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Länderberichte über Religionsfreiheit 2018 – Bundesrepublik Deutschland
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Juni 21, 2019

A reflection in the lake of the Capitol building
(Foto: US-Außenministerium)

Die Abteilung für Demokratie, Menschenrechte und Arbeitsfragen des US-Außenministeriums gibt jedes Jahr die Länderberichte über Religionsfreiheit und Maßnahmen der Vereinigten Staaten zu deren Förderung heraus. Wir haben den Jahresbericht 2018 über Religionsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland vom 21. Juni 2019 übersetzt.

Zusammenfassung

Das Grundgesetz verbietet Diskriminierung und gewährleistet Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie die freie Religionsausübung. Die 16 Bundesländer verfügen bei der Anerkennung von Religionsgemeinschaften und in anderen Angelegenheiten über beträchtliche Unabhängigkeit. Nicht anerkannte Religionsgemeinschaften erhalten keine Steuervorteile. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und einige Landesämter für Verfassungsschutz beobachteten weiterhin die Aktivitäten bestimmter muslimischer Gemeinschaften. Die Behörden beobachteten auch die Scientology-Organisation, die über die anhaltende Diskriminierung ihrer Mitglieder durch staatliche Stellen berichtete. In einigen Bundesländern war für bestimmte Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, insbesondere Lehrer und Justizbeamte im Gericht, das Tragen religiöser Symbole wie beispielsweise Kopftücher weiterhin eingeschränkt oder gänzlich verboten. Während hochrangige Regierungsvertreter weiter antisemitische und islamfeindliche Haltungen verurteilten, äußerten sich einige Abgeordnete der Partei Alternative für Deutschland (AfD) im Bundestag und den Länderparlamenten erneut antisemitisch und islamfeindlich. Als Reaktion auf den wachsenden Antisemitismus haben die Bundesregierung und sieben Landesregierungen entsprechend der Empfehlung des 2017 vom Bundestag eingesetzten Expertenkreises Antisemitismus erstmals Antisemitismusbeauftragte ernannt. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung ist Ansprechpartner für jüdische Gruppen und koordiniert Maßnahmen der Bundesministerien zur Bekämpfung von Antisemitismus. Im Juli kündigte die Bundesregierung an, die Sozialleistungen für Holocaust-Überlebende im Jahr 2019 um 75 Millionen Euro zu erhöhen. Im März sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer, der Islam gehöre nicht zu Deutschland und das Land sei durch das Christentum geprägt. Im Mai ordnete die Bayerische Landesregierung an, dass in jedem öffentlichen Gebäude des Bundeslandes ein Kreuz deutlich sichtbar im Eingangsbereich angebracht werden müsse.

Es gab zahlreiche Berichte über antisemitische, islamfeindliche und christenfeindliche Vorfälle. Dazu gehörten tätliche Angriffe, verbale Belästigung, Drohungen, Diskriminierung und Vandalismus. Bei den meisten christenfeindlichen Vorfällen handelte es sich um Handlungen muslimischer Migranten, die sich gegen konvertierte Migranten richteten. Nach zahlreichen Medienberichten über mehrere antisemitische Angriffe und Meldungen über Mobbing mit antisemitischem Hintergrund an Schulen äußerten sich Juden besorgt über ihre Sicherheit. Der Polizeilichen Kriminalstatistik zufolge gab es im Berichtsjahr 1.799 antisemitische Straftaten, darunter 69 Vorfälle, in denen Gewalt angewendet wurde, was einen Anstieg um 20 Prozent im Vergleich zu den 1.504 antisemitischen Straftaten im Jahr 2017 darstellt, von denen 37 Gewalttaten waren. Die Polizeiliche Kriminalstatistik schreibt 93 Prozent dieser 2017 verübten Straftaten Rechtsextremisten zu. Eine die Jahre 2007 bis 2017 umfassende Langzeitstudie der Technischen Universität Berlin kam zu dem Ergebnis, dass der Antisemitismus im Internet das höchste jemals gemessene Niveau erreicht habe. Es gab Demonstrationen gegen Muslime, gegen den Islam und gegen das, was Teilnehmer als radikalen Islam bezeichneten. Die Römisch-Katholische Kirche und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gaben weiterhin öffentliche Erklärungen ab, die sich gegen Scientology richteten.

Die US-Botschaft und die fünf Generalkonsulate verfolgten die Reaktionen der Regierung auf religiöse Intoleranz und brachten ihre Besorgnis über antisemitische, christenfeindliche und islamfeindliche Taten zum Ausdruck. Botschaftsvertreter trafen sich regelmäßig im Innenministerium mit dem kurz zuvor ernannten Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung. Die Botschaft und die Generalkonsulate blieben mit einem breiten Spektrum von Religionsgemeinschaften und auf dem Gebiet der Menschenrechte tätigen Nichtregierungsorganisationen im Dialog, um über Belange der Religionsfreiheit und Möglichkeiten zur Förderung von Toleranz und Kommunikation unter den Religionsgemeinschaften zu sprechen.

 

Abschnitt I. Religiöse Demografie

Die US-Regierung geht von einer Bevölkerung von 80,5 Millionen Einwohnern aus (Schätzung vom Juli 2018). Inoffizielle Schätzungen, die auf der Volkszählung beruhen, und Zahlen, die von Religionsgemeinschaften zur Verfügung gestellt wurden, legen nahe, dass etwa 29 Prozent der Bevölkerung römisch-katholisch sind und 27 Prozent der EKD angehören – einer Gemeinschaft aus lutherischen, evangelisch-reformierten (calvinistischen) Kirchen und der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union. Andere protestantische Konfessionen wie die Neuapostolische Kirche, Baptistengemeinden und andere, nicht konfessionsgebundene Christen machen insgesamt weniger als ein Prozent der Gesamtbevölkerung aus. 2,4 Prozent der Bevölkerung sind orthodoxe Christen.

Nach Schätzungen der Regierung sind 6,3 Prozent der Bevölkerung Muslime; davon sind wiederum 75 Prozent Sunniten, 13 Prozent Aleviten und 7 Prozent Schiiten; die übrigen bezeichnen sich einfach als „Muslime“. Dem Innenministerium zufolge sind etwa 25 Prozent der Muslime kürzlich eingewandert; schätzungsweise 1,2 Millionen Geflüchtete kamen zwischen 2011 und 2015 aus überwiegend muslimisch geprägten Ländern. Der Anteil der jüdischen Bevölkerung wird sehr unterschiedlich geschätzt; der Zentralrat der Juden geht von 200.000 Personen aus. Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland meldete, dass die jüdischen Gemeinden Ende 2017 schätzungsweise 100.000 Mitglieder hatten. Laut dem Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienst (REMID), einer säkularen NGO, die religionswissenschaftliche Studien durchführt, gehören zu den Gruppen, die weniger als ein Prozent der Bevölkerung ausmachen, Buddhisten (270.000), Zeugen Jehovas (222.000), Hindus (100.000), Jesiden (100.000), die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzen Tage (Mormonen) (40.000), Sikhs (15.000) und Scientology (5.000 – 10.000). Die Schätzungen von REMID basieren nur auf Mitgliedern, die bei einer religiösen Gruppe registriert sind. Laut der gemeinnützigen Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland gehören 36 Prozent der Bevölkerung entweder keiner Religionsgemeinschaft an oder sind Mitglied einer Religionsgemeinschaft, die in den staatlichen Statistiken nicht erfasst wird.

 

Abschnitt II. Status der Achtung der Religionsfreiheit durch die Regierung

Rechts- und ordnungspolitischer Rahmen

Das Grundgesetz verbietet Diskriminierung aufgrund der religiösen Überzeugung und gewährleistet Glaubens- und Gewissensfreiheit, das freie Bekenntnis zu einer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung und freie Religionsausübung. Laut Grundgesetz gibt es außerdem keine Staatskirche. Das Grundgesetz legt fest, dass niemand verpflichtet ist, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren oder zur Teilnahme an religiösen Übungen gezwungen werden kann. Das Grundgesetz sieht Religionsunterricht im Lehrplan der öffentlichen Schulen vor. Die Eltern haben das Recht zu entscheiden, ob ihre Kinder daran teilnehmen. Es erkennt das Recht auf Gründung konfessioneller Privatschulen an. Das Grundgesetz gewährleistet das Recht, eine Religionsgemeinschaft zu gründen und sieht vor, dass sich jede Gruppe ohne Zwang zu privaten religiösen Zwecken organisieren darf. Es räumt registrierten Religionsgemeinschaften mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts die Möglichkeit ein, öffentliche Subventionen der Bundesländer zu erhalten und beim Militär, in Krankenhäusern und Justizvollzugsanstalten Gottesdienste anzubieten.

Das Strafgesetzbuch verbietet den Aufruf zu Gewalt oder willkürlichen Maßnahmen gegen Religionsgemeinschaften oder ihre Mitglieder sowie die Aufstachelung zum Hass gegen sie. Verstöße werden mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Es verbietet außerdem den Angriff auf die Menschenwürde von Religionsgemeinschaften oder ihrer Mitglieder durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumdung und sieht eine Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe vor, auch wenn Freiheitsstrafen selten verhängt werden. Das Verbot und die Strafen gelten auch für Äußerungen im Internet. Das Strafgesetzbuch verbietet, Gottesdienste oder religiöse Handlungen zu stören; Störern droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Nationalsozialistische Propaganda, das Leugnen des Holocausts und Volksverhetzung sind gesetzlich verboten und werden mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft.

Laut Gesetz darf die Bundesregierung „nichttraditionelle“ Religionsgemeinschaften als „Sekten“, „Jugendreligionen“ und „Jugendsekten“ einordnen, der Öffentlichkeit „genaue Informationen“ über sie zur Verfügung stellen und vor ihnen warnen. Unzulässig ist dabei allerdings, diese Gruppen als „destruktiv“, „pseudo-religiös“ oder „manipulativ“ zu bezeichnen. Gerichte urteilten in mehreren Fällen, dass der Staat Religionen gegenüber neutral bleiben muss und eine öffentliche Warnung aussprechen kann, wenn das Angebot einer Religionsgemeinschaft die Grundrechte einer Person gefährden oder die Person in physische oder finanzielle Abhängigkeit bringen kann.

Religionsgemeinschaften müssen eingetragen sein, wenn sie als gemeinnützige Vereine gelten und damit von der Steuerbefreiung profitieren wollen. Anträge auf Eintragung werden von den Landesbehörden geprüft und die Steuerbefreiung wird üblicherweise gewährt. Wenn die Entscheidung angefochten wird, unterliegt sie der gerichtlichen Prüfung. Religionsgemeinschaften, die eine Steuerbefreiung beantragen, müssen belegen, dass sie gemäß ihrer Satzung, Geschichte und Aktivitäten eine Glaubensgemeinschaft sind.

Die besondere Partnerschaft zwischen den Ländern und den als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften geht aus dem Grundgesetz hervor. Jede Religionsgemeinschaft kann den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts beantragen, der sie – wenn er gewährt wird – dazu berechtigt, von den Mitgliedern Beiträge in Höhe von durchschnittlich neun Prozent der Einkommensteuer zu erheben, die der Staat in ihrem Auftrag getrennt von der Einkommensteuer einzieht. Für den Einzug der Steuern zahlen Körperschaften des öffentlichen Rechts eine Gebühr an den Staat, aber nicht alle Gruppen mit diesem Status machen davon Gebrauch. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gewährt außerdem das Recht auf Steuerbefreiungen, die höher sind als jene für gemeinnützige Organisationen, Repräsentation in Aufsichtsräten öffentlich-rechtlicher Fernseh- und Rundfunkanstalten und auf arbeitsrechtliche Sonderregelungen, nach denen Angestellte, die beispielsweise in von den Religionsgemeinschaften geführten Krankenhäusern, Kindergärten und Nichtregierungsorganisationen arbeiten, dieser Gemeinschaft auch angehören müssen. Die Landesregierungen bezuschussen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die öffentliche Dienstleistungen anbieten, wie beispielsweise konfessionelle Schulen und Krankenhäuser. Aufgrund von historischen „Staatskirchenverträgen“, die bis in die Zeit vor der Weimarer Republik zurückreichen, unterstützen alle Bundesländer, mit Ausnahme von Bremen und Hamburg, die katholische Kirche und die EKD mit jährlich unterschiedlich hohen Beträgen.

