten aus Telefongesprächen mehr zu speichern.

Abschnitt 2. Achtung bürgerlicher Freiheiten, einschließlich:

 

a. Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung sieht Meinungsfreiheit vor, die auch für die Presse gilt, und der Staat achtete diese Bestimmung im Allgemeinen. Das Zusammenspiel aus unabhängiger Presse, effektiver Justiz und einem funktionierenden demokratischen politischen System förderte Meinungs- und Pressefreiheit. Nationalsozialistische Propaganda, das Leugnen des Holocausts und Volksverhetzung sind gesetzlich verboten.

Meinungsfreiheit: Im Allgemeinen respektierte der Staat dieses Recht, schränkte es aber für Gruppen ein, die des Extremismus verdächtigt wurden. Mehrere Personen wurden wegen Volksverhetzung, Befürwortung des Nationalsozialismus oder Leugnung des Holocaust verhaftet, vor Gericht gestellt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt (siehe auch Abschnitt 6, Antisemitismus).

Presse- und Medienfreiheit: Unabhängige Medien waren aktiv und brachten mit wenigen Einschränkungen vielfältige Ansichten zum Ausdruck. Die Einschränkungen der Pressefreiheit ähneln den Einschränkungen der Meinungsfreiheit.

2017 verboten die Behörden 72 CDs, fünf Bücher sowie 26 journalistische Artikel wegen rechtsextremer, antisemitischer oder rassistischer Inhalte.

Im Januar setzte sich die BILD-Zeitung über ein Frankfurter Gerichtsurteil hinweg und veröffentlichte während des G20-Gipfels in Hamburg 2017 ein unzensiertes Foto eines mutmaßlichen Plünderers. Das Gericht hatte im Juli 2017 entschieden, dass die BILD-Zeitung entweder keine Fotos mehr veröffentlichen dürfe oder Fotos der Person, die BILD beim Stehlen fotografiert habe, zensieren müsse, und hielt dieses Urteil im Dezember 2017 aufrecht. BILD argumentierte, dass es Auftrag der Presse sei, bei großen Veranstaltungen verübte Straftaten abzubilden. Im Mai verurteilte ein Frankfurter Gericht BILD zur Zahlung einer Strafe in Höhe von 50.000 Euro, weil die Zeitung sich über das Urteil hinweggesetzt hatte.

Gewalt und Schikane: Im August demonstrierten Anhänger der islamfeindlichen Bewegung Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (PEGIDA) und der AfD gegen den Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Dresden (Sachsen). Während der Demonstration behauptete ein Demonstrant – ein Polizist, der sich zu diesem Zeitpunkt nicht im Dienst befand –, das Datenschutzrecht verbiete es einem Kamerateam, das die Demonstration filmte, ihn aufzunehmen, und erstattete noch vor Ort Anzeige bei der Polizei. Obwohl trotz des Datenschutzgesetzes aufgrund einer Ausnahmeregelung von Demonstrationen in der Öffentlichkeit berichtet werden darf, hielt die Polizei die Journalisten 45 Minuten lang fest, angeblich, um ihre Personalien zu überprüfen. Die Journalisten gaben an, von der Polizei daran gehindert worden zu sein, von der Veranstaltung zu berichten. In dem Fall wurde zum Jahresende noch ermittelt. Während der sächsische Ministerpräsident jegliches Fehlverhalten der Polizei bestritt, gab Kanzlerin Merkel eine Erklärung ab, in der sie sich für die Pressefreiheit einsetzte und anmerkte, dass Demonstranten damit rechnen müssten, gefilmt zu werden.

Maßnahmen zur Ausweitung der Meinungsfreiheit, auch für die Medien: Im August führte die Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK) neue Regelungen für Videospiele ein, die die Darstellung von Nazisymbolen wie Hakenkreuzen erlauben, wenn dies einem historischen oder künstlerischen Zweck dient oder aktuelles Zeitgeschehen oder die Geschichte abbildet.

Am 1. Januar trat das Gesetz zur Aufhebung des Paragrafen des Strafgesetzbuches zur Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten in Kraft.

Freiheit im Internet

Weder beschränkte oder störte die Regierung den Zugang zum Internet, noch zensierte sie Online-Inhalte – mit einer nennenswerten Ausnahme –, und es gab keine glaubwürdigen Berichte darüber, dass Regierungsbehörden private Online-Kommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnis überwachten. Die Regierung ist befugt, Internetseiten zu sperren, die von verbotenen Organisationen betrieben werden, zur Volksverhetzung aufrufen, den Nationalsozialismus verherrlichen oder den Holocaust leugnen. Die Behörden arbeiten bei der Überwachung und Entfernung derartiger Inhalte unmittelbar mit den Internetanbietern zusammen. Die Behörden beobachteten mehrere hundert Internetseiten und Social-Media-Accounts, die mit Rechtsextremisten in Verbindung gebracht wurden (Stand: Juli).

Am 1. Januar trat ein Gesetz zur Bekämpfung von Hasskommentaren in sozialen Netzwerken in Kraft. Social-Media-Unternehmen sind dafür verantwortlich, Hasskommentare zu identifizieren und zu löschen, und das Gesetz schreibt kurze Fristen und hohe Strafen bei Nichtbeachtung vor. Journalisten und Presseorganisationen sowie internetpolitische Gruppen zeigten sich besorgt, Social-Media-Unternehmen, die das Gesetz einhalten wollten, könnten möglicherweise mehr Inhalte löschen als nötig oder Filter installieren, um problematische Inhalte zu blockieren, und vermuteten, dass sich das massiv und sehr negativ auf die Meinungsfreiheit auswirken könnte. Am 23. Januar berichtete das Komitee zum Schutz von Journalisten, dass Twitter, um rechtliche Probleme zu vermeiden, den Account der Onlineversion des Magazins Titanic gesperrt hatte, nachdem dieses eine Persiflage einer islamfeindlichen Äußerung der AfD-Politikerin Beatrix von Storch gepostet hatte. Der Deutsche Journalistenverband kritisierte die Sperrung mit der Begründung, es handele sich um Zensur und die Pressefreiheit werde dadurch eingeschränkt. Im Juni gab das Justizministerium an, 400 Beschwerden über Hasskommentare in sozialen Netzwerken erhalten zu haben – weit weniger als die 25.000 Beschwerden, mit denen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gerechnet worden war. Kritikern zufolge belegen diese Statistiken, dass Social-Media-Unternehmen offensiv Inhalte blockieren. Im Juni legten zwei FDP-Politiker beim Verwaltungsgericht Köln Beschwerde ein, weil das Gesetz ihre Kommunikationsfreiheit einschränke.

Im Februar verurteilte das Oberlandesgericht Baden-Württemberg aufgrund des gesetzlichen Verbots von Hasskommentaren einen Mann für das Betreiben der Neonazi-Website Altermedia zu zweieinhalb Jahren Haft. Die Internetseite, die 2016 vom Innenministerium entfernt wurde, diente als Plattform für rechtsextremistische Netzwerke und umfasste Texte, in denen der Holocaust geleugnet und Hass auf Ausländer, Flüchtlinge und Juden geschürt wurde.

Den Statistiken der Internationalen Fernmeldeunion zufolge nutzten im Jahr 2017 etwa 84 Prozent der deutschen Bevölkerung das Internet.

Freiheit der Wissenschaft und kulturelle Veranstaltungen

Es gab verschiedene staatliche Beschränkungen der Freiheit der Wissenschaft und kultureller Ereignisse, die rechtsextremes, nationalsozialistisches Gedankengut unterstützten.

b.  Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigung

Die Verfassung sieht zwar Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vor, schränkte diese Freiheiten allerdings in einigen Fällen ein.

Versammlungsfreiheit

Die Verfassung sieht zwar Versammlungsfreiheit vor, schränkte diese allerdings in einigen Fällen ein. Kundgebungen im Freien und Demonstrationen müssen genehmigt werden. Bundes- und Landesbehörden können die Genehmigung verweigern, wenn es Bedenken wegen der öffentlichen Sicherheit gibt oder es sich bei den Antragstellern um Mitglieder verbotener – insbesondere rechtsextremer – Organisationen handelt. In einigen wenigen Fällen wurden solche Anträge auf öffentliche Versammlung im Berichtszeitraum von den Behörden nicht genehmigt. Die Behörden genehmigten öffentliche Kundgebungen oder Demonstrationen einiger nicht verbotener rechtsextremer Gruppen oder Neonazi-Organisationen, sofern sie nicht gegen Gesetze verstießen.

Das Behindern offiziell angemeldeter Demonstrationen ist illegal. Viele Nazigegner weigerten sich, derartige Auflagen zu akzeptieren und versuchten, Demonstrationen von Neonazis zu behindern oder Gegendemonstrationen abzuhalten, sodass es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Nazi-Gegnern kam. Im Oktober wurde die Immunität der Grünen-Bundestagsabgeordneten Canan Bayran aufgehoben, und die Polizei in Berlin nahm Ermittlungen auf, um festzustellen, ob sie eine Demonstration behindert hatte. Im Februar hatte sie Berichten zufolge eine Demonstration von Abtreibungsgegnern behindert. Die Ermittlungen waren am Jahresende noch nicht abgeschlossen.

Die Polizei nahm bekannte oder mutmaßliche Aktivisten fest, wenn sie der Auffassung war, dass diese Personen an illegalen oder nicht genehmigten Demonstrationen teilzunehmen beabsichtigten. Die Dauer der Inhaftierung war von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.

Ausländische Politiker dürfen in Deutschland keine Kundgebungen abhalten, wenn sie sich innerhalb der darauffolgenden drei Monate in ihrem Heimatland zur Wahl stellen werden. In den Monaten vor der türkischen Präsidentschaftswahl im Juni sagten örtliche Behörden einige Kundgebungen ab, bei denen türkische Kabinettsmitglieder oder Politiker auftreten sollten.

Vereinigungsfreiheit

Die Verfassung sieht zwar Vereinigungsfreiheit vor, schränkte diese Freiheit aber in einigen Fällen ein. Laut Gesetz können Organisationen, deren Aktivitäten vom Verfassungsgericht oder von Bundes- oder Landesbehörden als illegal oder gegen die verfassungsmäßige demokratische Ordnung verstoßend eingestuft werden, verboten werden. Zwar können politische Parteien aus diesen Gründen nur vom Bundesverfassungsgericht verboten werden, aber sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierungen können andere Organisationen verbieten oder ihre Aktivitäten einschränken, auch Gruppierungen, die von den Behörden als extremistisch oder kriminell eingestuft werden. Die Organisationen haben das Recht, gegen ein solches Verbot oder die Einschränkung ihrer Aktivitäten Einspruch zu erheben.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesverfassungsschutzämter überwachten mehrere hundert Organisationen. Die Überwachung bestand aus der Erhebung von Daten aus offiziellen Quellen, Schriftdokumenten sowie Berichten aus erster Hand, aber auch aus offensiven Maßnahmen, die der rechtlichen Überwachung unterlagen, wie dem Einsatz verdeckter Ermittler. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter für Verfassungsschutz veröffentlichten Listen der überwachten Organisationen, zu denen auch links- und rechtsgerichtete politische Parteien gehörten. Laut Gesetz dürfen die Aktivitäten der Organisationen durch die Überwachung nicht beeinträchtigt werden, aber Vertreter einiger betroffener Organisationen, beispielsweise von Scientology, beschwerten sich, dass die Veröffentlichung der Namen ihrer Organisationen Vorurteile gegen sie fördere.

Das BfV beobachtete etwa 16.500 sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter, ein erheblicher Anstieg gegenüber 2016, als es 10.000 waren. Diese Personen erkennen die Bundesrepublik Deutschland und ihr Justizsystem nicht an. Das BfV stufte die Gruppen als potenzielle Bedrohung ein, da sie eine Affinität zu Waffen haben und staatliche Behörden nicht respektieren. 2017 verübten Mitglieder von Reichsbürger- und Selbstverwaltergruppierungen 911 politisch motivierte Straftaten; 783 davon wurden von den Behörden als extremistische Verbrechen, 130 als Gewaltverbrechen eingestuft.

c.  Religionsfreiheit

Den Deutschlandteil des Berichts über Internationale Religionsfreiheit des US-Außenministeriums finden Sie hier: https://de.usembassy.gov/de/religionsfreiheit-2017

d.  Freizügigkeit

Die Verfassung sieht Freizügigkeit im Inland, bei Auslandsreisen, Auswanderung und Rückführung vor, und der Staat respektierte diese Rechte im Allgemeinen. Die Regierung arbeitete mit dem Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen, Asylbewerbern, Staatenlosen und anderen Betroffenen Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen.

Misshandlung von Migranten, Flüchtlingen und Staatenlosen: Die Behörden einiger Bundesländer hielten einige Asylbewerber, deren Anträge abgelehnt worden waren und die auf ihre Abschiebung warteten, weiterhin für bis zu 18 Monate fest. Die Gerichte erlauben Behörden auch, abgelehnte Asylbewerber ohne vorherige Ankündigung abzuschieben. Asylbewerber, Flüchtlinge und Migranten, die im Rahmen der Dublin-III-Verordnung auf ihre Abschiebung in ein EU-Land warten, durften nur dann von den Behörden in Gewahrsam genommen werden, wenn Beweise für eine Fluchtgefahr vorlagen. Im März hielten die Behörden 82 abgelehnte Asylbewerber fest, die abgeschoben werden sollten.

Der Staat schob Asylbewerber ab, deren Anträge noch geprüft wurden. Ein Uigure hatte am Tag seiner Rückkehr nach China einen Anhörungstermin, aber die Beamten des Bundeslandes erklärten, sie hätten kein Fax mit dieser Information vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhalten (siehe unten, Abschnitt Refoulement). Vom 13. bis 15. August beobachtete der Ausschuss zur Verhütung von Folter des Europarates die Behandlung von abgelehnten Asylbewerbern während eines Charterfluges, mit dem sie nach Afghanistan zurückgebracht wurden.

Im ersten Halbjahr 2018 gab es weiterhin Angriffe auf Flüchtlinge, Asylbewerber und Migranten sowie auf staatliche Unterkünfte für Asylbewerber. Im Februar stach ein Mann in Heilbronn (Baden-Württemberg) auf drei Flüchtlinge ein. Bei dem Angriff wurde ein 25-jähriger Iraker schwer verletzt, die anderen beiden Männer erlitten leichte Verletzungen. Im Juni klagte die Staatsanwaltschaft den mutmaßlichen Täter wegen versuchten Mordes an.

Freizügigkeit im Inland: Die Behörden stellten drei Arten von Reisedokumenten aus, für Staatenlose, für anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber und für Ausländer ohne Reisedokumente. Staatenlose erhielten einen „Reiseausweis für Staatenlose“. Anerkannte Flüchtlinge und Asylsuchende erhielten einen „Reiseausweis für Flüchtlinge“. Ausländer aus Nicht-EU-Ländern erhielten einen „Reiseausweis für Ausländer“, wenn sie keinen Pass oder Passersatz besaßen und von ihrem Herkunftsland auch keinen Reisepass erhalten konnten.

In mehreren Bundesländern gab es eine Residenzpflicht, wonach Flüchtlinge mit anerkanntem Asylstatus drei Jahre in einer bestimmten Stadt leben müssen. Seit April gilt in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt die Residenzpflicht. Örtliche Behörden, die die Regelung unterstützten, äußerten, sie erleichtere die Integration und die Planung der erforderlichen Infrastruktur, wie beispielsweise Schulen. Im September urteilte das Verwaltungsgericht Münster (Nordrhein-Westfalen), dass das Bundesland von anerkannten Flüchtlingen verlangen könne, innerhalb des Bundeslandes, aber nicht in einer bestimmten Stadt zu leben.

Schutz von Flüchtlingen

Refoulement: Im August schoben die bayerischen Behörden einen 22-jährigen Uiguren vor seiner Asylanhörung nach China ab (siehe oben, Abschnitt Misshandlung von Flüchtlingen, Migranten und Staatenlosen). Der Rechtsbeistand des Asylbewerbers konnte nach der Abschiebung keinen Kontakt zu seinem Mandanten herstellen und befürchtete, die chinesischen Behörden könnten ihn verhaftet haben. Im Dezember bestätigte das Auswärtige Amt, dass der Uigure in China verhaftet worden sei und man sich bemühe, ihn wieder nach Deutschland zu bringen.

Im Juni hob die Regierung den Abschiebestopp für Afghanistan auf, woraufhin drei Bundesländer Abschiebungen in das Land durchführten. Zuvor war lediglich die Abschiebung von verurteilten Straftätern und Personen, die als Sicherheitsrisiko eingestuft wurden, erlaubt gewesen. Im August protestierten in München 700 Demonstranten gegen die Änderung der Abschiebepolitik. Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International kritisierten diese Politik als Verstoß gegen das Refoulement-Verbot.

Asylberechtigung: Das Gesetz sieht die Gewährung von Asyl oder die Anerkennung als Flüchtling vor, und der Staat hat ein System zum Schutz von Flüchtlingen eingerichtet. Deutschland war mit der Aufgabe konfrontiert, rund 1,3 Millionen zwischen 2015 und 2017 ins Land gekommene Asylbewerber, Flüchtlinge und Migranten sowie weitere 110.324 Personen, die in der ersten Hälfte des Jahres 2016 Asyl beantragten, integrieren zu müssen. Der starke Zustrom von Asylbewerbern, Flüchtlingen und Migranten stellte eine Belastung für die Infrastruktur und die Ressourcen des Landes dar.

Die Nichtregierungsorganisation Pro Asyl kritisierte das „Flughafenverfahren“ für Asylbewerber, die an einem Flughafen des Landes ankommen. Die Behörden erklärten, das Flughafenverfahren werde lediglich in weniger komplexen Fällen genutzt und kompliziertere Asylfälle würden zur regulären Bearbeitung an das BAMF verwiesen. Die Behörden erklärten, dieses beschleunigte Verfahren werde lediglich bei Personen angewendet, die aus sicheren Herkunftsländern stammen – den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien – oder nicht im Besitz gültiger Ausweispapiere sind. Das beschleunigte Verfahren ermöglichte es dem BAMF, innerhalb von zwei Tagen über Asylanträge zu entscheiden, während die Antragsteller am Flughafen festgehalten wurden. Wenn die Behörden den Antrag ablehnten, hatte der Antragsteller das Recht, Widerspruch einzulegen. Widersprüche wurden innerhalb von zwei Wochen bearbeitet, während der Antragsteller am Flughafen festgehalten wurde. Wenn die Behörden den Widerspruch ablehnten, wurde der Antragsteller abgeschoben. Die NGO Flüchtlingsrat Berlin kritisierte ein ähnliches beschleunigtes Verfahren oder Direktverfahren, das bei einigen Asylbewerbern in Berlin angewandt wurde. Die Organisation behauptete, Asylbewerber erhielten nicht ausreichend Zeit und Zugang zu Rechtsberatung.

Im April beurlaubte das BAMF die Leiterin der Bremer Außenstelle aufgrund von Anschuldigungen, sie habe bis zu 2.000 positive Asylbescheide zu Unrecht erlassen. Medienberichten zufolge hatte die Leiterin zwischen 2013 und 2017 mit drei Anwälten und einem Übersetzer zusammengearbeitet, um jesidische Antragsteller nach Bremen zu holen. Im Mai kündigte die Staatsanwaltschaft Nürnberg Ermittlungen gegen die Leiterin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Jutta Cordt, an, weil diese die Vorgänge nicht unterbunden hatte. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird aktuell vom Bundesrechnungshof geprüft; darüber hinaus haben die Anschuldigungen innerhalb des BAMF zu einer umfangreichen internen Überprüfung von Asylanträgen aus dem Jahr 2018 geführt.

Ab August erteilte die Regierung wieder Visa zur Familienzusammenführung für Angehörige von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutzstatus, eine Maßnahme, die Ende 2016 ausgesetzt worden war. Die Behörden können für bis zu 1.000 Personen – Ehepartner, minderjährige Kinder oder Eltern von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutzstatus – pro Monat Visa zur Familienzusammenführung erteilen.

Im Februar traf eine jesidische Frau mit Flüchtlingsstatus im baden-württembergischen Schwäbisch-Gmünd Berichten zufolge einen Angehörigen der IS-Terrormiliz, der sie 2014 in Irak gefoltert und vergewaltigt hatte. Der Fall löste Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit der Behörden aus, Flüchtlinge zu schützen und Migranten auf Verbindungen zur IS-Terrormiliz und anderen terroristischen Gruppen zu überprüfen. Die Frau meldete den Vorfall der Polizei, die Ermittlungen aufnahm. Die Polizei erklärte jedoch, den Täter, der weder als Flüchtling noch als Einwohner von Baden-Württemberg gemeldet war, nicht ausfindig machen zu können. Die Frau erklärte, sie fühle sich nicht sicher, und kehrte nach Irak zurück. Im Juni nahm die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Ermittlungen in dem Fall auf, die zum Jahresende noch anhängig waren. Ein Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums sagte, es habe sieben Berichte von Frauen gegeben, die ihre Peiniger in Deutschland wiedergetroffen hätten, von denen sich eine Behauptung als haltlos erwies.