Die Entscheidung über die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft wird laut Grundgesetz auf Länderebene getroffen. Die jeweiligen Länder machen ihre Entscheidung darüber an verschiedenen Bedingungen fest, darunter die Gewähr des dauerhaften Bestehens und des Mitgliederbestands der Gemeinschaft sowie die Achtung der verfassungsmäßigen Ordnung und der Grundrechte des Einzelnen. Etwa 180 Religionsgemeinschaften sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt, dazu gehören die katholische Kirche, die EKD, die Bahai, die Baptisten, die Christlichen Wissenschaftler, die Zeugen Jehovas, die Juden, die Mennoniten, die Methodisten, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, die Heilsarmee und die Siebenten-Tags-Adventisten. Außer der Ahmadiyya Muslim Jamaat, die in Hessen und Hamburg eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, wurde keiner anderen muslimischen Gemeinde dieser Status gewährt. Scientology wurde in keinem Bundesland als Körperschaft des öffentlichen Rechts oder als gemeinnütziger Verein anerkannt.

Einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zufolge verstößt das allgemeine Kopftuchverbot für Lehrerinnen gegen das Recht auf freie Religionsausübung. Die Umsetzung wird allerdings den Bundesländern überlassen, die besondere Umstände berücksichtigen können. Bayern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland entscheiden im Einzelfall. Schleswig-Holstein, Hamburg, und Bremen verbieten Lehrerinnen das Tragen von Kopftüchern nicht. In Hessen dürfen Lehrerinnen ein Kopftuch tragen, sofern sie damit nicht den „Schulfrieden“ stören oder die staatliche Neutralität gefährden. Ein Gesetz in Berlin verbietet sichtbare Zeichen der Religionszugehörigkeit bei Polizisten, Rechtsanwälten, Richtern, Strafverfolgungsbeamten und Lehrern an Grund- und Sekundarschulen. Das Berliner Gesetz erlaubt Lehrerinnen an bestimmten Institutionen, beispielsweise an Berufsschulen, das Tragen von Kopftüchern. In anderen Bundesländern schränken Gesetze das Tragen religiöser Symbole unter bestimmten Umständen ein.

Im April änderte der bayerische Landtag seine Gesetzgebung dahingehend, dass Richter, Staatsanwälte und Rechtsreferendare im Gerichtssaal keine religiösen Symbole mehr tragen dürfen.

Aus Sicherheitsgründen und aus Gründen der verkehrspolizeilichen Überwachung verbieten die Bundesgesetze das Verschleiern des Gesichts am Steuer. Verstöße werden mit einer Strafe von 60 Euro geahndet.

Einige Bundes- und Landesgesetze tangieren die Religionsausübung. Das Tierschutzrecht verbietet die Tötung von Tieren ohne Betäubung auch bei Anwendung halaler und koscherer Schlachtrituale. Es gibt jedoch Ausnahmeregelungen. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erlaubt sachkundigen Personen das Schlachten ohne Betäubung in einem registrierten Schlachthof unter Aufsicht des zuständigen Veterinäramts, wenn das Fleisch nur zum Verzehr durch Mitglieder von Religionsgemeinschaften bestimmt ist, die eine Schlachtung ohne Betäubung vorschreiben.

Laut Bundesrecht können Religionsgemeinschaften besonders ausgebildeten Personen erlauben, in den ersten sechs Monaten nach Geburt eines männlichen Kindes Beschneidungen durchzuführen. Ab einem Alter von sechs Monaten müssen Beschneidungen laut Gesetz „nach den Regeln der ärztlichen Kunst“ und ohne unnötige Schmerzen durchgeführt werden.

Alle Bundesländer bieten an öffentlichen Schulen Religions- und Ethikunterricht an. Religionsgemeinschaften mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder einer vergleichbaren Rechtsstellung, die ihnen durch eine Sondervereinbarung auf Landesebene eingeräumt wurde, können Religionslehrer ernennen und in Zusammenarbeit mit den Bundesländern den im Einklang mit dem Grundgesetz stehenden Religions-Lehrplan erarbeiten. Die Bundesländer kommen für die Gehälter der Lehrer auf. Die meisten öffentlichen Schulen bieten in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Kirche evangelischen und katholischen und, bei einer ausreichenden Zahl interessierter Schüler (meist zwölf, dies variiert aber je nach Bundesland), auch jüdischen Religionsunterricht an. In den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein wird teilweise auch islamischer Religionsunterricht angeboten, wobei die Lehrer je nach Bundesland von der Religionsgemeinschaft oder dem Land gestellt werden. In Bayern und Schleswig-Holstein wird dieser Unterricht vom Land angeboten, in den anderen Bundesländern sind die muslimischen Gemeinden oder muslimische Verbände dafür zuständig. In Hamburg und Bremen wird für alle Schülerinnen und Schüler von der evangelischen Kirche bzw. dem Bundesland nicht konfessionsgebundener Religionsunterricht angeboten.

In Bayern bieten Lehrerinnen und Lehrer für rund 15.000 Schülerinnen und Schüler in 219 Grundschulen und 118 weiterführenden Schulen im Rahmen eines 2019 auslaufenden Pilotprogramms Islamunterricht an. Seit dem Herbst wird in Nordrhein-Westfalen in 20 Berufsschulen islamischer Religionsunterricht angeboten.

Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen wollen, können sich davon befreien lassen. In einigen Bundesländern besteht die Möglichkeit, stattdessen Ethikunterricht zu wählen. Im Allgemeinen gestatten die Landesbehörden religiösen Gruppen die Einrichtung von Privatschulen, soweit grundlegende Vorgaben des Lehrplans eingehalten werden. Laut Grundgesetz besteht eine Schulpflicht und häuslicher Unterricht ist, auch wenn er mit dem Glauben begründet wird, verboten.

Deutschland ist Vertragspartei des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte.

 

Staatliche Praktiken

Im Januar schuf die Bundesregierung das Amt des Beauftragten für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. Felix Klein nahm seine Arbeit als erster Beauftragter im Mai auf. Der Einrichtung des Postens ging der Bundestagsbeschluss vom 18. Januar mit dem Titel „Den Antisemitismus entschlossen bekämpfen!“ voraus. Der Beschluss forderte die Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten und würdigte die 2017 gefällte Entscheidung der Regierung, die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance IHRA anzuerkennen. Darüber hinaus forderte er die Abschiebung von Ausländern, die zu antisemitischem Hass aufrufen, „entschlossenen“ Widerstand gegen die Bewegung Boycott, Divestment and Sanctions (BDS), die Fortsetzung der Bestrafung von Menschen, die den Holocaust leugnen oder trivialisieren sowie die Weiterfinanzierung von Projekten zur Bekämpfung von Antisemitismus, auch in Zusammenarbeit mit muslimischen Organisationen und Moscheen, sowie eine Fortsetzung der finanziellen Unterstützung für jüdische Gemeinden und Holocaust-Gedenkstätten. In einem Bericht unabhängiger Experten aus dem Jahr 2017 zum Antisemitismus im Land wurden ebenfalls die Ernennung eines Bundesbeauftragten für Antisemitismus sowie eine bessere Dokumentation und Bestrafung antisemitischer Verbrechen und verbesserte Beratungsleistungen für von Antisemitismus betroffene Menschen gefordert.

Klein kündigte im Oktober an, er plane die Einführung eines nationalen Verzeichnisses judenfeindlicher Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze. Bei einem Israelbesuch kündigte er eine Zusammenarbeit mit der israelischen Regierung an, um Drittstaaten zur Anerkennung der Antisemitismus-Definition der IHRA zu ermutigen und Verhaltenskodizes für die Interaktion von Regierungen mit Social-Media-Unternehmen zu entwickeln, um Antisemitismus im Internet zu bekämpfen. Am 20. Dezember kündigte Klein die Einführung einer bundesweiten Meldestelle für antisemitische Vorfälle an. Die Online-Plattform soll von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) betrieben werden, einer gemeinnützigen Organisation, die Zuschüsse vom Bund und von den Ländern erhält. Das Bundesinnenministerium kündigte ebenfalls an, ein separates Referat für Antisemitismus zu schaffen und zusätzliche Experten für jüdisches Leben im Referat für Kirchen, jüdisches Leben, Religionsgemeinschaften einzustellen. Klein ermutigte die Bundesländer wiederholt, ihre eigenen Antisemitismusbeauftragten einzusetzen.

Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Bayern, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen haben Antisemitismusbeauftragte eingesetzt. Die Verantwortungsbereiche waren in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich, beinhalteten aber im Allgemeinen den Ausbau von Kontakten zur jüdischen Gemeinde, die statistische Erfassung antisemitischer Vorfälle sowie die Entwicklung von Aufklärungs- und Präventionsprogrammen. Im November trafen sich der Bundes- und die Landesbeauftragten für Antisemitismus zum ersten Mal, um bewährte Verfahren zu besprechen und Bereiche zu identifizieren, in denen eine Zusammenarbeit möglich ist.

Im November eröffnete das Bundesland Baden-Württemberg eine Antidiskriminierungsstelle. Der Landesregierung zufolge soll sie als Anlaufstelle für Menschen dienen, die eine Form von Diskriminierung erfahren haben, einschließlich religiöser Diskriminierung.

Im März sprach sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet dafür aus, islamischen Organisationen den Status der Körperschaft öffentlichen Rechts zu gewähren. Im Januar beantragte die Ahmadiyya Muslim Jamaat in NRW den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts; der Antrag war zum Jahresende noch anhängig.

Im November kündigte das Bundesland Rheinland-Pfalz an, ein Abkommen mit der muslimischen Alevitischen Gemeinde unterzeichnen zu wollen. Der Staatskanzlei zufolge soll das Abkommen die Bedingungen für alevitische Feiertage und Religionsunterricht in den Schulen skizzieren. Am Jahresende boten vier Grundschulen in Rheinland-Pfalz alevitischen Religionsunterricht an. Die Regierung sollte das Abkommen im März 2019 unterzeichnen.

Im August gab das Bundesland Rheinland-Pfalz bekannt, es werde die Verhandlungen über einen „Religionsvertrag“ mit der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) und drei weiteren muslimischen Organisationen, Schura Rheinland-Pfalz, Ahmadiyya und dem Verband der Islamischen Kulturzentren, unterbrechen. Dieses Abkommen wäre eine Voraussetzung für die Einführung von islamischem Religionsunterricht an öffentlichen Schulen im ganzen Bundesland, aber das Bundesland orientierte sich an den Meinungen zweier Experten, die die Unabhängigkeit von DITIB von der türkischen Regierung und die „Verfassungstreue“ der Organisation als offizielle Partnerin des Landes in Frage stellten. Auch die Landesbehörden stuften DITIB und Schura als „verdächtig“ ein.

Im Dezember gab es Medienberichte, denen zufolge die hessische Landespolizei Ermittlungen um ein mögliches Neonazi-Netzwerk innerhalb der Frankfurter Polizei aufgenommen habe, nachdem eine Gruppe von Polizisten einen Drohbrief an eine deutsche Anwältin türkischer Abstammung geschickt hatte. Im August erklärten die Ermittler, die Untersuchung habe ergeben, dass Polizeibeamte mithilfe eines Arbeitscomputers ohne dienstlichen Anlass die persönlichen Daten des Anwalts abgerufen hätten; darüber hinaus habe eine Gruppe von fünf Polizeibeamten Neonazi-Inhalte und Bilder versendet. Die Behörden suspendierten die fünf Beamten vom Dienst; die Ermittlungen in dem Fall waren zu Jahresende noch nicht abgeschlossen.

Berichten des Bundesamts für Verfassungsschutz – dem Inlandsnachrichtendienst – und der Landesverfassungsschutzämter zufolge beobachteten der BfV und der LfV in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen die Aktivitäten von Scientology weiter, angeblich, indem sie Scientology-Veröffentlichungen und öffentliche Aktivitäten der Mitglieder auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin auswerteten. Nach der Eröffnung der neuen Repräsentanz von Scientology in Stuttgart sagte ein Sprecher des Landesverfassungsschutzamtes Baden-Württemberg, dass die Zahl der Mitglieder von Scientology landes- und bundesweit seit 1997 um ein Drittel gesunken sei und äußerte die Vermutung, dass die Überwachung von Scientology durch die Verfassungsschutzämter von der Mitgliedschaft abschrecke. Führende Mitglieder von Scientology bestritten die Aussage des Landesverfassungsschutzamts, dass die Mitgliederzahl zurückgegangen sei. Mindestens vier der großen politischen Parteien – die Christlich-Demokratische Union (CDU), die Christlich-Soziale Union (CSU), die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und die Freie Demokratische Partei (FDP) – schlossen Scientology nach wie vor von der Mitgliedschaft aus.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter für Verfassungsschutz überwachten weiterhin eine Reihe muslimischer Gruppierungen, darunter salafistische Bewegungen, die IS-Terrormiliz, die Hisbollah, die Hamas, die türkische Hisbollah, die Hizb ut-Tahrir, die Tablighi Jamaat, Millatu Ibrahim, das Islamische Zentrum Hamburg, die Muslimbruderschaft und Millî Görüş. Auf seiner Website erklärte der Landesverfassungsschutz NRW, die Muslimbruderschaft „lehnt Demokratie ab“.

Organisationen, die der Bundesverfassungsschutz überwachte, waren auch weiterhin der Ansicht, die Tatsache, dass sie als überwachungswürdig gelten, unterstelle, dass sie extremistisch seien. Dies schränke ihre Möglichkeiten ein, sich um staatlich geförderte Projekte zu bewerben.

Im Januar sprach das Hamburger Landgericht zwölf mutmaßliche Mitglieder der verbotenen Salafistenvereinigung Millatu Ibrahim frei. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hatte den Männern unter anderem vorgeworfen, 2013 eine Moschee im schleswig-holsteinischen Lübeck gestürmt und gedroht zu haben, alle Anwesenden, die nicht die Überzeugungen von Millatu Ibrahim teilten, zu töten. Die Staatsanwaltschaft sagte, sie sei von der Schuld der Angeklagten überzeugt, es sei aber nicht gelungen, ihnen die Taten nachzuweisen.

Seit Juli werden Hassverbrechen in Hamburg detaillierter registriert als zuvor. Till Steffen, Justizsenator des Stadtstaats Hamburg, sagte gegenüber der Tageszeitung Die Welt im Juni, die Zahlen wirkten sich positiv auf die Strafzumessung aus und machten gesellschaftspolitische Entwicklungen besser sichtbar. Steffen fügte hinzu: „Wir brauchen neue Quellen, um antisemitische Straftaten sichtbar zu machen.“ Dem Hamburger Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich zufolge bedeuten die neuen Erhebungsmethoden viel Mehrarbeit, aber bei der Bekämpfung von Hassverbrechen „lohnt jeder Fortschritt“.

Der bayerische Antisemitismusbeauftragte berichtete im September, in Bayern werde eine Hotline zum Anzeigen antisemitischer Vorfälle eingerichtet. Die bayerischen Behörden gaben an, die Hotline solle im Frühjahr 2019 den Betrieb aufnehmen.

Im Mai standen erstmals nationale Statistiken über die Zahl der islam- und christenfeindlichen Hassverbrechen zur Verfügung. Die Polizei hatte diese Kategorien 2017 zu ihrer Kriminalstatistik hinzugefügt. Antisemitismus wurde in der Kriminalstatistik des Bundesinnenministeriums bereits als eigene Kategorie erfasst.

Im Februar gab das Land Baden-Württemberg bekannt, dass es islamische Seelsorger für Justizvollzugsanstalten künftig selbst ausbilden wolle, anstatt die Ausbildung externen Organisationen zu überlassen. Medienberichten aus dem gleichen Monat zufolge hatte der Landesverfassungsschutz drei von 16 Imamen, die ihre Ausbildung extern gemacht hatten, nicht genehmigt, als Seelsorger im Gefängnis zu arbeiten, weil sie dem Verfassungsschutz zufolge Kontakt zu islamistischen Organisationen hatten.

Im Mai kündigte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder einen Erlass an, demzufolge in den Eingangsbereichen staatlicher Dienstgebäude gut sichtbar ein Kreuz angebracht werden muss. Söder sagte, der Erlass solle Bayerns geschichtliche und kulturelle Prägung zum Ausdruck bringen.

Im März wies das Bundesverfassungsgericht die Klage einer Frau ab, die mit Nikab Auto fahren wollte. Das Gericht urteilte, die Frau habe nicht ausreichend belegen können, dass das Gesetz, das das Fahren mit verhülltem Gesicht verbietet, ihre Religionsfreiheit einschränke.

Im März schloss die Polizei Koblenz eine disziplinarrechtliche Überprüfung eines muslimischen Polizeibeamten ab, der sich 2017 aus religiösen Gründen geweigert hatte, einer weiblichen Kollegin die Hand zu geben. Gegen den Polizeibeamten wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet, er musste ein schriftliches Bekenntnis zur Verfassung abgeben und wurde zur Zahlung einer Strafe in Höhe von 1.000 Euro verurteilt. Der Beamte wurde auch darüber in Kenntnis gesetzt, dass er im Dienst zukünftig keiner Frau den Handschlag verweigern darf und ihm anderenfalls die Entfernung aus dem Polizeidienst drohe.

Im Mai entschied das Berliner Arbeitsgericht gegen eine Berliner Lehrerin, die 2017 gegen das Schulsystem geklagt hatte, da sie von einer Grundschule in eine Schule für ältere Kinder versetzt worden war, weil Frauen mit Kopftuch aufgrund der im Land geltenden Bestimmungen keine jüngeren Kinder unterrichten dürfen. Das Gericht urteilte, die Verwaltung habe das Recht, ihre Lehrer auf jeden Posten gleicher Besoldungsstufe zu versetzen.

Im November sprach das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg einer Bewerberin wegen religiöser Diskriminierung rund 5.000 Euro Schadenersatz zu. Die ausgebildete Informatikerin, gab an, die Schule, an der sie sich als Lehrerin beworben habe, habe sie wegen ihres Kopftuchs abgelehnt. Im Mai hatte das örtliche Arbeitsgericht geurteilt, die Schule habe das Recht, ihre Religionsfreiheit einzuschränken und von ihr zu verlangen, ohne Kopftuch zu unterrichten, da Lehrer jungen Schülerinnen und Schülern als Vorbild dienten. Das Landesarbeitsgericht sah jedoch keinen Grund für die Annahme, dass der Schulfrieden durch das Tragen eines Kopftuchs gefährdet gewesen wäre, und bezog sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2015, wonach für ein Kopftuchverbot eine Gefahr für den Schulfrieden vorliegen müsse.

Im April gab das Ministerium für Integration des Landes NRW bekannt, es werde ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren – das Alter, in dem die sogenannte Religionsmündigkeit eintritt – prüfen. Der Integrationsminister sagte in einem Interview, das Tragen eines Kopftuchs sei eine selbstbestimmte Entscheidung, Kinder seien aber noch nicht selbstbestimmt genug, um eine solche Entscheidung zu treffen und dürften daher nicht dazu gedrängt werden. Kritiker des Verbots, darunter auch Lehrer, wollten wissen, wie das Verbot durchgesetzt werden solle. Die Bundesbeauftragte für Integration und die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sprachen sich gegen das Verbot aus, während der Parteivorsitzende der FDP, Christian Lindner, und die stellvertretende Parteivorsitzende der CDU, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, sich dafür aussprachen. Bis Jahresende hatte die Landesregierung NRW noch nicht über das Verbot entschieden; man rechne damit, dass über das Thema noch bis Ende 2019 debattiert werde.

Im April verließ eine muslimische Frau mit Nikab einen Empfang von Heiner Bernhard (SPD), dem Bürgermeister von Weinheim (Baden-Württemberg), nachdem sie der Bitte eines Mitarbeiters der Stadt, ihr Gesicht zu zeigen, nicht folgen wollte. Der Bürgermeister sagte: „Ich lege Wert darauf, meinem Gegenüber ins Gesicht zu schauen“, und dass er es für eine Bürgerpflicht halte, in einem demokratischen Land sein Gesicht zu zeigen. Kurz vor dem Vorfall hatte die Stadt es abgelehnt, einen Reisepassantrag für das Kind der Frau zu bearbeiten, weil sie sich geweigert hatte, für den laut Passgesetz erforderlichen Lichtbildabgleich ihr Gesicht zu zeigen. Bernhard sagte der Tageszeitung Die Welt dazu: „Zur Identitätsprüfung müssen wir das Gesicht der Frau sehen. Dafür hätte sie auch einen separaten Raum in unserem Rathaus aufsuchen können.“

Die Stadt Pforzheim teilte im September mit, sie habe eine Bestimmung aufgehoben, nach der muslimische Frauen, die auf ihrem Führerscheinfoto ein Kopftuch tragen wollen, einen von ihrer Moschee oder ihrer Glaubensgemeinschaft ausgestellten Nachweis über ihren Glauben vorlegen mussten. Einige Monate zuvor hatte ein Tweet einer Muslima über diese Anforderung in den sozialen Medien viel Kritik nach sich gezogen. Die neue Regelung verlangt Glaubensbescheinigungen nur noch, falls Zweifel an der religiösen Motivation von Personen angebracht sind, die auf dem Foto ein Kopftuch tragen möchten.

Im Februar stellte die AfD im Bundestag einen Antrag für ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum. Die AfD argumentierte dabei mit den Persönlichkeitsrechten muslimischer Frauen und gab an, die Vollverschleierung des Gesichts sei „Ausdruck der Unterdrückung von Frauen“ und einer bewussten Distanzierung von der „freiheitlichen westlichen Gesellschaft“. Am Jahresende debattierte der Ausschuss noch über diesen Antrag.

Im März wies das bayerische Verwaltungsgericht die Klage einer Rechtsreferendarin aus Augsburg ab, die 2014 gegen ein Urteil des bayerischen Justizministeriums geklagt hatte, demzufolge Justizreferendare im Gerichtssaal kein Kopftuch tragen dürfen. In erster Instanz war das Gericht 2016 der Argumentation der Klägerin gefolgt.

Im Juli stimmte die Mehrheit der Bürger Kaufbeurens (Bayern) in einem Bürgerentscheid dagegen, dem örtlichen DITIB-Ableger ein städtisches Grundstück für den Bau einer Moschee zu überlassen.

Im März urteilte das Oberverwaltungsgericht Münster (NRW), dass der Eigentümer eines Veranstaltungsortes diesen am Karfreitag nicht für eine Beschneidungsfeier vermieten dürfe. Mit diesem Urteil wurde ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom Dezember 2015 bestätigt. Die Beschneidung selbst hatte einige Wochen vor der geplanten Feier stattgefunden, und das Gericht hatte entschieden, dass eine so ausgelassene Beschneidungsfeier im Widerspruch zur Stille des christlichen Karfreitags stehe, die in mehreren Bundesländern im Gesetz verankert sei, so auch in Nordrhein-Westfalen.