Sicheres Herkunfts- oder Transitland: In Deutschland gilt die Dublin-III-Verordnung der EU, die es Behörden erlaubt, Personen, die über die „sicheren Herkunftsländer“, also ein EU-Mitgliedsland, die Schweiz, Norwegen, Island oder Liechtenstein, nach Deutschland eingereist sind, abzuweisen oder dorthin abzuschieben. Die Behörden schickten keine Asylbewerber nach Syrien zurück. Nach der Definition der Regierung gelten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien und die EU-Mitgliedsstaaten als „sichere Herkunftsländer“. Flüchtlinge, die nach der Dublin-III-Verordnung in den Zuständigkeitsbereich eines anderen EU-Landes fielen, aber nicht dorthin zurückgeschickt werden konnten, befanden sich der Nichtregierungsorganisation Pro Asyl zufolge häufig in einer rechtlichen Grauzone. Sie durften nicht arbeiten oder an Integrationsmaßnahmen wie Deutschunterricht teilnehmen.

Beschäftigung: Wer Anspruch auf Asyl hatte, erhielt ungehinderten Zugang zum Arbeitsmarkt. Asylbewerber, über deren Antrag noch nicht entschieden worden war, durften in den ersten drei Monaten nach Antragstellung in der Regel keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Bundesagentur für Arbeit zufolge waren im Juli ca. 492.000 Flüchtlinge arbeitslos. Bei der Arbeitssuche waren Flüchtlinge und Asylbewerber mit zahlreichen Hürden wie langen Überprüfungszeiten bestehender Qualifikationen, dem Fehlen offizieller Nachweise und begrenzten Deutschkenntnissen konfrontiert.

Asylbewerber aus Ländern, die als sichere Herkunftsländer gelten, sowie Asylbewerber, deren Anträge abgelehnt wurden, die aber nicht in das Land im Gebiet der Dublin-III-Verordnung zurückgeschickt werden können, in das sie zuerst eingereist sind, sind laut Gesetz von bestimmten Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge wie Sprachkursen und Beschäftigungschancen ausgeschlossen. Die Behörden erlaubten Asylbewerbern und Personen mit Schutzstatus aus sicheren Herkunftsländern, die ihren Asylantrag nach August 2015 gestellt hatten, nicht, eine Beschäftigung aufzunehmen.

Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen: Die Entscheidungsbefugnis darüber, wie Asylbewerber, Flüchtlinge und Migranten untergebracht werden und ob sie finanzielle oder andere Unterstützung erhalten, liegt bei den Landesbeamten.

Pro Asyl kritisierte ein Flüchtlingsheim in Manching (Bayern), das im Mai in ein Transitzentrum umgewandelt wurde. In dem Zentrum waren mehr als 1.000 Flüchtlinge untergebracht, deren Asylanträge dort von Anfang bis Ende bearbeitet werden können. Kritikern zufolge machten die isolierte Lage des Zentrums in einem Industriegebiet und die Vorgabe, dass Nichtregierungsorganisationen keinen Zutritt zum Zentrum haben, es Flüchtlingen schwer, juristischen Rat einzuholen und sich zu Bildungs- und Sprachlernmaßnahmen anzumelden.

Einige Bundesländer, darunter Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen, stellten Asylbewerbern Krankenversichertenkarten zur Verfügung. Mit den Versichertenkarten können Asylbewerber ohne vorherige Genehmigung der Behörden einen Arzt ihrer Wahl aufsuchen. In anderen Bundesländern erhielten Asylbewerber erst nach 15 Monaten eine Versichertenkarte und mussten sich eine Genehmigung von den lokalen Behörden holen, bevor sie einen Arzt aufsuchen konnten. Die Hilfsorganisation Diakonie kritisierte jedoch das Versichertenkarten-System, da es Asylbewerbern nur das Recht auf Notfallversorgung einräume. Einige Gemeinden und private Gruppen organisierten eine zusätzliche medizinische Versorgung.

Nachhaltige Lösungen: Die Behörden nahmen Flüchtlinge, die bereits aus ihren Herkunftsländern geflohen waren, auf und unterstütztem ihre Integration (bis hin zur Einbürgerung), insbesondere, wenn sie besonders gefährdet waren. Zu diesen Flüchtlingen gehörten Frauen mit Kindern, Flüchtlinge mit Behinderungen, Opfer von Menschenhandel und Opfer von Folter oder Vergewaltigung. Die Behörden erteilten Langzeitmigranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen und Migranten, die nicht in ihre Heimatländer zurückkehren konnten, Aufenthaltsgenehmigungen.

Die Regierung half bei der sicheren und freiwilligen Rückführung von Asylbewerbern, Flüchtlingen und Migranten in ihre Heimat. In der ersten Jahreshälfte unterstützten die Behörden 1.500 Personen finanziell, um deren freiwillige Rückkehr in ihre Herkunftsländer zu ermöglichen. Die betreffenden Personen waren abgelehnte Asylbewerber oder Ausländer ohne gültige Ausweispapiere. Die Zahl der freiwilligen Rückkehrer, die Zuschüsse erhielten, nahm im Jahresverlauf ab, was das BAMF mit dem allgemeinen Rückgang der Zahl der Asylbewerber erklärte.

Die Behörden boten allen Asylbewerbern mit noch nicht beschiedenen Anträgen, die keine großen Chancen auf Asyl hatten, eine Rückkehrerförderung zwischen 800 und 1.200 Euro pro Person an. Am häufigsten machten Flüchtlinge aus Irak und Afghanistan von dieser Maßnahme Gebrauch.

Vorübergehender Schutz: Der Staat bot Personen, die eventuell nicht als Flüchtlinge anerkannt werden, zwei Formen des vorübergehenden Schutzes – subsidiären und humanitären Schutz. In den ersten sechs Monaten des Jahres gewährten die Behörden 15.542 Personen subsidiären Schutz. Diesen Status erhalten in der Regel Personen, denen weder der Flüchtlingsstatus noch Asyl gewährt werden kann, denen aber in ihrem Heimatland aufgrund von Krieg oder Konflikten ernsthafte Gefahr droht. Im gleichen Zeitraum gewährten die Behörden 6.639 Personen humanitären Schutz. Humanitären Schutz erhält, wer die für einen anderen Schutzstatus notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt, aber aus anderen humanitären Gründen nicht in sein Heimatland zurückkehren kann (z. B. bei einer Krankheit, für die es im Herkunftsland keine medizinische Behandlungsmöglichkeit gibt.) Beide Arten des vorübergehenden Schutzes werden für ein Jahr gewährt und können verlängert werden. Wer unter subsidiärem oder humanitärem Schutz steht, kann nach fünf Jahren einen unbegrenzten Aufenthaltstitel beantragen, wenn er oder sie nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen ist und über gute Deutschkenntnisse verfügt.

Staatenlose

Statistiken des UNHCR zufolge lebten Ende 2017 13.458 Staatenlose im Land. Einige von ihnen verloren ihre frühere Staatsangehörigkeit mit dem Zerfall der Sowjetunion oder Jugoslawiens. Andere waren Palästinenser aus dem Libanon oder Syrien, die die Behörden als Staatenlose registrierten.

Die bestehenden Gesetze und Maßnahmen ermöglichen Staatenlosen die Einbürgerung ohne Diskriminierung. Staatenlose können nach einer Aufenthaltsdauer von sechs Jahren einen Antrag auf Einbürgerung stellen. Die Vorlage ausreichender Nachweise für die Staatenlosigkeit kann sich jedoch schwierig gestalten, da die Beweislast beim Antragsteller liegt.

Im Allgemeinen schützten die Behörden staatenlose Personen vor der Abschiebung in das Land ihrer Herkunft oder ihres gewöhnlichen Wohnsitzes, wenn ihnen dort politische Verfolgung drohte.

Abschnitt 3. Das Recht, sich am politischen Prozess zu beteiligen

Das Grundgesetz ermöglicht es Staatsbürgern, ihre Regierung in freien, fairen und regelmäßig stattfindenden, allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlen zu wählen.

Wahlen und politische Teilhabe

Letzte Wahlen: Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und 45 Abgeordnete aus 25 Ländern beobachteten die Bundestagswahl im September 2017 und beurteilten sie als gut organisiert, frei und gerecht.

Politische Parteien und politische Teilhabe: Die politischen Parteien waren im Berichtszeitraum ohne Einschränkungen oder äußere Einmischung tätig, es sei denn, die Behörden stuften sie als verfassungsfeindlich ein. Wenn die Bundesbehörden eine solche Bedrohung wahrnehmen, können sie beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein Parteiverbot beantragen. Das BVerfG verbot in den Fünfzigerjahren zwei Parteien.

Das Gesetz sieht vor, dass jede politische Partei entsprechend ihrer Ergebnisse bei Wahlen auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene öffentliche Mittel des Bundes erhält. Dem Grundgesetz nach haben extremistische Parteien, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung beeinträchtigen wollen, kein Anrecht auf staatliche Förderung. Im April stellte der Bundestag einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht, zu prüfen, ob die rechtsextreme NPD verfassungswidrig sei und ob sie Anspruch auf staatliche Finanzierung habe.

Im Februar schloss der niedersächsische Landtag die AfD aus dem Stiftungsrat der niedersächsischen Holocaust-Gedenkstätten aus. Durch eine Gesetzesänderung wurde die Zahl der Landtagsvertreter im Stiftungsrat auf vier reduziert, wodurch die AfD als fünftgrößte Fraktion nach SPD, CDU, Grünen und FDP keinen Vertreter stellen kann. Die Stiftung ist für die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen verantwortlich. Überlebende des Holocaust schrieben in einem offenen Brief, sie fürchteten, die AfD könne Naziverbrechen verharmlosen. Am 30. Juli stellte die AfD beim Niedersächsischen Staatsgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des neuen Gesetzes infrage.

Teilhabe von Frauen und Minderheiten: Die Teilhabe von Frauen und Mitgliedern von Minderheitengruppen am politischen Prozess wurde nicht durch Gesetze eingeschränkt, und sie nahmen daran teil.