Im Februar verbot das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die Übertragung des Gebetsrufs einer Moschee im Ort über Lautsprecher nach draußen. Anwohner hatten 2015 geklagt, und nach einer Gerichtsentscheidung musste die muslimische Gemeinde die Lautsprecherübertragung nach draußen beenden. Das Gericht begründete seine Entscheidung in diesem speziellen Fall mit dem Fehlen von Bürgerbeteiligung und Dialog bei der ursprünglichen Entscheidung der Stadt, den Gebetsruf zu erlauben, verbot den Gebetsruf aber nicht gänzlich. Im März kündigte die Stadt an, gegen die Entscheidung des Verbots des Gebetsrufes in Berufung zu gehen. Der Rechtsanwalt der Stadt verglich den Gebetsruf mit dem Läuten von Kirchenglocken und sagte, das Gericht habe die Religionsfreiheit der muslimischen Gemeinschaft nicht berücksichtigt.

Im Oktober entschied das Bundesarbeitsgericht über neue Richtlinien für die Rechte kirchlicher Arbeitgeber. In dem Fall wollte die zur EKD gehörende Wohltätigkeitsorganisation Diakonie eine Sozialarbeiterin nicht einstellen, weil diese keiner Religionsgemeinschaft angehörte. Aus der Stellenausschreibung ging hervor, dass die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche für die Einstellung vorausgesetzt wurde, jedoch urteilte das Gericht, dass die Diakonie die Einstellung nicht nur aus diesem Grund verweigern könne. Die Entscheidung des Gerichts besagt, dass kirchliche Arbeitgeber die Zugehörigkeit von Bewerbern zu einer Religionsgemeinschaft dann nicht mehr verlangen können, wenn sie nicht belegen können, dass diese für das Ausüben der Tätigkeit erforderlich ist.

Im März bestätigte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einstimmig, dass eine Gerichtsentscheidung aus dem Jahr 2013 nicht gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoße. Aufgrund des Urteils waren einige Kinder wegen Berichten über körperliche Züchtigung durch Stockschläge aus den bayerischen Gemeinschaften der Sekte Zwölf Stämme geholt und in Obhut genommen worden.

Im März verurteilte Außenminister Heiko Maas den wachsenden Antisemitismus an Schulen. Zuvor hatten Kinder muslimischer Einwanderer an einer Berliner Grundschule ein jüdisches Mädchen gemobbt, Berichten zufolge auch mit Todesdrohungen.

Im Mai verteilte das Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen Informationsmaterial zur Bekämpfung von antisemitischem Mobbing in Schulen an alle Schulen und Bildungsbehörden des Bundeslandes. Die Maßnahme folgte auf Berichte, denen zufolge 2017 mehr jüdische Schüler gemobbt worden waren als in den Vorjahren. CDU- und CSU-Politiker hatten Maßnahmen gefordert, auch, dass Schulen der Vermittlung religiöser Toleranz mehr Aufmerksamkeit einräumen sollten.

Im Dezember verabschiedete die Hamburgische Bürgerschaft einen Beschluss zur Stärkung der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus. Die Bürgerschaft bewilligte 300.000 Euro zusätzlich für Schulprogramme zur Bekämpfung von Antisemitismus, unter anderem auch durch Bildungsbesuche in ehemaligen Konzentrationslagern, Maßnahmen der Erwachsenenbildung und Antidiskriminierungsberatung. Die Bürgerschaft sagte, sie werde mit der Jüdischen Gemeinde in Hamburg und jüdischen Organisationen kooperieren und ihre Arbeit zur Bekämpfung von Antisemitismus unterstützen, und dass ihre Bemühungen auf rechtsextreme Gruppen abzielen würden.

Das brandenburgische Bildungsministerium und die Bildungsministerien der Länder Saarland und Rheinland-Pfalz unterzeichneten im Mai bzw. Juni gemeinsame Absichtserklärungen mit der Internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel über eine Zusammenarbeit in der Holocausterziehung in den Schulen der Länder. Im November gab das Hamburger Bildungsministerium Unterrichtsmaterialien von Yad Vashem heraus, die im Rahmen eines breit angelegten Projekts zur Bekämpfung von Antisemitismus in Schulen über jüdisches Leben informieren sollen. Yad Vashem gab an, mit 15 der 16 deutschen Bundesländer solche Vereinbarungen geschlossen zu haben.

Im Juni kündigte die baden-württembergische Landesregierung an, eine Reorganisation der islamischen Religionserziehung in öffentlichen Schulen zu planen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann schlug vor, wegen des Fehlens einer (einzigen) islamischen Partnerorganisation eine sunnitische Bildungsstiftung einzurichten, die als Vermittlungsorgan zwischen dem Bundesland und den verschiedenen muslimischen Verbänden fungieren könne. Die Landesregierung hat noch nicht über ein neues Modell der islamischen Religionserziehung entschieden und kündigte an, das bestehende System noch für ein weiteres Schuljahr fortzuführen.

Die alevitische Gemeinde bot weiterhin in acht Bundesländern gesonderten Religionsunterricht für etwa 1.400 Schüler an.

Im Juni wurde an der staatlichen Humboldt-Universität zu Berlin ein Institut für Islamische Theologie geschaffen, das 2019 mit der Ausbildung von Imamen und Religionslehrern beginnen sollte. Das Land Berlin sagte zu, das Institut bis zum Jahr 2022 mit Geldern in Höhe von 13,8 Millionen Euro zu fördern. Die Humboldt-Universität gründete das Institut in Zusammenarbeit mit drei muslimischen Verbänden – dem Zentralrat der Muslime, der Islamischen Föderation und der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden – und die Verbände sollten in die Auswahl der Professoren für das Institut eingebunden werden. Kritiker, darunter Studierendenorganisationen und die Berliner CDU, bemängelten den großen Einfluss, den die Verbände auf den Institutsbeirat haben bzw. die aus ihrer Sicht konservative Ausrichtung der Verbände.

Während der Landtagswahlen in Bayern im Oktober verteilte die bayerische AfD Wahlkampfposter, die „islamfreie Schulen“ forderten. Die Partei erklärte, sie wolle „weder Islamunterricht noch Kopftücher an den Schulen“.

Scientology berichtete nach wie vor von staatlicher Diskriminierung. „Sektenfilter“ – von potenziellen Arbeitnehmern zu unterzeichnende Erklärungen, aus denen hervorging, dass sie keinen Kontakt zu Scientology hatten – wurden im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft weiterhin angewendet. Scientology zufolge weigerte sich im September eine Münchner Schule, einen Lehrer einzustellen, weil dieser Scientology-Mitglied war. Scientology berichtete, der Staat habe auch Firmen diskriminiert, die Mitgliedern gehörten oder von ihnen geleitet würden. Scientology zufolge verlangten Beamte der Stadt Hamburg von einem Scientology-Mitglied, einen sogenannten Sektenfilter zu unterschreiben, als die Person für ihr Unternehmen ein Grundstück von der Stadt kaufen wollte.

Im April wies das Berliner Verwaltungsgericht eine Klage ab, die die Moscheenvereinigung „Neuköllner Begegnungsstätte“ (NBS) 2017 gegen das Verfassungsschutzamt eingereicht hatte. Die NBS hatte gegen die Aufführung ihres Namens im jährlichen Verfassungsschutzbericht geklagt und verlangt, dass nicht mehr berichtet werden solle, sie habe Verbindungen zur Muslimbruderschaft. Das Gericht urteilte, dass die Aussagen des Berliner Verfassungsschutzamtes, die NBS habe Kontakte zur Islamischen Gemeinschaft in Deutschland gehabt, in der wiederum Anhänger der Muslimbruderschaft organisiert seien, richtig seien.

Im Mai sagte ein Sprecher der Staatskanzlei NRW gegenüber Medien, dass die Landesregierung die Zusammenarbeit mit DITIB wegen des Einflusses der türkischen Regierung auf den Verband eingestellt habe.

Im Juli kündigten die Conference on Jewish Material Claims Against Germany, auch bekannt als Jewish Claims Conference, und die Regierung eine Erhöhung der staatlichen Förderung für Sozialleistungen für Holocaust-Überlebende um 75 Millionen Euro an, eine Erhöhung des jährlichen Beitrags von 405 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 480 Millionen Euro im Jahr 2019. Der Konferenz zufolge soll die Mittelerhöhung zusätzliche häusliche Pflege, Lebensmittelunterstützung, Medikamente und Transportdienstleistungen für Holocaust-Überlebende finanzieren.

Die Regierung setzte ihre Förderung einiger jüdischer Gruppen fort. Auf der Grundlage eines Staatsvertrages zwischen der Bundesregierung und dem Zentralrat der Juden in Deutschland erhöhte die Bundesregierung ihre Unterstützung für den Erhalt des jüdischen Kulturerbes, den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde und die Unterstützung von Integration und Sozialarbeit von jährlich zehn auf 13 Millionen Euro. Darüber hinaus förderte die Bundesregierung das Institut für Jüdische Studien in Heidelberg, das Seminar für Rabbiner an der Universität Potsdam und das Leo Baeck Institut, eine internationale Forschungsgruppe zur Geschichte und Kultur des deutschen Judentums.

Die Landesregierungen stellten jüdischen Gemeinden und Organisationen weiterhin Mittel in unterschiedlicher Höhe zur Verfügung, beispielsweise für die Renovierung und den Neubau von Synagogen. Der Bund übernahm weiterhin 50 Prozent der Kosten für die Pflege jüdischer Friedhöfe. Einheiten der Landes- und Bundespolizei gewährleisteten weiterhin die Sicherheit von Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen.

Im September stellte die Landesregierung NRW für den Zeitraum von 2018 bis 2028 einen auf 44 Millionen Euro veranschlagten Zehnjahresplan für die Modernisierung und den Neubau jüdischer Einrichtungen und Institutionen vor. Die Regierung gab an, die Förderung würde mit drei Millionen Euro beginnen und jährlich um 200.000 Euro angehoben werden, bis 2028 das höchste Finanzierungsniveau von fünf Millionen Euro erreicht sei. Unabhängig davon stellte das Land Nordrhein-Westfalen erneut drei Millionen Euro für die Unterstützung und Verbesserung der Sicherheit in jüdischen Gebäuden zur Verfügung.

Am 8. November übergab die Stadt Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt der Jüdischen Gemeinde ein Grundstück in der Innenstadt für den Bau einer neuen Synagoge. Für den Bau der Synagoge erhielt die Gemeinde 195.000 Euro von der Stadt und 300.000 Euro von der Lottogesellschaft des Landes Sachsen-Anhalt) sowie 700.000 Euro von der Bundesregierung. Der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Reiner Haseloff begrüßte den Bau der neuen Synagoge und sagte, sie würde die Sichtbarkeit jüdischen Lebens in der Stadt erhöhen.

Nach Angaben der Humanistischen Union, einer unabhängigen Bürgerrechtsorganisation, betrug die staatliche Förderung für die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland im Jahr etwa 538 Millionen Euro. Die Union gab an, ihre Schätzung auf der Grundlage der Haushalte der Bundesländer berechnet zu haben.

Im Juni organisierte die Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen sechs eintägige Informationsprogramme in sechs verschiedenen Städten mit dem Titel „Vielfältiger Islam versus gewaltbereiter Salafismus: Möglichkeiten der Intervention und Prävention“. Ziel war es, Lehrern und Erziehern zu helfen, zwischen dem Islam als Religion und dem, was die Organisatoren als gewalttätigen islamistischen Extremismus bezeichnen, zu unterscheiden und mit für religiösen Extremismus empfänglichen Jugendlichen zu arbeiten. Die Vortragenden waren muslimische und nicht-muslimische Akademiker, Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen und Mitarbeiter der Landesregierung. An den Programmen nahmen keine muslimischen Religionsführer teil.

Im Juli sagte das nordrhein-westfälische Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration dem Zentralrat der Muslime 160.000 Euro zur Förderung des Projekts „Vielfalt zum Anfassen: Schüler*innen gegen Antisemitismus“ zu.