Abschnitt 4. Korruption und mangelnde staatliche Transparenz

Das Gesetz sieht für Beamtenkorruption Strafen vor, und der Staat setzte dieses Gesetz im Allgemeinen wirksam um. Im Berichtszeitraum gab es vereinzelte Berichte über staatliche Korruption.

Korruption: Am 28. Februar legte der Bürgermeister von Oppenheim (Rheinland-Pfalz), Marcus Held (SPD), nach Korruptionsvorwürfen sein Amt nieder. Die Mainzer Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Untreue und Bestechlichkeit im Zusammenhang mit auffälligen Grundstücksgeschäften in Oppenheim gegen Held. Der Bundestag hob Helds Immunität im Juli und erneut im November 2017 auf. Im September war Held immer noch Mitglied des Bundestags, aber seit Januar krankgeschrieben. Am Jahresende war sein Sitz im Bundestag unbesetzt.

Offenlegung von Finanzen: Landtags- und Bundestagsabgeordnete sind gesetzlich verpflichtet, ihre Nebeneinkünfte offenzulegen. Die Nichteinhaltung wird mit einem Bußgeld geahndet, dessen Höhe von einem Ordnungsgeld bis zur Hälfte des Jahresgehalts eines Abgeordneten reichen kann. Ernannte Amtsträger unterliegen den gesetzlichen Regelungen für den öffentlichen Dienst und müssen Nebenbeschäftigungen und Nebeneinkünfte offenlegen. Wenn die Vergütung eine bestimmte Grenze, die sich nach der Besoldungsgruppe richtet, übersteigt, muss der Angestellte die darüber hinausgehenden Einkünfte an seine Dienstbehörde abführen. Die Sanktionierung von Beamten bei Nichteinhaltung erfolgt nach dem Bundesdisziplinargesetz durch Geldbußen, Verweise oder Entlassung.

Abschnitt 5. Haltung der Regierung zu Untersuchungen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen durch internationale Gremien oder Nichtregierungsorganisationen

Verschiedene nationale und internationale Menschenrechtsgruppen unterlagen im Allgemeinen weder bei ihren Nachforschungen noch bei der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse staatlichen Einschränkungen. Regierungsvertreter waren kooperativ und ihren Ansichten gegenüber aufgeschlossen.

Für Menschenrechte zuständige Regierungsinstitutionen: Eine Reihe von Regierungsbehörden setzte sich unabhängig und wirksam für den Schutz der Menschenrechte ein. Der Bundestag verfügt über einen Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe sowie über einen Petitionsausschuss. Der Petitionsausschuss befasst sich mit unterschiedlichen Beschwerden aus der Bevölkerung, die unter anderem auch Menschenrechtsangelegenheiten betreffen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist verantwortlich für die Überwachung der Einhaltung der internationalen Menschenrechtsverpflichtungen des Landes, zu denen auch Verträge und Konventionen gehören. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist eine halbstaatliche Organisation, die sich mit Diskriminierung befasst und Opfer von Diskriminierung unterstützt. Die Verantwortung für den Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen liegt insbesondere bei der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. Die Beauftragte für Menschenrechtsfragen im Bundesministerium der Justiz überwacht die Umsetzung von Gerichtsentscheidungen zum Schutz der Menschenrechte.

Abschnitt 6. Diskriminierung, Übergriffe in der Gesellschaft, Menschenhandel, Frauen

Vergewaltigung und häusliche Gewalt: Vergewaltigung ist laut Gesetz eine Straftat; darunter fällt auch die Vergewaltigung von Frauen und Männern in der Ehe. Das Gesetz sieht ein Strafmaß von bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe vor. Der Staat setzte das Gesetz wirksam durch. Personen, die des Missbrauchs beschuldigt werden, kann vorübergehend ohne gerichtliche Anordnung der Zugang zu ihrem Haushalt verweigert werden oder es kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden. In schweren Fällen von Vergewaltigung und häuslicher Gewalt können diese Personen wegen Körperverletzung oder Vergewaltigung strafrechtlich verfolgt und zu Schadenersatzzahlungen verurteilt werden.

Das Strafmaß hängt von der Schwere der Straftat ab. Der Staat setzte das Gesetz durch.

2017 wurden über 17,000 Fälle sexueller Gewalt gegen Frauen und Männer zur Anzeige gebracht.

Am 6. Juni soll ein Asylbewerber aus Irak eine 14-Jährige vergewaltigt und getötet haben, die dann in Wiesbaden tot aufgefunden wurde. Der Verdächtige wurde außerdem beschuldigt, im März zwei Mal eine Elfjährige in einem Flüchtlingslager vergewaltigt zu haben. Obwohl der Verdächtige zunächst nach Irak floh, wurde er später zurück nach Deutschland verbracht und wartete am Jahresende in Untersuchungshaft auf sein Gerichtsverfahren.

Die Bundesregierung, die Bundesländer und Nichtregierungsorganisationen unterstützten zahlreiche Projekte, um geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern und darauf zu reagieren, einschließlich der Gewährung von umfangreicherem Zugang zu medizinischer Versorgung und Rechtshilfe. Im Berichtsjahr wurden in Deutschland rund 350 Frauenhäuser betrieben. Die Nichtregierungsorganisation Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF) berichtete über Zugangsbeschränkungen, insbesondere in größeren Städten, da sich Frauen, die Zuflucht in Frauenhäusern fanden, aufgrund des Mangels an bezahlbarem Wohnraum oft länger dort aufhielten. Der ZIF zufolge sei die Zahl der geflüchteten Frauen, die Schutz in Unterkünften suchten, nach dem erheblichen Zustrom von Flüchtlingen 2015 gestiegen.

Weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung (FGM/C): Die Genitalverstümmelung und -beschneidung von Frauen und Mädchen ist ein Straftatbestand mit einem Strafmaß von einem bis zu 15 Jahren Haft, auch wenn die Tat im Ausland begangen wurde. Die Behörden können Personen den Pass entziehen, wenn diese verdächtigt werden, mit einem Mädchen oder einer Frau zum Zwecke der Genitalverstümmelung ins Ausland zu reisen. Von weiblicher Genitalverstümmelung waren Teile der Zuwandererbevölkerung sowie ihre in Deutschland geborenen Kinder betroffen. Eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kooperierte im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung mit anderen Bundesbehörden und allen 16 Bundesländern.

Andere schädliche traditionelle Praktiken: „Ehrenmord“ entspricht laut Gesetz dem Tatbestand des Mordes mit einem Strafmaß bis hin zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Der Staat setzte das Gesetz effektiv um und finanzierte Programme, deren Ziel es ist, „Ehrenmorde“ zu stoppen.

Ein Gericht in Wuppertal (Nordrhein-Westfalen) bezeichnete die Tötung der 35-jährigen irakischen Jesidin Hanaa S. als Ehrenmord und verurteilte ihren Schwager im Januar zu lebenslanger Haft. Das Gericht verurteilte auch den 20-jährigen Sohn der Frau zu neuneinhalb Jahren sowie ihren Ehemann und einen weiteren Schwager zu jeweils zehneinhalb Jahren Haft für Beihilfe zum Mord.

Sexuelle Belästigung: Sexuelle Belästigung von Frauen wird als Problem erkannt und ist gesetzlich verboten. Das Strafmaß sieht Geldbußen und Haftstrafen bis zu fünf Jahren vor. Es gibt unterschiedliche Disziplinarmaßnahmen bei Belästigung am Arbeitsplatz, die unter anderem auch die Entlassung des Täters einschließen. Arbeitgeber sind per Gesetz verpflichtet, Arbeitnehmer vor sexueller Belästigung zu schützen. Das Gesetz stuft das Versäumnis eines Arbeitgebers, Maßnahmen zum Schutz seiner Angestellten vor sexueller Belästigung zu ergreifen, als Vertragsverletzung ein. Betroffene Arbeitnehmer haben das Recht, der Arbeit bei Lohnfortzahlung fern zu bleiben, bis der Arbeitgeber den Missstand beseitigt hat. Gewerkschaften, Kirchen, staatliche Stellen und Nichtregierungsorganisationen boten eine Reihe von Unterstützungsprogrammen für betroffene Frauen an und förderten Seminare und Kurse, um sexueller Belästigung vorzubeugen.

Zwangsausübung bei der Geburtenkontrolle: Es gab keine Berichte über Zwangsabtreibungen oder unfreiwillige Sterilisationen.

Diskriminierung: Frauen und Männer genießen laut Grundgesetz die gleichen Rechte, auch in den Bereichen Familie, Arbeit, Religion, Familienstand, Eigentum, Staatsangehörigkeit und Erbrecht. Der Staat setzte das Gesetz im Allgemeinen wirksam durch.

Kinder

Geburtsanzeigen: Die deutsche Staatsangehörigkeit wird in der Regel durch die Eltern übertragen. Die Staatsangehörigkeit kann laut Gesetzt durch Geburt in Deutschland erworben werden, wenn ein Elternteil bereits seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt oder seit mindestens drei Jahren eine Daueraufenthaltsgenehmigung besitzt. Die Eltern oder der Vormund müssen die Geburt eines neugeborenen Kindes anzeigen. Wenn die Behörden eine Geburtsanzeige erhalten, wird diese in der Regel zügig bearbeitet. Eltern, die die Geburt ihres Kindes nicht anzeigen, kann eine Geldbuße auferlegt werden.

Misshandlung von Kindern: Es gibt Gesetze gegen Kindesmisshandlung. Gewalt oder Grausamkeit gegen Minderjährige sowie die Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht werden mit einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten bis zehn Jahren bestraft. Es wurden Fälle von Kindesmissbrauch gemeldet. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend förderte im Berichtszeitraum eine Reihe von Programmen zur Vorbeugung von Kindesmisshandlung. Ziel des Ministeriums war es, Eltern, Jugendeinrichtungen, Schulen, Kinderärzte und Gerichte zu vernetzen und bestehende Programme auf Ebene der Bundesländer und Kommunen zu fördern. Andere Programme beinhalteten therapeutische Maßnahmen und Unterstützung für erwachsene und jugendliche Opfer sexuellen Missbrauchs.

Kinderehen und Zwangsehen: Das gesetzliche Mindestalter für eine Eheschließung beträgt 18 Jahre.

Das Gesetz erkennt Eheschließungen Minderjähriger im Ausland nicht mehr an, auch wenn die Ehepartner in dem Land, in dem die Ehe geschlossen wurde, als volljährig galten. 16- bis 18-Jährige können auf Fallbasis vor Gericht die Anerkennung ihrer im Ausland geschlossenen Ehe beantragen, wenn die Nichtanerkennung ihrer Ehe für sie eine schwere Härte bedeutete.

Kinderehen und Zwangsehen betreffen hauptsächlich Mädchen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit. Die Medien berichteten, dass die Einwanderungsbehörden Ende April 299 verheiratete Minderjährige verzeichneten, das ist ein Rückgang gegenüber 1.475 im Jahr 2016. Die Mehrheit der verheirateten Minderjährigen stammte aus Syrien, andere aus Bulgarien, Griechenland, Rumänien, Irak und Afghanistan.

Sexuelle Ausbeutung von Kindern: Das Gesetz verbietet die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern, den Verkauf, das Angebot oder die Beschaffung von Kindern zur Prostitution sowie Praktiken im Zusammenhang mit Kinderpornografie, und die Behörden setzten das Gesetz durch. Das Mindestalter für Geschlechtsverkehr in beiderseitigem Einvernehmen beträgt 14 Jahre, es sei denn, der ältere Partner ist älter als 18 Jahre und „nutzt eine Zwangslage aus“ oder bietet eine Gegenleistung an und der jüngere Partner ist unter 16 Jahre. Außerdem macht sich eine Person, die älter als 21 Jahre ist und Geschlechtsverkehr mit einem Kind unter 16 Jahren hat dann strafbar, wenn die ältere Person die „fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt“. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung betreibt das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch sowie das Online-Hilfeportal Sexueller Missbrauch, deren Angebote anonym und kostenlos sind.

Im baden-württembergischen Staufen wurden die Mutter eines zehnjährigen Jungen und ihr Partner, der wegen sexuellem Missbrauch an Kindern vorbestraft war, wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs ihres Sohnes sowie Zwangsprostitution und Verbreitung von Kinderpornografie angeklagt. Das Paar bot den Jungen auch über das Internet zum Verkauf an, und zwischen April und August verurteilte das Landgericht Freiburg einen schweizerischen, einen spanischen und zwei deutsche Staatsbürger wegen der Vergewaltigung und des körperlichen Missbrauchs des Jungen zu Freiheitsstrafen von acht bis zehn Jahren. Im August wurden die Mutter des Jungen und ihr Partner zu jeweils zwölfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Über den Fall wurde umfangreich in den nationalen Medien berichtet. Die Behörden, unter anderem die Jugendämter und das Gerichtssystem, wurden daraufhin scharf kritisiert, weil sie ein Kind, von dem sie Berichten zufolge wussten, dass es Kontakt zu einem verurteilten Kinderschänder hatte, nicht geschützt hatten.

Vertriebene Kinder: Die Polizei berichtete, dass sie 5.129 der 6.186 Fälle von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden und Migranten, die 2017 festgestellt wurden, aufgeklärt habe. Der Nichtregierungsorganisation Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) zufolge zogen viele dieser Minderjährigen zu Verwandten. Der BumF erklärte, dass einige dieser unbegleiteten Minderjährigen womöglich Opfer von Menschenhandel geworden seien.

Weitere Informationen hierüber finden Sie im Bericht zum Menschenhandel des US-Außenministeriums unter https://de.usembassy.gov/de/laenderberichte-zu-menschenhandel-2018/?_ga=2.32942526.1622805441.1552908210-1764845967.1548930823/.

Die Nichtregierungsorganisation Off Road Kids schätzt die Zahl der Kinder im Alter von 12 bis 18 Jahren, die jedes Jahr zumindest vorübergehend obdachlos sind, auf 2.500. Off Road Kids berichtete, dass die meisten Ausreißer nicht auf der Straße landeten, sondern bei Bekannten unterkämen. Diese Minderjährigen seien häufig Schulabbrecher, die keine Unterstützung vom Jugendamt oder ihren Eltern erhielten und stattdessen über digitale Netzwerke vorübergehend eine Unterkunft fänden.

Internationale Kindesentführungen: Deutschland ist Vertragsstaat des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung aus dem Jahr 1980. (Vergl. Annual Report on International Parental Child Abduction des US-Außenministeriums.)

Antisemitismus

Beobachter schätzten die jüdische Bevölkerung auf fast 200.000, wobei schätzungsweise 90 Prozent von ihnen aus der ehemaligen Sowjetunion stammten. In der jüdischen Gemeinde waren rund 98.000 Mitglieder registriert.

Bei öffentlichen Kundgebungen, bei Sportwettkämpfen und anderen gesellschaftlichen Veranstaltungen, in Schulen, auf der Straße, in einigen Medien und im Internet kam es zu antisemitischen Äußerungen und antisemitischem Verhalten, einschließlich körperlichen und verbalen Angriffen. Bei einer Demonstration am Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober beispielsweise beobachteten Medien wie einige Teilnehmer den Hitlergruß zeigten, was in Deutschland strafbar ist. Abgesehen von antisemitischen Äußerungen gehörte die Schändung von jüdischen Friedhöfen und Holocaust-Gedenkstätten zu den häufigsten antisemitischen Vorfällen. Die Bundesregierung schrieb die meisten antisemitischen Vorfälle Neonazi- oder anderen rechtsextremistischen Gruppen oder Personen zu. Jüdische Organisationen berichteten auch von einer zunehmend antisemitischen Haltung und entsprechendem Verhalten bei einigen muslimischen Jugendlichen.

Aus Regierungsangaben geht hervor, dass es zwischen Januar und Juni zu 401 antisemitischen Straftaten kam. Der Hauptanteil, 87 Prozent, wurden von der extremen Rechten verübt, so die Regierung. 2017 meldete das Bundesinnenministerium 1.504 antisemitische Straftaten im Vergleich zu 1.420 im Jahr 2016. Einige bedeutende gewaltsame Zwischenfälle lösten eine öffentliche Debatte über das Ausmaß und den Ursprung von Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft aus. Einem Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus vom April 2017 zufolge waren moderne Formen von Antisemitismus, dass beispielsweise einzelne Juden für das Handeln Israels verantwortlich gemacht wurden, nach wie vor weit verbreitet. Der Bericht stellte darüber hinaus fest, dass Antisemitismus sowohl am extrem rechten als auch am extrem linken Rand des politischen Spektrums sowie unter Muslimen im Land vorkommt. Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Bekämpfung von Antisemitismus einsetzen, stellten fest, dass die gemeldete Zahl antisemitischer Übergriffe wahrscheinlich zu niedrig sei und eine wesentliche Zahl von Fällen aus Angst nicht gemeldet würde.

Dem jährlichen Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz zufolge sank die Zahl antisemitischer Vorfälle von 31 im Jahr 2016 auf 28 im Jahr 2017. Aus dem Bericht ging auch hervor, dass die Zahl der Mitglieder von Skinhead- und Neonazigruppen mit ungefähr 6.000 konstant blieb. Die Bundesanwälte erhoben Anklage gegen Verdächtige und hielten die dauerhaften Sicherheitsvorkehrungen im Umfeld zahlreicher Synagogen aufrecht.

Im April genehmigte die Staatsanwaltschaft die Aufführung eines auf Adolf Hitlers Mein Kampf beruhenden satirischen Stücks in Konstanz (Baden-Württemberg). Die Organisatoren versprachen allen Zuschauern mit Hakenkreuzarmbinde freien Eintritt, und wer für seine Karte bezahlte, musste „als Zeichen der Solidarität mit den Opfern der Barbarei der Nationalsozialisten“ einen Davidstern tragen. Gegen das Theater gingen mehrere Anzeigen ein. Obwohl die öffentliche Zurschaustellung von Symbolen des Nationalsozialismus verboten ist, genehmigte die Staatsanwaltschaft die Aufführung und den freien Eintritt für Träger einer Hakenkreuzarmbinde unter Berufung auf die freie Meinungsäußerung und die Freiheit der Kunst.

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft forderte einen Boykott des Stücks.

Im Juli griff ein 20-jähriger Deutscher palästinensischer Abstammung in Bonn (Nordrhein-Westfalen) einen durchreisenden israelischen Hochschulprofessor der Johns Hopkins University an. Als er den Professor sah, rief der Angreifer: „Kein Jude in Deutschland!“ und riss ihm die Kippa vom Kopf. Der Angreifer floh bei Eintreffen der Polizei. Versehentlich ging die Polizei davon aus, das Opfer sei der Angreifer und ging bei seiner Festnahme unverhältnismäßig hart vor. Die Polizei nahm den Täter später fest und legte ihm Volksverhetzung und Körperverletzung zur Last. Die Polizei in Köln eröffnete ein internes Ermittlungsverfahren und wies die am Vorfall beteiligten Polizeibeamten an, bis zum Abschluss der Ermittlungen Schreibtischarbeit zu erledigen.

Im April erhielten die Rapper Farid Bang und Kollegah, deren Lieder auch antisemitische Texte beinhalten, aufgrund der hohen Verkaufszahlen den Echo-Musikpreis. Nach Kritik aus der Zivilgesellschaft und von Künstlern, die den Preis zuvor erhalten hatten, nahm der Bundesverband Musikindustrie den Preis zurück. Im Juni stellte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf das Verfahren wegen Volksverhetzung gegen die beiden Rapper ein. Zwar seien die Liedtexte antisemitisch und frauenverachtend, weil sie damit aber typisch für das Genre seien, gelte die in der Verfassung verankerte Kunstfreiheit. Bundesaußenminister Heiko Maas nannte die Liedtexte der Rapper auf Twitter „widerwärtig“.

Am 27. August griff eine Gruppe von etwa 12 Neonazis Berichten zufolge Schalom, ein koscheres Restaurant in Chemnitz, an. Sie riefen: „Judenschwein, verschwinde aus Deutschland!“, bewarfen das Lokal mit Steinen und Flaschen, beschädigten die Fassade des Gebäudes und warfen ein Fenster ein. Der Besitzer des Restaurants, Uwe Dziuballa, wurde Berichten zufolge durch einen Stein an der Schulter verletzt.

Am 21. September demonstrierten schätzungsweise 100 Neonazis in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) und riefen antisemitische Slogans wie „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“.