Im Januar hob das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Landgerichts Wuppertal aus dem Jahr 2016 auf, sieben Mitglieder einer selbsternannten Scharia-Polizei von der Verletzung des Verbots des Tragens von Uniformen als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Position freizusprechen. Die Männer waren in gelben Westen mit dem Aufdruck Sharia Police durch Wuppertal gezogen, um gegen „nicht-muslimisches Verhalten“ vorzugehen. Das Bundesverfassungsgericht ordnete die Wiederaufnahme des Verfahrens durch das Landgericht an und begründete dies damit, dass das Gericht nicht berücksichtigt hatte, ob die Uniformen auf die Öffentlichkeit einschüchternd oder anderweitig bedrohlich gewirkt haben könnten. Bei Jahresende hatte das erstinstanzliche Gericht noch keinen neuen Verhandlungstermin anberaumt.

Am 9. Juli gab das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) mit Sitz in Berlin gemeinsam mit einigen anderen jüdischen Organisationen in Deutschland eine „Grundsatzerklärung zur Bekämpfung des Antisemitismus“ heraus. Die Erklärung lobte einige Aussagen von Bundes- und Landespolitikern sowie einige Initiativen der letzten Monate als „gut gemeint“, forderte die Regierung aber gleichzeitig dazu auf, ihre Politik mit konkreten Maßnahmen zu untermauern. Diesbezüglich wurde unter anderem die Notwendigkeit benannt, Opfer ernst zu nehmen, Antisemitismus als spezielle Form der Diskriminierung anzuerkennen und die Arbeitsdefinition Antisemitismus der IHRA anzuwenden. Die Unterzeichner riefen die kürzlich ernannten Antisemitismusbeauftragten des Bundes und einiger Länder dazu auf, effektivere Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus zu entwickeln und dabei auf die Erfahrungen von Opfern zurückzugreifen. Sie riefen auch Bundes- und Landesbehörden sowie staatlich finanzierte Institutionen dazu auf, sich explizit von allen Formen des Antisemitismus zu distanzieren, einschließlich solcher Kampagnen wie BDS.

Der stellvertretende Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Frankfurt, Uwe Becker, sprach sich bei zahlreichen Gelegenheiten gegen die anti-israelische BDS-Bewegung aus und forderte ein deutschlandweites Verbot von BDS. Im April sagte Becker, die Stadt Frankfurt werde „künftig nur noch mit Banken […] zusammenarbeiten, die keinerlei Geschäftsbeziehungen zu Organisationen der antisemitischen BDS-Bewegung unterhalten“. Im Juni fügte er hinzu, Künstler, die die BDS-Bewegung unterstützten, seien in Frankfurt nicht willkommen und Festivals oder Organisationen in Frankfurt, die BDS unterstützten oder ihren Unterstützern eine Plattform böten, riskierten den Verlust der städtischen finanziellen Förderung.

Im September verurteilte der Landtag NRW die BDS-Bewegung und ihre Aufrufe, israelische Produkte und Unternehmen sowie israelische Wissenschaftler und Künstler in Nordrhein-Westfalen zu boykottieren. Der Landtag rief darüber hinaus alle Einrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen dazu auf, der BDS-Kampagne keine Räumlichkeiten oder Flächen für Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen.

Im Dezember sagten führende Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf, sie glaubten, NRW könne noch mehr für die Bekämpfung des Antisemitismus tun und die Reaktionen des Landes auf die BDS-Bewegung seien nicht ausreichend und schwach.

Am 1. Januar führte das Land ein Verfahren zur Erfassung von Beschwerden und Verletzungen des Gesetzes gegen Hassrede (Netzwerkdurchsetzungsgesetz) ein, das Ende 2017 verabschiedet worden war. Das Gesetz verpflichtet die Betreiber sozialer Netzwerke mit mehr als zwei Millionen Nutzern, zu denen auch Facebook, Twitter und YouTube gehören, „offensichtlich illegale Inhalte“ innerhalb von 24 Stunden nach Meldung zu löschen, in komplexen Fällen binnen sieben Tagen. Die Betreiber müssen einen Vertreter in Deutschland benennen, der innerhalb von 48 Stunden auf Beschwerden reagieren kann. Betreibern, die systematisch gegen das Gesetz verstießen, drohten Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro. Am Jahresende hatte der Staat gegen keines der unter das Gesetz fallenden Unternehmen eine Strafe verhängt. Der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, berichtete, das neue Gesetz zeige kaum Auswirkungen auf die Ausbreitung des Antisemitismus und anderer Formen der Hassrede, da die entsprechenden Gruppen nun einfach andere, weniger öffentliche Formen sozialer Medien wie WhatsApp-Gruppen und Videospiel-Chatrooms nutzten, für die das Gesetz nicht gelte.

Im März erklärte Bundesinnenminister Seehofer, der Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“, den der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff und andere Politiker bekannt gemacht hatten, sei falsch. Er sagte: „Nein. Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Seehofer fügte hinzu, die Muslime im Land „gehören natürlich zu Deutschland“, der Islam gehöre aber nicht zur Kultur des Landes. Die Aussagen des Ministers führten zu einer öffentlichen Debatte über die Rolle des Islam und der Muslime in Deutschland. Bundeskanzlerin Merkel erklärte, dass für das Land zwar seine jüdisch-christliche Kultur bestimmend sei, „gleichzeitig aber vier Millionen Muslime hier in Deutschland leben“, die ihre Religion hier auch ausüben könnten. Mehrere muslimische Verbände kritisierten die Aussagen des Ministers. Gökay Sofuoglu, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Deutschland, sagte: „Diese wenig hilfreiche Debatte über den Islam in Deutschland wieder zu eröffnen, ausgerechnet in einer Zeit, in der Moscheen und Flüchtlingsunterkünfte brennen, zeigt, dass Herr Seehofer in der Rolle des Innenministers noch nicht angekommen ist.“ Er sagte außerdem: „Es ist nicht seine Aufgabe, zu entscheiden, wer zu Deutschland gehört und wer nicht.“ Als Reaktion auf Seehofers Äußerung sagte Burhan Kesici vom Islamrat: „Als Innenminister besitzt er nicht den Anstand, seine Meinung […] zurückzuhalten. […] Es wäre besser, die Realität anzuerkennen und Muslime als Teil der Gesellschaft zu sehen.“ Nur so könnten Vorurteile abgebaut werden. Ayman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, kommentierte: „Vor dem Hintergrund der Moscheebrände und der Zunahme islamfeindlicher Übergriffe hätte ich erwartet, dass der neue Innenminister sich demonstrativ hinter die deutschen Muslime stellt.“

Im September postete Hans Peter Stauch, Landtagsabgeordneter der AfD in Baden-Württemberg, ein Video mit dem Titel „Die Macht der Rothschilds“. Im Video wurde unter anderem behauptet, die Rothschilds, eine jüdische Bankiersfamilie, trügen die Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust. Der baden-württembergische Landesbeauftragte für Antisemitismus und die Landesvorsitzenden der Grünen, der SPD und der FDP kritisierten Stauch wegen der Verbreitung antisemitischer Verschwörungstheorien. Stauch entgegnete, er habe das Video ohne Kommentar hochgeladen und übe sein Recht auf freie Meinungsäußerung aus.

Im Januar twitterte die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch, die Kölner Polizei besänftige „barbarische, gruppenvergewaltigende muslimische Männerhorden“, nachdem die Polizei Neujahrsgrüße auf Arabisch getwittert hatte. Twitter sperrte vorübergehen das Konto von Storchs. Thomas Held, Sprecher der Kölner Polizei, bestätigte gegenüber den Medien, dass die Kölner Polizei Strafanzeige wegen möglicher Volksverhetzung gegen von Storch gestellt habe. Dies sei „ein ganz normales Vorgehen“, zu dem sie bei dem Verdacht, es könne sich um eine Straftat handeln, „rechtlich verpflichtet“ seien. Auch etwa 100 private Anzeigen gingen wegen von Storchs Tweet bei der Polizei ein. Twitter löschte außerdem einen Tweet der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel über „importierte, marodierende, grapschende, prügelnde, Messer stechende Migrantenmobs“, mit dem sie ihre Kollegin unterstützte.

Im Mai argumentierte Weidel in einer Bundestagsdebatte, die unkontrollierte Einwanderung von Muslimen gefährde den Wohlstand des Landes. Sie sagte: „Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“ Vertreter aller anderen im Parlament anwesenden Parteien reagierten mit Zwischen- und Buhrufen. Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble rief Weidel zur Ordnung, weil sie „alle Frauen mit Kopftuch“ diskriminiere.

Im Juli besuchte eine Gruppe AfD-Mitglieder aus dem baden-württembergischen Wahlbezirk Weidels im Rahmen einer vom Bundespresseamt geförderten Reise nach Berlin die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen in Brandenburg. Den Mitarbeitern der Gedenkstätte zufolge störten einige Teilnehmer die Führung immer wieder mit unangemessenen Kommentaren, wobei sie die Verbrechen der Nationalsozialisten bagatellisierten und die Existenz von Gaskammern in Zweifel zogen. Das Bundespresseamt gab an, ein Teilnehmer habe antisemitische Äußerungen gemacht. Der Staatsanwalt von Neuruppin, Wilfried Lehmann, ermittelte in dem Fall und sagte im November, dass die Staatsanwaltschaft mit einem Abschluss der Ermittlungen bis zum Ende des Jahres rechne und er bereits über ausreichend Beweise für einen Fall von Leugnung des Holocausts verfüge.

Am 26. April verurteilte der Bundestag die zunehmende Zahl antisemitischer Vorfälle und Übergriffe in Deutschland und betonte sein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels. „Es ist unerträglich, wenn jüdisches Leben in Deutschland ohne Angst nicht möglich ist“, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles. Volker Kauder, damals CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender, sagte: „Jeder hat einen Platz in dieser Gesellschaft, aber nicht der Antisemitismus.“

Im Mai bestätigte das Landgericht Rostock das Urteil einer niedrigeren Instanz aus dem Jahr 2016, die den AfD-Landtagsabgeordneten Holger Arppe der Volksverhetzung gegen Muslime für schuldig befunden hatte, weil er unter einem Pseudonym 2010 auf der rechten Website Politisch Inkorrekt islamfeindliche Kommentare gepostet hatte. Das Gericht erhöhte die gegen Arppe verhängte Geldstrafe von 6.300 Euro auf 9.000 Euro.

Am 8. Februar verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart den Gründer der verbotenen Neonazi-Website Altermedia wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung und Volksverhetzung zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe. Drei Frauen, denen vorgeworfen wurde, die Website und die Volksverhetzung zu unterstützen, wurden zu Bewährungsstrafen von acht Monaten bis zwei Jahren verurteilt. Das Gericht erklärte die Plattform zu einer kriminellen Vereinigung. Dort waren Texte veröffentlicht worden, die den Holocaust leugneten und sich gegen Juden, Einwanderer und Ausländer richteten. 2016 verbot der Bundesinnenminister die Seite.

Dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) zufolge distanzierten sich politische Parteien weiterhin von islamischen Verbänden, weil sie befürchteten, dass andere Länder und ausländische Organisationen Muslime mit finanziellen Anreizen und durch die Entsendung radikaler Imame an Moscheen in Deutschland beeinflussen könnten.