Im Dezember berichteten die Medien, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt im Fall von fünf Polizeibeamten ermittle, die untereinander rechtsextreme Textnachrichten ausgetauscht hätten, darunter rassistische Slogans, Hakenkreuze und Bilder von Hitler. Die Ermittler nahmen ihre Arbeit auf, nachdem eine Anwältin, die in den Verfahren im Zusammenhang mit der rechten Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) 2013 bis 2018 Opferfamilien vertreten hatte, im August einen an ihre nicht öffentlich bekannte Privatadresse gerichteten Drohbrief erhalten hatte, der mit „NSU 2.0“ unterzeichnet war. Auf ihre Anzeige hin fanden die Ermittler heraus, dass ein Polizeibeamter in Zeil eine nicht genehmigte Suche nach ihrer Adresse durchgeführt hatte und entdeckten die rechtsextremen Nachrichten. Ende des Jahres waren die Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft im Fall der fünf Polizeibeamten sowie die Ermittlungen der Kriminalpolizei in Hessen in weiteren Fällen noch nicht abgeschlossen.

Der Außenminister verurteilte Antisemitismus in Schulen und mehrere Politiker riefen dazu auf, zu handeln. Als Reaktion auf wachsenden Druck aus den Gemeinden und die Wahrnehmung, dass Antisemitismus zunimmt, wurde im Bundesinnenministerium die neue Stelle eines Antisemitismusbeauftragten geschaffen. Die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Bayern und Nordrhein-Westfalen entschieden sich ebenfalls, auf Landesebene Antisemitismusbeauftragte einzusetzen. Der Verantwortungsbereiche waren in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich, beinhalteten aber Treffen mit der jüdischen Gemeinde, die Aufstellung von Statistiken zu antisemitischen Handlungen sowie die Erarbeitung von Aufklärungs- und Präventionsprogrammen.

2017 übernahm die Bundesregierung die Antisemitismus-Definition der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA): „Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“

Menschenhandel

Den Deutschlandteil der Länderberichte zu Menschenhandel des US-Außenministeriums finden Sie unter https://de.usembassy.gov/de/laenderberichte-zu-menschenhandel-2018/

Menschen mit Behinderungen

Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen ist laut Gesetz verboten. Das Gesetz führt Personen mit sensorischen oder intellektuellen Beeinträchtigungen nicht gesondert auf, ihre Rechte werden als in den anderen Rubriken erfasst angesehen. Nichtregierungsorganisationen waren sich nicht einig, ob die Behörden diese Gesetze wirksam durchsetzten.

Im Dezember berichtete der Bundesbeauftragte für Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, dass mehr als 84.000 Menschen mit Behinderungen in Deutschland nicht an den Bundestagswahlen teilnehmen durften. Als Grund hierfür wurde angegeben, dass 81.000 dieser Menschen aufgrund einer gerichtlichen Anordnung „Betreuung in allen Angelegenheiten“ erhielten, da sie nicht in der Lage seien, ihre administrativen und finanziellen Angelegenheiten eigenständig zu regeln.

Menschen mit Behinderungen hatten es besonders schwer, eine Wohnung zu finden.

Den Bundesländern oblag die Entscheidung, ob Kinder mit Behinderungen am Regelunterricht teilnehmen konnten oder eine Förderschule besuchen mussten. 2016 gingen 523.813 Kinder mit Förderbedarf zur Schule, 318.002 davon in Förderschulen. Es kam vor, dass Lehrer an Regelschulen sich dagegen wehrten, Schüler mit Behinderungen zu unterrichten. Im Juli urteilte ein Verwaltungsgericht in Bremen, dass eine Lehrerin sich nicht weigern dürfe, fünf Kinder mit Behinderungen zu unterrichten.

Im März berichtete das Deutsche Institut für Menschenrechte, dass Flüchtlinge mit Behinderungen besonderen Schutzes bedürften, dass aber die Behörden bei der Erstregistrierung ihre besonderen Bedürfnisse nicht immer erfassten. Das Institut rief Bundes-, Landes-, und Kommunalbehörden dazu auf, Flüchtlinge mit Behinderungen zu identifizieren und ihnen zusätzliche Unterstützung zu gewähren.

Im März verurteilte ein Gericht einen 46-Jährigen wegen Erpressung eines 60-jährigen, geistig eingeschränkten und sehbehinderten Kollegen zu zwei Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe. Das Opfer hatte seinen Arm auf die Schulter einer Kollegin gelegt. Der Angeklagte hatte ihm daraufhin weisgemacht, dass dies eine schwere Sexualstraftat darstelle, er ihn aber nicht anzeigen würde, wenn das Opfer ihm 3.000 Euro zahlt. Diesen Betrag erhöhte er später auf 8.000 Euro.

Nationale/ethnische Minderheiten

Der Jahresbericht des Verfassungsschutzes für 2017 verzeichnet 1.054 politisch motivierte Gewaltstraftaten, die von Personen mit rechtsextremem Hintergrund begangen wurden. Davon wurden 744 als fremdenfeindlich eingestuft.

Die Messerstecherei in Chemnitz, bei der ein Deutscher Berichten zufolge von zwei Zuwanderern tödlich verwundet wurde, löste in Chemnitz eine Reihe von Demonstrationen gegen Zuwanderer aus. Am 26. August organisierten die AfD und PEGIDA in Chemnitz eine gewaltfreie Versammlung, an der 100 rechtsextreme Unterstützer teilnahmen. Noch am gleichen Tag kamen etwa 800 Personen zu spontanen Protesten in der Innenstadt von Chemnitz zusammen, darunter auch Rechtsextremisten. Die Polizei war von der Zahl der Demonstranten überrascht, die Berichten zufolge ausländerfeindliche Parolen skandierten und alle anzugreifen versuchten, die Migranten zu sein schienen. Die Demonstrationen wurden fortgesetzt, und am 27. August gingen in Chemnitz wieder in etwa 6.000 rechte Demonstranten und 1.500 Gegendemonstranten auf die Straße. In den Nachrichten sah man, wie Extremisten den rechtswidrigen Hitlergruß zeigten und ausländerfeindliche Parolen riefen. Bei den Demonstrationen wurden 18 Demonstranten und zwei Polizisten verletzt.

Die Schikane von Ausländern und Mitgliedern ethnischer Minderheiten wie beispielsweise der Roma stellte bundesweit weiterhin ein Problem dar. Die Anfeindungen richteten sich gegen die zunehmende Zahl an Asylbewerbern, Flüchtlingen und Migranten aus dem Nahen Osten und Afrika.

Die NGO Amorao Foro hat für das Jahr 2017 252 Fälle von Diskriminierung von Sinti und Roma in Berlin dokumentiert. Der Nichtregierungsorganisation zufolge kam es meist im Kontakt mit Behörden wie dem Job Center, Bildungseinrichtungen und im Gesundheitswesen zu diesen Vorfällen.

Personen ausländischer Herkunft hatten besondere Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berichtete von Fällen, in denen Vermieter Personen nichtdeutscher Herkunft, insbesondere türkischer oder afrikanischer Herkunft, Mietwohnungen mit der Begründung verweigerten, man wolle eine mehrheitlich deutschstämmige Bevölkerungsstruktur in dem Wohngebiet aufrechterhalten.

Im Vorfeld der Landtagswahlen in Bayern im Oktober hing die AfD in Bayern Wahlkampfposter auf, die „islamfreie Schulen“ forderten. Die Partei erklärte, sie wolle „weder Islamunterricht noch Kopftücher an den Schulen“.

Von Dezember 2017 bis Ende April 2018 gab die Nichtregierungsorganisation Tafel in Essen vorübergehen keine neuen Kundenkarten mehr an Ausländer aus. Ausländer machten dort Berichten zufolge 70 Prozent der Tafel-Besucher aus, und mehrere deutsche Kunden hatten sich über unhöfliches Verhalten junger Männer beschwert. Im Mai kündigte die Tafel Essen neue Aufnahmeregeln an. Menschen mit Behinderungen, Alleinerziehende, Einzelpersonen ab dem 50. Lebensjahr und Familien mit Kindern würden bevorzugt behandelt.

Im Juni verurteilte ein Gericht in Hagen (Nordrhein-Westfalen) einen 56-jährigen Mann wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Der Mann hatte im November 2017 dem Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein, ein Messer gegen den Hals gedrückt und dabei gerufen: „Du lässt mich verdursten, aber holst 200 Ausländer in die Stadt.“ Altena hatte im Mai 2017 den erstmals ausgelobten Nationalen Integrationspreis erhalten, weil es mehr Flüchtlinge als nötig aufgenommen hatte.

Im August kippte das Oberverwaltungsgericht Münster (Nordrhein-Westfalen) das Urteil eines Gerichts einer niedrigeren Instanz mit der Begründung, dass die Personenkontrolle eines dunkelhäutigen Bürgers im Jahr 2013 an einem Bahnhof dem im Grundgesetz verankerten Diskriminierungsverbot widersprochen habe. In der Urteilsbegründung hieß es, die Polizei dürfe Personenkontrollen nicht allein aufgrund der Hautfarbe durchführen.

Im März 2017 verklagte ein 20-jähriger serbischer Roma das Bundesland Nordrhein-Westfalen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Er gab an, fälschlicherweise als geistig behindert eingestuft worden zu sein, als er in Bayern in die Grundschule kam. Im Juli urteilte ein Gericht, dass der Kläger Anspruch auf Schadenersatz habe.

Gewalttaten, Diskriminierung und andere Übergriffe aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität

Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität sind gesetzlich verboten. LGBTI-Aktivisten kritisierten, dass Transpersonen als „psychisch krank“ eingestuft werden müssen, damit ihr Geschlecht anerkannt wird.

2017 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es verfassungswidrig sei, dass man auf Geburtsurkunden nur die Geschlechtsvarianten „männlich“ und „weiblich“ anzukreuzen könne. Im Dezember verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das die Einführung einer dritten Geschlechtsoption auf amtlichen Formularen zur Anerkennung intersexueller Menschen erlaubt. Das Gesetz erlaubt es intersexuellen Menschen auch, ihren Vornamen und ihr Geschlecht auf Geburtsurkunden nachträglich ändern zu lassen. Personen, die sich für das dritte Geschlecht entscheiden, müssen ein ärztliches Attest vorlegen. Aktivisten zeigten sich besorgt, dass die neue Geschlechtsoption nur für Personen mit ärztlichem Attest und intersexuelle Menschen gelten werde, nicht aber für Transgender-Personen.

Im März berichtete die LGBTI-Zeitschrift Siegessäule über eine Reihe von Angriffen auf Trans-Sexarbeiterinnen in Berlin. Dem Bericht zufolge seien Männer in Gruppen vorgefahren, hätten die Opfer mit Gegenständen beworfen und sie mit Messern bedroht.