Im Rahmen des Koalitionsvertrags zwischen den Regierungsparteien CDU/CSU und SPD einigte sich die Koalition darauf, den 2006 begonnenen Dialog zwischen Regierungsvertretern und Muslimen im Land in der Deutschen Islamkonferenz fortzusetzen. Ziel der Konferenz war es, die religiöse und gesellschaftliche Beteiligung der Muslime in Deutschland zu verbessern, den Beitrag der Muslime zur Gesellschaft stärker anzuerkennen und, mangels einer zentralen Organisation zur Vertretung aller Muslime im Land, die Partnerschaften zwischen der Regierung und den islamischen Organisationen auszubauen. Im November hielt die Regierung ihre vierte Islamkonferenz ab. An der zweitägigen Konferenz nahmen 240 Personen teil. Unter den Teilnehmern der Konferenz waren Vertreter muslimischer Organisationen, Gemeinden, Wissenschaftler und Aktivisten. Innenminister Seehofer rief die muslimischen Gemeinden auf, ihre Verbindung zu Geld und Einfluss aus dem Ausland abzubrechen, ihre eigenen Ausbildungssysteme für die Imame in Deutschland zu entwickeln und die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung zu verstärken. Die Integrationsbeauftragte des Bundes, Annette Widmann-Mauz, wiederholte die Besorgnis angesichts der ausländischen Finanzierung von Moscheen in Deutschland und sagte: „Wer Teil von Deutschland sein will, kann nicht Teil von Ankara bleiben.“

Im Januar schlug Sawsan Chebli, eine Berliner Parlamentsabgeordnete palästinensischer Herkunft, vor, dass die Regierung von „jedem, der in diesem Land lebt“, verlangen solle, zumindest einmal ein Konzentrationslager zu besuchen. Sie fügte hinzu, dass neu eingetroffene Einwanderer die Gedenkstätten im Rahmen ihrer Integration in die Gesellschaft besuchen sollten, um sie für die Verbrechen der Nationalsozialisten gegen Juden zu sensibilisieren und Antisemitismus zu bekämpfen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland und der Jüdische Weltkongress unterstützten den Vorschlag. Der Präsident des Zentralrats sagte im Deutschlandfunk, Migranten, die geflohen oder aus ihren Heimatländern vertrieben worden seien, könnten durch den Besuch der Gedenkstätten Empathie entwickeln. Der Vorschlag löste eine Debatte aus und wurde nicht aufgegriffen. Kritiker meinten, solche Besuche sollten freiwillig und mit vorheriger Aufklärung über den Holocaust stattfinden. Günter Morsch, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Leiter der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen, sagte: „Es scheint mir illusorisch zu glauben, ein solcher Besuch könne dazu beitragen, fest verankerte Vorurteile abzubauen.“

Im März richtete der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet als erster Ministerpräsident des Bundeslandes ein Iftar-Abendessen in der Staatskanzlei aus.

Im April schuf die Regierung im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Position eines Bundesbeauftragten für weltweite Religionsfreiheit und ernannte Markus Grübel zum ersten Beauftragten. Grübel erklärte, die Regierung wolle ein klares Zeichen dafür setzen, welche Bedeutung sie der Religionsfreiheit und der Stärkung gemeinsamer Werte beimesse.

Deutschland ist Mitglied der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA).

 

Abschnitt III Status der Achtung der Religionsfreiheit durch die Gesellschaft

Es gab zahlreiche Berichte über antisemitische, islamfeindliche und christenfeindliche Vorfälle, darunter Überfälle, verbale Belästigung, Drohungen, Diskriminierung und Vandalismus. Bei den meisten christenfeindlichen Vorfällen griffen muslimische Migranten konvertierte Migranten an. Zahlen des Bundesinnenministeriums zufolge gab es im Berichtsjahr 1.799 antisemitische Straftaten, darunter 69 Vorfälle, in denen Gewalt angewendet wurde, was einem Anstieg von 20 Prozent im Vergleich zu den 1.504 antisemitischen Straftaten im Jahr 2017 bedeutet, von denen 37 Gewalttaten waren. Das Innenministerium ordnete 93 Prozent der Vorfälle im Jahr 2017 der rechtsextremen Szene zu, gab aber an, dass die Methodik nicht präzise sei.

Dem jährlichen Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz zufolge sank die Zahl antisemitischer Vorfälle mit rechtsextremem Hintergrund von 31 im Jahr 2016 auf 28 im Jahr 2017. Aus dem Bericht ging hervor, dass die Zahl der Mitglieder von Neonazigruppen mit ungefähr 6.000 konstant blieb.

Die Nichtregierungsorganisation Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS), bei der Opfer antisemitische Vorfälle unabhängig von einer Anzeige bei der Polizei melden können, berichtete über 527 antisemitische Vorfälle in Berlin in den ersten sechs Monaten des Jahres, darunter 18 mit Gewaltanwendung oder versuchter Gewaltanwendung. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 514 Vorfälle gewesen. Die von RIAS verwendeten Kategorien unterschieden sich von denen der offiziellen Polizeistatistik; mitgezählt wurden auch antisemitische Vorfälle, die nicht die Kriterien einer Straftat erfüllten, wie beispielsweise „verletzendes Verhalten“.

Dem Antisemitismusbeauftragten in Bayern zufolge nahmen die antisemitischen Vorfälle in dem Bundesland zu. Er sagte, die Täter seien Links- und Rechtsextreme sowie Mitglieder der muslimischen Gemeinde.

2017, im ersten Jahr, in dem die Behörden islam- und christenfeindliche Vorfälle erfassten, verzeichnete das Innenministerium 1.075 gegen Muslime und muslimische Einrichtungen gerichtete Vorfälle, darunter 56 Fälle mit Körperverletzung. Weitere gemeldete Verstöße waren unter anderem Hetze gegen Muslime im Internet, per E-Mail und aggressives Verhalten im öffentlichen Raum. Das Ministerium registrierte außerdem etwa 90 Demonstrationen gegen die „Islamisierung Deutschlands“.

Das Innenministerium zählte 2017 129 gegen Christen gerichtete Vorfälle, darunter 34 mit Gewaltanwendung. Die Mehrheit dieser Vorfälle wurde als religiös motiviert eingestuft. In mindestens 14 Fällen handelte es sich bei den Opfern um Flüchtlinge. Die Medien berichteten, Flüchtlinge, die vom Islam zum Christentum konvertierten, seien aggressivem Verhalten von Muslimen ausgesetzt, insbesondere, wenn sie im gleichen Flüchtlingsheim wohnten.

Im Februar schoss ein unbekannter Täter mit einem Luftgewehr von einem Hochhaus aus auf eine Moschee in Halle und verletzte dabei einen Syrer. Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoğuz (SPD), besuchte den Ort und unterhielt sich mit Mitgliedern der muslimischen Gemeinde. Im Juni gaben eine oder mehrere nicht identifizierte Personen in der Nähe der gleichen Moschee mit einem Luftgewehr Schüsse ab, die einen Mann syrischer Herkunft trafen. Die Polizei ermittelte, hatte aber bis Jahresende in den beiden Fällen noch keine Tatverdächtigen identifiziert.

Am 3. Juni pöbelten RIAS zufolge drei Männer vier Teenager an, die sich auf einem Mobiltelefon an einer Berliner U-Bahn-Haltestelle ein israelisches Lied anhörten. Die Männer fragten den Besitzer des Telefons, ob er Jude sei. Als er ja sagte, erzählten sie ihm, dass sie aus Gaza-Stadt stammten, dass Juden dort seit 70 Jahren Kinder töteten, dass sie ihm, sollte er hier wieder auftauchen, die Kehle durchschneiden würden und nannten ihn einen „Scheiß-Juden“. Dann versuchten die Männer, den Besitzer des Telefons auf die U-Bahn-Gleise zu drängen und verletzten einen der anderen Jugendlichen mit einer Glasscherbe. Die Angreifer flohen bei Eintreffen der Polizei. Es gab keine Festnahmen.

Im September sagte der Präsident des jüdischen Amateursportclubs Makkabi Deutschland, Alon Meyer, die Clubmitglieder sähen sich während Sportveranstaltungen zunehmend antisemitischen Angriffen von anderen Wettkämpfern ausgesetzt; diese reichten von Beleidigungen bis hin zu physischer Gewalt und Messerangriffen. Laut Meyer wurden sie unter anderem mit „Drecksjude“ oder „Juden ins Gas“ beleidigt. Er fügte hinzu: „Es fängt an bei judenfeindlichen Parolen und ging bis hin zu Handgreiflichkeiten und Messerattacken.“ Meyer führte die Angriffe auf die zunehmende Zahl an Migranten und Flüchtlingen mit muslimisch-arabischem Hintergrund zurück.

Im Februar verurteilte das Landgericht Traunstein (Bayern) einen Afghanen zu lebenslanger Haft. Das Gericht befand den Mann für schuldig, im Jahr 2017 eine Frau unter anderem deshalb erstochen zu haben, weil sie vom Islam zum Christentum konvertiert war. Laut Gericht tötete der Angreifer das Opfer, das ebenfalls aus Afghanistan stammte, vor den Augen seiner jungen Söhne.

Am 31. August verurteilte das Landgericht Dresden einen Mann wegen versuchten Mordes, versuchter Brandstiftung und des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion bei einem Sprengstoffanschlag auf eine Moschee im Jahr 2016 zu neun Jahren und acht Monaten Haft.

Im Juni berichtete die Polizei, drei Rechtsextreme hätten einen jüdischen Mann aus Dortmund angegriffen, versucht, ihn mit Schlägen am Kopf zu treffen, und ihn beleidigt. Das Opfer sagte, die Angreifer hätten es beleidigt und den Hitlergruß gezeigt, als es am gleichen Tag nochmals auf sie traf. Der Staatsschutz in Dortmund veröffentlichte einen Zeugenaufruf und leitete Ermittlungen ein, die Ende des Jahres noch andauerten. Drei Tage zuvor hatte das Opfer ausgesagt, die drei Männer hätten es gestoßen und antisemitisch beleidigt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Polizei die Personaldaten der mutmaßlichen Täter überprüft und Ermittlungen wegen möglicher Anklagepunkte, einschließlich Volksverhetzung, aufgenommen.

Im Juli griff ein 20-jähriger Deutscher palästinensischer Abstammung in Bonn einen durchreisenden israelischen Hochschulprofessor der Johns Hopkins University an. Als er den Professor sah, rief der Angreifer: „Kein Jude in Deutschland!“ und riss ihm die Kippa vom Kopf. Der Angreifer floh bei Eintreffen der Polizei. Die Polizei ging irrtümlich davon aus, das Opfer sei der Angreifer, und ging bei der Festnahme hart vor. Die Polizei nahm den mutmaßlichen Täter später fest und legte ihm Volksverhetzung und Körperverletzung zur Last. Später wurde er auf freien Fuß gesetzt. Die Polizei in Köln eröffnete wegen des Vorgehens der Bonner Polizei ein internes Ermittlungsverfahren, und die am Vorfall beteiligten Polizeibeamten wurden angewiesen, bis zum Abschluss der Ermittlungen Schreibtischarbeit zu erledigen.

Im April beleidigten drei Männer in Berlin zwei Männer mit Kippa, die auf der anderen Straßenseite gingen. Vor Gericht erklärten die Opfer, die Angreifer hätten ihnen auf Arabisch Beleidigungen zugerufen. In einem Video sieht man einen der Täter, einen syrischen Flüchtling, wie er auf dem Weg zu einem der Opfer die Straße überquert, es mit einem Gürtel schlägt und das arabische Wort für „Jude“ ruft. Das Opfer war ein arabischer Israeli, der die Kippa als Geschenk erhalten hatte. Das Amtsgericht Berlin Tiergarten verurteilte den Angreifer zu vier Wochen Haft. Die Behörden ließen den Mann, der sich zwei Monate in Untersuchungshaft befunden hatte, sofort frei, da diese Zeit auf das Urteil angerechnet wurde. Der Mann beantragte eine Entschädigung für die Zeit, die er über das Urteil hinaus eingesessen hatte, was die Behörden ablehnten. Sein Rechtsanwalt gab im Juli an, er wolle gegen die Entscheidung, die Entschädigung zu verweigern, Einspruch erheben, zog den Einspruch aber im Oktober zurück.