Soziale Stigmata HIV und AIDS

Die Nichtregierungsorganisation Deutsche AIDS-Stiftung berichtete von Fällen gesellschaftlicher Diskriminierung von Menschen mit HIV/AIDS, die von Isolation und negativen Äußerungen von Bekannten, Familie und Freunden bis hin zu Mobbing am Arbeitsplatz reichten. Eine deutsche AIDS-NGO wiederholte ihre Kritik an den bayerischen Behörden, die Asylbewerber zwangsweise auf HIV testeten.

Andere Fälle von Gewalt oder Diskriminierung in der Gesellschaft

Im März schrieben unbekannte Täter islamfeindliche Parolen an die Fatih-Moschee im Bremer Stadtteil Gröpelingen. Der Staatsschutz der Bremer Polizei nahm Ermittlungen auf. Der Vorsitzende der Fatih-Moschee, Zekai Gumus, rief den Bremer Senat und die Behörden auf, das Verbrechen aufzuklären und merkte an, dass die Polizei die Täter eines 2017 verübten Anschlags auf die Moschee bis dato noch immer nicht ermittelt habe.

Im Juli übergossen eine oder mehrere unbekannte Personen in Berlin zwei schlafende Obdachlose mit brennbarer Flüssigkeit und zündeten sie an. Beide Männer erlitten schwere Brandverletzungen. Am Jahresende waren die Ermittlungen der Polizei noch nicht abgeschlossen.

Zivilgesellschaftliche Organisationen berichteten erneut über die Durchführung diskriminierender Personenkontrollen durch die Polizei bei Angehörigen ethnischer und religiöser Minderheiten.

Abschnitt 7. Arbeitnehmerrechte

 

a. Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen

Grundgesetz, Bundesgesetze und Verordnungen gewährleisten das Recht von Arbeitnehmern, unabhängige Gewerkschaften zu gründen und diesen beizutreten sowie Tarifverhandlungen und rechtmäßige Streiks durchzuführen. Wilde Streiks sind nicht erlaubt. Die Diskriminierung von Gewerkschaftsmitgliedern ist laut Gesetz verboten, und es gibt Rechtsbehelfe, um Schadenersatz geltend zu machen, unter anderem zur Wiedereinstellung unrechtmäßig entlassener Arbeitnehmer.

Einige Gesetze und Verordnungen schränken diese Arbeitnehmerrechte ein. Beamten steht es frei, sich Gewerkschaften anzuschließen. Ihre Gehälter und Arbeitsbedingungen werden aber per Gesetz und nicht durch Tarifverhandlungen bestimmt. Alle Beamten im öffentlichen Dienst (darunter auch einige Lehrer und Mitarbeiter von Post, Bahn und Polizei) sowie Angehörige der Streitkräfte sind vom Streikrecht ausgenommen. Im Juni bestätigte das Bundesverfassungsgericht das für Beamte geltende Streikverbot und wies damit eine Klage von vier Lehrern ab, die ein Streikrecht durchsetzen wollten. Das Gericht erklärte, das Verbot stehe im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Arbeitgebern steht es im Allgemeinen frei, zu entscheiden, ob sie einen Tarifvertrag abschließen wollen. Auch Unternehmen, die sich dagegen entscheiden, sind zur Anwendung von Tarifvertragsbestimmungen verpflichtet, wenn das Ministerium für Arbeit und Soziales einen Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt. Arbeitgeber, die rechtlich nicht an einen Tarifvertrag gebunden waren, orientierten sich bei der Festlegung aller oder eines Teils der Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten dennoch häufig an Tarifverträgen. Arbeitgeber können vor Gericht die Verhältnismäßigkeit eines Streiks sowie das Recht einer Gewerkschaft, Streikmaßnahmen zu ergreifen, anfechten. Das Gesetz gibt für Streiks keine klaren Regelungen vor; Gerichte berufen sich hier häufig auf die Rechtsprechung und Präzedenzfälle.

Der Staat setzte die vorhandenen Gesetze wirksam durch. Maßnahmen von Arbeitgebern, die die Vereinigungsfreiheit oder das Recht auf Tarifverhandlungen einschränken oder dagegen verstoßen, sind unrechtmäßig und werden mit Geldstrafen belegt. Die verhängten Strafen waren angemessen und die Maßnahmen, um Abhilfe zu schaffen, waren ausreichend.

Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmensleitung und Betriebsräten ist gesetzlich geregelt. Darunter fällt auch das Recht der Arbeitnehmer, Informationen über betriebliche Maßnahmen des Unternehmens zu erhalten, die sie betreffen könnten. Die Betriebsräte sind von den Gewerkschaften unabhängig, haben aber oft enge Verbindungen zur Arbeiterbewegung der jeweiligen Branche. Eine Einmischung des Arbeitgebers in die Betriebsratswahlen oder die Tätigkeit des Betriebsrats wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet. Untersuchungen aus dem Jahr 2017 haben ergeben, dass eine erhebliche Anzahl von Arbeitgebern Einfluss auf die Wahl von Mitgliedern des Betriebsrates genommen oder versucht hat, Angestellte von der Bildung eines Betriebsrates abzuhalten. Aus diesem Grund riefen Gewerkschaften zu einer Stärkung von Gesetzen zum Schutz von Arbeitnehmern auf, die ihre gesetzlichen Rechte ausüben wollen.

In seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage aus dem Monat Februar erklärte das nordrhein-westfälische Justizministerium, dass im Jahr 2017 47 Strafanträge wegen der Behinderung von Betriebsräten gestellt wurden. In 38 Fällen konnte kein Vergehen festgestellt werden, in acht Fällen waren die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, in einem Fall wurde Anklage erhoben.

b.  Verbot von Zwangs- oder Pflichtarbeit

Das Grundgesetz und das Bundesrecht verbieten alle Formen der Zwangs- oder Pflichtarbeit. Das Strafmaß für Zwangsarbeit reicht von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe und war in der Regel ausreichend, um abschreckend zu wirken.

Die Behörden setzten die Gesetze effektiv durch, wenn Verstöße festgestellt wurden, allerdings bezweifelten Nichtregierungsorganisationen, dass ausreichend Ressourcen für Ermittlungen und die strafrechtliche Verfolgung solcher Straftaten zur Verfügung standen. Einige Menschenhändler erhielten Strafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, ein Vorgehen, das in Deutschland bei den meisten Straftaten üblich ist.

Es gab Berichte über Zwangsarbeit von Erwachsenen, hauptsächlich auf Baustellen und in der Gastronomie. Darüber hinaus wurden auch Fälle aus Privathaushalten und Industriebetrieben gemeldet. 2017 schloss die Polizei 11 Ermittlungsverfahren in Fällen von Menschenhandel zum Zwecke der Zwangsarbeit ab. In diesem Zusammenhang wurden 180 Opfer erfasst, die mehrheitlich aus Mazedonien (29 Prozent), Rumänien (22 Prozent) und Lettland (22 Prozent) stammten. Bei 39 Opfern (22 Prozent) war die Staatsangehörigkeit nicht bekannt.

Weitere Informationen dazu finden Sie im Deutschlandteil des Berichts zu Menschenhandel des US-Außenministeriums.

c.  Verbot von Kinderarbeit und Mindestalter für Beschäftigung

Laut Gesetz sind die schwerwiegendsten Formen der Kinderarbeit verboten. Es schreibt ein Mindestalter für Beschäftigung, Beschränkungen der Arbeitszeiten, Sicherheit am Arbeitsplatz und Gesundheitsauflagen für Kinder vor. Das Gesetz verbietet die Erwerbstätigkeit von Kindern unter 15 Jahren mit wenigen Ausnahmen: 13- und 14-Jährige dürfen bis zu drei Stunden täglich in landwirtschaftlichen Familienbetrieben arbeiten und bis zu zwei Stunden täglich Zeitungen austragen oder andere Dienstleistungen übernehmen, beispielsweise Kinder hüten oder Hunde ausführen, wenn der oder die Erziehungsberechtigte das erlaubt. Kinder zwischen 13 und 15 Jahren dürfen nicht während der Schulzeit, vor 8 Uhr morgens oder nach 18 Uhr abends arbeiten, ebenso wenig an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen. Die Arbeit darf kein Risiko für die Sicherheit, die Gesundheit oder die Entwicklung des Kindes darstellen und darf das Kind nicht von der Schule oder der Ausbildung fernhalten. Kinder dürfen nicht mit gefährlichen Materialien arbeiten, nichts tragen oder handhaben, das mehr als zehn Kilogramm wiegt, und keine Arbeiten ausüben, die eine schlechte Haltung erfordern oder sie erhöhter Unfallgefahr aussetzen. Kinder zwischen drei und 14 Jahren dürfen bei Kulturveranstaltungen auftreten, allerdings unter strengen Auflagen bezüglich der Art der Aktivität, der Stundenzahl und der Tageszeit.

Die Behörden setzten die betreffenden Gesetze effektiv durch und verhängten in der Regel Strafen, die eine abschreckende Wirkung hatten. Es gab einzelne Fälle von Kinderarbeit in kleinen Familienunternehmen wie Cafés, Restaurants, landwirtschaftlichen Betrieben und Lebensmittelgeschäften. Kontrollen der regionalen Aufsichtsbehörden sowie die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen und Rechtsbehelfe waren angemessen, um die weitgehende Einhaltung des Gesetzes sicherzustellen.

d.  Diskriminierung am Arbeitsplatz und in Bezug auf Beschäftigung

Das Gesetz schützt vor Ungleichbehandlung in allen Bereichen des Arbeitslebens, von der Einstellung über Selbstständigkeit und Beförderung bis hin zum beruflichen Aufstieg. Herkunft und Staatsangehörigkeit werden im Gesetz zwar nicht explizit als Diskriminierungsgründe aufgeführt, aber Opfer dieser Art von Diskriminierung haben andere Möglichkeiten, rechtliche Ansprüche geltend zu machen. Das Gesetz schreibt vor, dass Arbeitgeber Arbeitnehmer vor Diskriminierung am Arbeitsplatz schützen müssen.

Die Behörden setzten diese Gesetze und Vorschriften im Laufe des Jahres wirksam durch. Arbeitnehmer, die meinen, Opfer von Diskriminierung geworden zu sein, haben das Recht, offiziell Beschwerde einzulegen und angehört zu werden. Bleibt der Arbeitgeber untätig oder schützt die Arbeitnehmer nicht wirksam, sind die Beschäftigten berechtigt, sich diskriminierenden Situationen und Orten zu entziehen, ohne ihren Arbeitsplatz oder das Arbeitsentgelt zu verlieren. Bei Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgesetz können Opfer von Diskriminierung auf Unterlassung klagen und haben Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung sowie auf materiellen und immateriellen Schadenersatz, der durch Gerichtsbeschluss festgelegt wird. Das Strafmaß war angemessen, um abschreckende Wirkung zu entfalten.