Am 26. August organisierten die AfD und die Vereinigung Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (PEGIDA) in Chemnitz eine friedliche Demonstration, nachdem ein Bürger der Stadt angeblich von zwei Flüchtlingen aus Syrien und Irak getötet worden war. Am gleichen Tag demonstrierten etwa 800 Personen in der Innenstadt von Chemnitz, skandierten Berichten zufolge ausländerfeindliche Parolen und versuchten, Personen anzugreifen, die wie Migranten aussahen; dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Am 27. August griffen zwölf Personen den jüdischen Eigentümer des Restaurants Schalom in Chemnitz an, riefen „Judenschwein, verschwinde aus Deutschland!“, bewarfen das Lokal mit Steinen und Flaschen und verwundeten den Eigentümer, bevor sie wegrannten. Am Jahresende ermittelte die Polizei noch in dem Fall. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer verurteilte den Angriff, der am Rande von Übergriffen in der Stadt erfolgte, aufs Schärfste. Am gleichen Tag gingen in Chemnitz Presseberichten zufolge etwa 6.000 rechte Demonstranten und 1.500 Gegendemonstranten auf die Straße. Die Nachrichtensendungen zeigten Demonstranten, die ausländerfeindliche Parolen riefen und den Hitlergruß zeigten. Zwei Polizisten und 18 Demonstranten wurden verletzt. Da ethnische Abstammung und Religion oft eng miteinander verbunden sind, war es schwierig, die Demonstrationen einzig aufgrund von religiöser Identität zu kategorisieren.

Im Mai schlug ein 67-Jähriger angeblich eine Frau mit Kopftuch an einer Bushaltestelle in Berlin ins Gesicht. Der Mann hatte die Frau nach ihrem Kopftuch gefragt. Sie antwortete, sie sei Muslima und trüge es gerne. Die Polizei identifizierte einen Verdächtigen und eröffnete ein Ermittlungsverfahren.

Im August verurteilte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten eine 68-Jährige wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung, weil sie im Januar eine Muslima ins Gesicht geschlagen und versucht hatte, ihr das Kopftuch vom Kopf zu reißen. Das Opfer und seine Tochter konnten die Täterin bis zum Eintreffen der Polizei festhalten. Das Gericht verurteilte sie zu einer Geldbuße in Höhe von 2.400 Euro.

Bei verschiedenen Zwischenfällen im März warfen Unbekannte Molotow-Cocktails auf eine Moschee in Berlin, einen türkischen Club in Meschede und ein türkisches Gemüsegeschäft in Itzehoe. Die Süddeutsche Zeitung berichtete, dass zwischen Mitte Januar und Mitte März 26 Anschläge auf Moscheen verübt worden waren, von denen 18 DITIB angehören. Nach einem Anschlag mit Molotow-Cocktails auf ein Gebäude der muslimischen Gruppe Millî Görüş in Lauffen am Neckar im März, sagten der gleichen Zeitung zufolge mutmaßlich türkische Kurden in einem Online-Video, der Anschlag sei die Vergeltung für den Angriff der türkischen Armee auf die nordsyrische Stadt Afrin. In einer gemeinsamen Erklärung erläuterten DITIB, der Zentralrat der Muslime und der Islamrat den Eindruck der muslimischen Gemeinde, Politiker und die Öffentlichkeit nähmen ihre Sorge bezüglich ihrer Sicherheit und der ihrer Moscheen nicht ernst. Bis Jahresende ermittelte die Polizei und hatte in diesen Fällen noch niemanden festgenommen.

Ein jüdisch-israelischer Restaurantbesitzer in Berlin, der 2017 in einem weit verbreiteten Video als Opfer eines verbalen antisemitischen Angriffs zu sehen war, erhielt Todesdrohungen und Hassmails, und sein Restaurant wurde mit Feuerwerkskörpern beworfen. Medienberichten vom September zufolge füllten die an ihn gerichteten Hassmails 31 Seiten. Die Polizei ermittelte, konnte aber die Absender der Todesdrohungen nicht identifizieren. Der Mann, der 2017 ursprünglich gegen den Restaurantbesitzer gehetzt hatte, wurde im Juli zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt.

Die Jüdische Gemeinde in Düsseldorf teilte mit, dass die Schülerzahlen an zwei jüdischen Schulen, die sie in der Stadt unterhalte, aufgrund von zunehmendem Antisemitismus an Schulen in Düsseldorf in die Höhe geschossen seien. Die Schulen, die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung finanziert werden, seien gegründet worden, um jüdische Schüler in der Stärkung ihrer jüdischen Identität zu unterstützen. Die meisten Schüler meldeten sich allerdings an der Schule an, weil sie einen Ort suchten, an dem sie vor dem zunehmenden Mobbing wegen ihres jüdischen Glaubens geschützt seien. Mitarbeitern des nordrhein-westfälischen Bildungsministeriums zufolge ging ein Großteil des Antisemitismus an Schulen von den Eltern der Schüler und den Medien aus, und Antisemitismus unter muslimischen Kindern sei besonders schwer zu bekämpfen.

Die katholische Kirche und die evangelische Kirche in Deutschland lehnten Scientology weiterhin öffentlich ab. Sogenannte „Sektenbeauftragte“ oder „Stellen für Weltanschauungen“ der katholischen Kirche und der EKD untersuchten „Sekten und Kulte“ und informierten die Öffentlichkeit darüber, inwiefern die Gruppen ihres Erachtens eine Gefahr darstellten. Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen warnte die Öffentlichkeit auf ihrer Website vor den Gefahren, die ihrer Meinung nach von verschiedenen Religionsgruppen wie Scientology, der Familienföderation für Weltfrieden und Vereinigung (Vereinigungskirche), Bhagwan-Osho, Transzendentale Meditation und Universelles Leben ausgingen, und druckte weiterhin kritische Publikationen über diese Gruppen.

Aus einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung zur Diskriminierung von Migranten auf dem Arbeitsmarkt, die im Juni veröffentlicht wurde, ging hervor, dass Muslime bei der Arbeitsplatzsuche diskriminiert wurden. Der Studie mit über 6.000 fiktiven Bewerbungen zufolge war die Wahrscheinlichkeit, dass muslimische Bewerber eine positive Antwort erhielten, um das Siebenfache geringer als bei gleichermaßen qualifizierten christlichen Konkurrenten.

Im April hielt die Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit und Beratung bei Rassismus und Antisemitismus (SABRA) eine ganztägige Konferenz über Antisemitismus und Flüchtlinge ab. SABRA wurde 2017 von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf als neue Servicestelle zur Bekämpfung von Antisemitismus gegründet. SABRA ist Teil eines Netzwerks von Organisationen in ganz NRW, die Einwanderern bei der Integration in die Gesellschaft helfen sollen und von der Landesregierung unterstützt werden. Die Teilnehmer der Konferenz erklärten, dass es in Deutschland zwar schon immer Antisemitismus gegeben habe, der Zustrom einer großen Zahl vorwiegend muslimischer Flüchtlinge den Antisemitismus aber verschlimmert habe. Die Stelle bot Opfern von Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung Unterstützung durch Beratung, Rechtsdienstleistungen und Hilfe bei Diskriminierung an, unterstützte Präventionsprogramme an Schulen und beobachtete antisemitische Zwischenfälle im gesamten Bundesland. Das Angebot von SABRA umfasste auch die Hilfe für Opfer antisemitischer Vorfälle, die die Kriterien für die Erstattung einer Strafanzeige nicht erfüllen.

Im November sagte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer, den Medien, dass er mit einer Zunahme des Antisemitismus unter arabischen und muslimischen Einwanderern rechne und rief dazu auf, Antisemitismus durch Aufklärung zu bekämpfen. Lehrer sagte: „Viele dieser Menschen wurden geprägt von Regimes, in denen Antisemitismus zur Staatsräson gehört und dem jüdischen Staat das Lebensrecht abgesprochen wird.“ Als Abhilfe schlug Lehrer Integrationskurse vor, die auf das Herkunftsland der Einwanderer abgestimmt sind und in denen intensiv Werte wie Demokratie und der Umgang mit Frauen in der Gesellschaft vermittelt werden.

Im Dezember veröffentlichte die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (EU-FRA) ihre zweite Umfrage zu jüdischen Erfahrungen und zur Wahrnehmung von Antisemitismus. Die EU-FRA befragte gezielt jüdische Bürgerinnen und Bürger in Gemeindeorganisationen, bei jüdischen Medien und in sozialen Netzwerken; 1.233 Personen, die sich selbst als jüdische Bürger in Deutschland bezeichneten, nahmen an der Online-Umfrage teil. 29 Prozent gaben an, dass sie in den vergangenen 12 Monaten Zeugen physischer Angriffe auf andere Juden sowie von Beleidigung oder Belästigung anderer Juden geworden seien, und 41 Prozent berichteten, dass sie selbst in diesem Zeitraum belästigt worden seien. 37 Prozent fühlten sich aufgrund ihrer Religion oder Überzeugung diskriminiert. 89 Prozent sagten, der Antisemitismus habe in den letzten fünf Jahren zugenommen.

Laut einer Umfrage unter mehr als 2.000 deutschsprachigen Einwohnern, die im September vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD veröffentlicht wurde, lehnten 54 Prozent der Befragten die Aussage „Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft“ ab, 31 Prozent stimmten ihr zu. Während 69 Prozent der Aussage „Muslime gehören zum Alltagsleben in Deutschland“ zustimmten, fühlten sich nur 27 Prozent gut über den Islam informiert. Ein Drittel der Befragten befürworteten islamischen Religionsunterricht an Schulen.

PEGIDA organisierte weiterhin wöchentliche Demonstrationen in Dresden. Journalisten berichteten, sie seien von PEGIDA-Anhängern geschubst und bedroht worden, als sie über die Demonstrationen berichteten. Am 3. September verhaftete die Polizei einen PEGIDA-Demonstranten, der Deutschlandfunk online zufolge einen Journalisten angegriffen haben soll. Am 24. September griffen mehrere PEGIDA-Demonstranten zwei Journalisten an. Sie traten einen Reporter und schlugen den anderen ins Gesicht, während weitere PEGIDA-Anhänger laut Frankfurter Allgemeine Zeitung dabeistanden und jubelten. Berichten zufolge halfen einige in der Menge den Tätern zu fliehen. Neben Forderungen nach einer Beschränkung der Zuwanderung äußerten PEGIDA-Anhänger während der Demonstrationen regelmäßig ihre Ressentiments gegenüber Muslimen, unter anderem durch Schilder, auf denen sie ihre Abneigung gegen Frauen mit religiöser Kopfbedeckung zum Ausdruck brachten.

Die Zahl der Teilnehmer bei Demonstrationen der PEGIDA lag mehreren Medienberichten zufolge konstant bei ca. 1.500 – 2.000 pro Demonstration. Eine Ausnahme war die Kundgebung am 21. Oktober in Dresden, zu der anlässlich des vierten Jahrestags der Gruppe 4.500 Anhänger kamen. Am gleichen Tag demonstrierten in Dresden etwa 10.000 Menschen für Toleranz und gegen PEDIGA. Unter den Teilnehmern der Gegendemonstration waren der sächsische Ministerpräsident Kretschmer, der Dresdner Bürgermeister Dirk Hilbert und einige Staatsminister. Die Demonstrationen am 21. Oktober verliefen im Großen und Ganzen friedlich, allerdings meldete die Polizei fünf Übergriffe. Anfang des Jahres hielten AfD-Abgeordnete mehrere Reden bei PEGIDA-Kundgebungen. Im Januar zitierte die Zeitschrift Der Spiegel den AfD-Bundestagsabgeordneten Siegbert Droese mit der Aussage, in Sachsen gebe es eine enge Zusammenarbeit zwischen seiner Partei und PEGIDA.

Als Zeichen der Solidarität mit Juden in Deutschland, so die Organisatoren, demonstrierten im April und Mai Hunderte Menschen, die eine Kippa trugen, in verschiedenen deutschen Städten gegen Antisemitismus, beispielsweise in Berlin, Köln, Erfurt, Magdeburg und Potsdam. Während der Demonstration in Berlin, an der etwa 2.500 Menschen teilnahmen, gab es den Behörden zufolge Zwischenfälle, bei denen Gegendemonstranten die Teilnehmer bespuckten, sie als Terroristen bezeichneten und mit Gewalt ein israelisches Transparent entfernten.