Aus dem alle vier Jahre erscheinenden Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) für 2017 ging hervor, dass das Risiko, diskriminiert zu werden, bei den Arbeitsagenturen des Landes sehr hoch ist. So diskriminierten Mitarbeiter der staatlichen Arbeitsagenturen in einigen Fällen Alleinerziehende oder Menschen mit Behinderungen, was in einigen Fällen dazu führte, dass diesen Chancen auf dem Arbeitsmarkt entgingen. Die ADS betonte, dass Bewerber ausländischer Abstammung und mit ausländischen Namen selbst dann diskriminiert wurden, wenn sie ähnliche Qualifikationen wie andere Bewerber nachweisen konnten oder sogar höher qualifiziert waren.

Der ADS zufolge bezogen sich die meisten Beschwerden auf die Privatwirtschaft, wo weiterhin Hürden für Menschen mit Behinderungen bestehen.

2017 reichten in Berlin drei Lehrerinnen unabhängig voneinander Klagen gegen Schulen ein, an denen sie sich erfolglos beworben hatten, und beschuldigten die Schulen, sie abgelehnt zu haben, weil sie Kopftücher trugen. Die Schulen beriefen sich auf das Neutralitätsgesetz, das Lehrern das Tragen religiöser Symbole bei der Arbeit verbietet. Im Februar erhielt eine der Klägerinnen eine Entschädigung in Höhe von 8.680 Euro, nachdem das Berliner Arbeitsgericht geurteilt hatte, dass die Schule gegen das Gleichstellungsgesetz verstoßen hatte. Im Mai wies das gleiche Gericht eine Klage der zweiten Lehrerin ab und urteilte, die Verwaltung habe das Recht, Lehrer auf jeden anderen Posten der gleichen Einkommensstufe zu versetzen. Im Juli entschied das Berliner Arbeitsgericht zugunsten der dritten Klägerin und sprach dieser eine Entschädigung von etwa 7.000 Euro zu.

Im November sprachen die Landesarbeitsgerichte Berlin und Brandenburg einer Bewerberin aufgrund von Diskriminierung wegen ihrer Religion rund 5.000 Euro Schadenersatz zu. Die Bewerberin, ausgebildete Expertin für Informationstechnologie (IT), gab an, dass ihre Bewerbung als Lehrerin aufgrund ihres Kopftuchs nicht erfolgreich gewesen sei. Die ausgebildete IT-Expertin hatte sich um eine Stelle als Lehrerin beworben. Im Mai entschied das Arbeitsgericht, dass die Schule das Recht habe, die Religionsfreiheit der Lehrerin zu beschränken und von ihr zu verlangen, ohne Kopftuch zu unterrichten, weil Lehrer für junge Schülerinnen und Schüler eine Vorbildfunktion hätten. Das Landesarbeitsgericht sah keinen Anlass anzunehmen, dass der Schulfrieden durch das Tragen des Kopftuchs gefährdet gewesen wäre, und bezog sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2015, wonach für ein Kopftuchverbot eine Gefahr für den Schulfrieden vorliegen müsse.

Das Gesetz sieht gleichen Lohn für gleiche Arbeit vor. Im März gab das Statistische Bundesamt bekannt, dass Frauen im Jahr 2017 im Schnitt einen Brutto-Stundenlohn von 16,56 Euro erhielten, also durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer, deren Stundenlohn 21 Euro betrug. Das Statistische Bundesamt nannte unterschiedliche Gehälter je nach der Position, in der Frauen und Männer arbeiten, sowie ungleiche Anforderungen im Hinblick auf Führungserfahrung und andere Qualifikationen als wichtigste Gründe für die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern. Frauen waren in gut bezahlten Führungspositionen unter- und in einigen Niedriglohnbereichen überrepräsentiert (siehe Abschnitt 7.d). Die ADS berichtete, dass Frauen bei Beförderungen benachteiligt würden, häufig aufgrund von Karriereunterbrechungen zur Kindererziehung.

Das Gesetz sieht einen Frauenanteil von 30 Prozent in den Aufsichtsräten bestimmter börsennotierter Unternehmen vor. Zudem verpflichtet es etwa 3.500 Unternehmen, sich bis 2017 eigene Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen (Aufsichtsräte und oberste Management-Ebene) zu setzen und über die Zielgrößen und deren Erreichung öffentlich zu berichten. Infolgedessen stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der an dieses Gesetz gebundenen Unternehmen von ca. 20 Prozent im Jahr 2015 auf 30 Prozent im Jahr 2017. Der Anteil der Frauen in Managementpositionen der 200 wichtigsten Unternehmen stagnierte derweil bei acht Prozent.

Es gab auch Berichte über die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderungen sank 2017 auf 11,4 Prozent, womit sie immer noch erheblich über den Zahlen für die Gesamtbevölkerung lag (2017 durchschnittlich 5,7 Prozent). Arbeitgeber mit 20 oder mehr Angestellten müssen mindestens fünf Prozent ihrer Stellen an Menschen mit erheblichen Behinderungen vergeben, Unternehmen mit 20 bis 40 Angestellten müssen eine Stelle an eine Person mit Behinderung vergeben und Unternehmen mit 40 bis 60 Angestellten müssen zwei Stellen an Menschen mit Behinderungen vergeben. Unternehmen müssen jedes Jahr ein Formular beim Arbeitsamt einreichen, anhand dessen überprüft wird, ob sie die Einstellungsquoten für Menschen mit Behinderungen erfüllen. Bei Missachtung wird für jede Stelle, die nicht mit einer Person mit Behinderungen besetzt wurde, eine monatliche Geldbuße fällig. 2017 mussten mehr als 123.000 Arbeitgeber, die nicht genügend Menschen mit Behinderungen beschäftigten, Strafen zahlen.

Obwohl das Gesetz die Gleichbehandlung von ausländischen Arbeitnehmern vorsieht, gab es ein gewisses Maß an Lohndiskriminierung. So zahlten Arbeitgeber, insbesondere im Baugewerbe, Saisonarbeitern aus Osteuropa teilweise niedrigere Löhne als anderen.

e.  Zumutbare Arbeitsbedingungen

Der bundesweite Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde entspricht in Deutschland 47 Prozent des durchschnittlichen Stundenlohns für Vollzeitbeschäftigte und liegt damit unter dem international festgelegten Niedriglohnniveau, das bei zwei Dritteln des nationalen Durchschnittslohns liegt. Der Mindestlohn gilt nicht für Personen unter 18 Jahren, Langzeitarbeitslose, die seit weniger als sechs Monaten eine neue Beschäftigung haben, oder Auszubildende in der Berufsausbildung, unabhängig von ihrem Alter. Die folgenden Branchen legten durch Tarifverhandlungen ihre eigenen, höheren Mindestlöhne fest: die Baubranche, Elektriker, Maler und Lackierer, Gerüstbauer, Dachdecker, die Finanzwirtschaft, Forstwirtschaft und Gartenbau, Steinmetze, Schornsteinfeger, Reinigungsunternehmen, der Pflegebereich, die Fleischindustrie, die Berufsausbildungsindustrie, Bergbau-Spezialdienste und Zeitarbeitsfirmen.

Die Behörden setzten die Gesetze effektiv durch und überwachten die Einhaltung der gesetzlichen und branchenweiten Mindestlöhne und Arbeitszeiten mithilfe der der Zollbehörde untergeordneten Arbeitseinheit Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). 2017 überprüfte die FKS 52.000 Unternehmen und schloss 5.442 Strafverfahren ab.

Angestellte können gegen Unternehmen klagen, wenn der Arbeitgeber sich nicht an das Mindestlohngesetz hält. Gerichte können Arbeitgeber, die gegen die Vorschriften verstoßen, zu beträchtlichen Bußgeldern verurteilen.

Verordnungen auf Bundesebene legen eine reguläre Arbeitszeit von acht bis maximal zehn Stunden pro Tag fest und begrenzen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit auf maximal 48 Stunden. Für die 78 Prozent der Beschäftigten, für die direkt oder indirekt Tarifverträge gelten, betrug die durchschnittliche maximale Wochenarbeitszeit im Rahmen der gegenwärtigen Tarifverträge 37,7 Stunden. Dem Statistischen Bundesamt zufolge betrug die tatsächliche durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Vollzeitangestellten im Jahr 2016 41,7 Stunden. Nach maximal sechs Arbeitsstunden ist eine gesetzliche Pause vorgeschrieben; es müssen regelmäßige Pausen mit einer Gesamtlänge von mindestens 30 Minuten eingehalten werden. Des Weiteren sieht das Gesetz zusätzlich zu den gesetzlichen Feiertagen mindestens 24 Tage bezahlten Jahresurlaub vor.

Regelungen für Überstunden, Urlaub und die Bezahlung von Wochenendarbeit variierten je nach geltendem Tarifvertrag. Tarifverträge oder Einzelverträge untersagten die Verpflichtung, eine übermäßig hohe Zahl an Überstunden zu leisten, und schützten die Beschäftigten vor willkürlichen Forderungen des Arbeitgebers.

Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sind durch umfangreiche Gesetze und Verordnungen geregelt. Ein umfassendes Netz von Versicherungsträgern für Arbeitnehmer setzte die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz durch.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die entsprechenden Bundesministerien überwachten die Einhaltung der Standards für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und setzten diese mithilfe eines Netzwerkes staatlicher Stellen, einschließlich der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, effektiv durch. Auf kommunaler Ebene überwachten Berufs- und Wirtschaftsverbände – selbstverwaltete Körperschaften des öffentlichen Rechts, in denen Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften sitzen – sowie Betriebsräte die Sicherheit am Arbeitsplatz. Die Zahl der Inspekteure war ausreichend, um die Einhaltung zu gewährleisten.

Bei Vollzeitangestellten sank die Zahl der Arbeitsunfälle, aber die Zahl der tödlichen Unfälle am Arbeitsplatz stieg 2017 auf 451 an (2016: 425). Zu den meisten Unfällen kam es auf Baustellen, im Transportsektor, in der Postlogistik sowie in der Holz- und Metallverarbeitung.

Originaltext: Country Reports on Human Rights Practices for 2018

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