Zwischen Mai und August führte die Organisation Realität Islam, die die islamische Identität von Muslimen in Deutschland stärken will, in Frankfurt und in anderen hessischen Städten eine Kampagne gegen das Kopftuchverbot durch. Zielgruppe waren laut Aussage der Organisation junge Muslime, von denen sie im ganzen Land über 140.000 Unterschriften gesammelt hatte. Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz sagte den Medien am 29. August, dass die Kampagne selbst zwar nicht illegal sei, die Organisation aber die liberale, demokratische Ordnung des Landes ablehne und eine Theokratie anstrebe und dass man ein „hohes islamisches Radikalisierungspotenzial“ der Gruppe nicht ausschließen könne.

Am 17. Januar demonstrierten etwa 300 Menschen gegen den Bau einer Moschee der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde in Erfurt. Die Führung der AfD in Thüringen unterstützte die Demonstration, und der AfD-Vorsitzende Björn Höcke bezeichnete den Bau der Moschee als Teil eines „langfristigen Landnahmeprojekts“. Die Gegner der Moschee organisierten daraufhin eine Reihe kleinerer Demonstrationen gegen den Bau. Im Juni organisierte beispielsweise David Köckert, der Presseberichten zufolge früher Mitglied der meist als Neonazi-Partei eingeordneten NPD war, eine Veranstaltung auf einem Markt in Erfurt, bei der Demonstranten unter Allahu-akbar-Rufen (Arabisch für „Gott ist groß“) eine Scheinexekution durchführten; unter Einsatz von Kunstblut taten sie so, als schnitten sie einer Frau die Kehle durch. Der Landtagsabgeordnete der Linken, Steffen Dittes, nannte die Veranstaltung widerwärtig. Laut Polizei zeigten die Behörden die Organisatoren wegen Beleidigung und Sachbeschädigung an.

Bei einer Demonstration gegen den Bau der Moschee im September trugen die Demonstranten Masken, die ihrer Ansicht nach typisch nahöstlich aussahen, und „arabische“ Gewänder. Die weniger als 20 Demonstranten marschierten auch vor dem Haus der Grünen Landtagsabgeordneten Astrid Rothe-Beinlich. Rothe-Beinlich kritisierte die lokalen Behörden, die die Demonstration, die sie als persönliche Bedrohung beschrieb, unmittelbar vor ihrem Haus genehmigt hatten. Die Behörden erlaubten die Masken mit der Begründung, sie stellten keinen Verstoß gegen das Vermummungsverbot bei Demonstrationen dar, weil die Demonstranten über ihre Personalausweise identifiziert werden konnten. Kritiker führten an, es gebe bei Demonstrationen keine Ausnahme vom Vermummungsverbot.

Die muslimische Ahmadiyya-Gemeinde in Erfurt setzte die Bauarbeiten fort und feierte am 13. November die Grundsteinlegung. Die Zeremonie wurde von etwa 60 Moscheegegnern mit lauten Protesten und von einer Gegendemonstration für Religionsfreiheit und Toleranz begleitet.

Der Bau einer Moschee in Sulzbach (Saarland) war bis Jahresende nicht abgeschlossen. Die Bürgergruppe „Sulzbach wehrt sich“ demonstrierte weiter gegen den Bau der Moschee. Die Gruppe organisierte im April eine Demonstration und ein Konzert mit der Band „Kategorie C/Hungrige Wölfe“, die wegen ihrer rechtsextremen Verbindungen vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Die Stadt versuchte, das Konzert in einem Gebäude der Stadt zu verhindern, und gab als Grund an, die Gruppe habe die Behörden zu täuschen versucht, indem sie den Bandnamen bei der Anmeldung nicht angegeben habe. Das saarländische Oberverwaltungsgericht urteilte im April, die Stadt müsse das Konzert erlauben, da es keine ausreichenden Gründe für eine Absage gäbe. Etwa 200 Vertreter von politischen Parteien, Gewerkschaften und Kirchen demonstrierten gegen das Konzert.

Im Juni lud die Ruhrtriennale, ein von der Landesregierung NRW gefördertes Kulturfestival, die schottische Band Young Fathers zu einem Konzertauftritt ein. Das private Unternehmen Kultur Ruhr GmbH, das das Festival organisierte, erklärte, man habe die Band ausgeladen, nachdem bekannt wurde, dass sie die BDS-Bewegung unterstütze. Die Organisatoren sagten, sie hätten ihre Entscheidung später revidiert und die Band wieder eingeladen, damit diese ihre Ansichten öffentlich erklären könne, die Band habe aber abgelehnt. Die Staatsministerin für Kultur und Wissenschaft, Isabel Pfeiffer-Poensgen kritisierte in einer Pressemitteilung die Wiedereinladung der Band durch die Organisatoren, und der Ministerpräsident sagte seine Teilnahme am Konzert ab. Jüdische Organisationen kritisierten die Anberaumung einer Podiumsdiskussion über BDS während des Festivals, weil sie am Sabbat stattfand und jüdische Künstler daran teilnahmen, die BDS unterstützen. Die jüdische Aktivistin Malca Goldstein-Wolf organisierte eine Demonstration unter dem Motto „Keine Unterstützung für BDS mit Steuergeldern“. Die Demonstration mit etwa 250 Teilnehmern fand am 18. August in Bochum statt.

Im August rief die Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel zum Boykott des Berliner Pop-Kultur-Festivals auf, sodass einige Künstler aus Großbritannien und den Vereinigten Staaten ihren Auftritt absagten. Die israelische Botschaft hatte das Festival mit 1.200 Euro gefördert und wurde auf der Website des Festivals als Partner aufgeführt. Während des Festivals hängte die BDS-Bewegung in Berlin Poster mit dem Slogan Pop-Kultur – sponsored by Apartheid auf, die das Logo der Veranstaltung nachahmten. Darüber hinaus störten BDS-Aktivisten die Eröffnungsveranstaltung des Festivals.

Einer Studie der Technischen Universität Berlin vom Juli zufolge erreichte der Antisemitismus im Internet – in den sozialen Medien, auf Blogs, in den Kommentarbereichen von Websites und auf thematisch nicht verwandten Websites und in Online-Foren – unerreichte Ausmaße. Die Forscher erklärten, da Online-Kommunikation an Bedeutung zunehme, könne der Antisemitismus an Akzeptanz gewinnen. Die Studie, die zwischen Antisemitismus und politischer Kritik an Israel differenzierte, wertete 30.000 deutschsprachige Aussagen im Internet aus, die zwischen 2014 und 2018 auf Twitter, Facebook und in den Kommentarbereichen der Mainstream-Medien gemacht worden waren. Die Studie wertete außerdem 20.000 E-Mails aus, die an die israelische Botschaft in Berlin und den Zentralrat der Juden in Deutschland geschickt worden waren. Den Autoren des Berichts zufolge hatte sich zwischen 2007 und 2017 die Zahl antisemitischer Inhalte in den Texten „teilweise“ verdreifacht. Die Studie stellte einen Anstieg von Vergleichen zwischen Israelis und Nationalsozialisten und von gegen Juden gerichteten Gewaltfantasien fest, beispielsweise Anspielungen auf das Ersticken von Juden in Schweineexkrementen, das Jagen und Töten von Juden sowie entmenschlichende oder dämonisierende Darstellungen von Juden als „Pest“, „Krebsgeschwür“ oder „Unrat“. In fast der Hälfte der Texte kommen jahrhundertealte antisemitische Stereotype vor, wie die Darstellung von Juden als Fremde, Wucherer, Ausbeuter, rachsüchtige Intriganten, Blutkultpraktizierer, Landräuber und Mörder. Den Autoren zufolge fand sich in einem Drittel aller Texte israelbezogener Antisemitismus.

Im April zeichnete der Bundesverband Musikindustrie die Rapper Farid Bang und Kollegah, deren Lieder auch antisemitische Texte beinhalten, mit dem Echo-Musikpreis aus, der aufgrund hoher Verkaufszahlen verliehen wird. Zivilgesellschaftliche Gruppen, Künstler, Politiker und jüdische Verbände kritisierten die Preisvergabe. Mehrere Musiker, die den Echo in der Vergangenheit erhalten hatten, gaben ihren Preis aus Protest zurück. Der Sänger Peter Maffay und Außenminister Maas erklärten, die Vergabe dieses Preises am Holocaust-Gedenktag sei „beschämend“. Nach der Zeremonie zeigten 11 Personen die Rapper wegen „Volksverhetzung“ bei der Polizei an. Im Juni stellte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf die Ermittlungen gegen die beiden Rapper ein. Zwar seien die Liedtexte antisemitisch und frauenverachtend, weil sie damit aber typisch für das Genre seien, gelte die in der Verfassung verankerte Kunstfreiheit. Als Folge der Kontroverse zog der Verband den Preis für Farid Bang und Kollegah zurück und die Organisatoren kündigten an, den Preis abzuschaffen.

Im April wurde in Konstanz (Baden-Württemberg) ein auf Adolf Hitlers „Mein Kampf“ beruhendes satirisches Stück aufgeführt. Die Organisatoren versprachen allen Zuschauern mit Hakenkreuzarmbinde freien Eintritt, und wer für seine Karte bezahlte, musste „als Zeichen der Solidarität mit den Opfern der Barbarei der Nationalsozialisten“ einen Davidstern tragen. Gegen das Theater gingen mehrere Anzeigen ein. Obwohl die öffentliche Zurschaustellung von Symbolen des Nationalsozialismus verboten ist und gegen das Theater mehrere Strafanzeigen gestellt wurden, genehmigte die Staatsanwaltschaft die Aufführung und den freien Eintritt für Träger einer Hakenkreuzarmbinde unter Berufung auf die Freiheit der Kunst. Die örtliche Deutsch-Israelische Gesellschaft rief zum Boykott des Stücks auf.

Am 20. April versammelten sich zum Gedenken an Hitlers Geburtstag rund 1.300 Neonazis in der Stadt Ostritz in Sachsen. Thorsten Heise, Landesvorsitzender der NPD, organisierte die Veranstaltung. Am gleichen Tag wurde in Ostritz auch ein „Friedensfest“ veranstaltet, eine Gegendemonstration mit etwa der gleichen Teilnehmerzahl. Die Polizei war in voller Stärke vertreten, und beide Veranstaltungen verliefen friedlich. Presseberichten zufolge wurde eine Person bei einem Handgemenge zwischen den gegnerischen Gruppen leicht verletzt, und die Polizei verhaftete einen Mann, weil er den Hitlergruß gezeigt hatte. Die gleichen Organisatoren veranstalteten vom 1. – 4. November das Neonazi-Rockfestival Schild und Schwert (SS). Wieder demonstrierten 3.000 Gegner bei einem Friedensfest. Am 1. Dezember löste die Polizei ein weiteres Rechtsrockkonzert in Ostritz auf, nachdem Nachbarn berichtet hatten, sie hätten Teilnehmer die NS-Parole: „Sieg Heil“ rufen hören. Die Ermittlungen der Behörden dauerten am Jahresende an.

Am 21. September demonstrierten etwa 100 Neonazis in Dortmund (NRW); sie riefen antisemitische Slogans wie „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“ und trugen Symbole wie die Reichsflagge.

Bei einer Demonstration am Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober in Berlin, an der etwa 2.000 Personen teilnahmen, zeigten Medienberichten zufolge einige Teilnehmer den Hitlergruß und mehrere Dutzend hatten Neonazi-Tätowierungen, -Poster oder -Aufschriften auf ihrer Kleidung. Gleichzeitig fanden in Berlin mehrere Gegendemonstrationen mit einer ähnlichen Teilnehmerzahl statt. Alle Demonstrationen verliefen friedlich.

Im Mai wurde die 89-jährige Ursula Haverbeck verhaftet, nachdem sie ihre Haftstrafe wegen Leugnung des Holocausts nicht angetreten hatte. 2017 verurteilte das Landgericht Verden Haverbeck wegen Volksverhetzung in acht Fällen zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Das Oberlandesgericht Celle wies ihren Revisionsantrag im Februar ab. Im August lehnte das Bundesverfassungsgericht ihre Beschwerde ab, in der sie argumentierte, das Leugnen des Holocausts falle unter das Grundrecht der Meinungsfreiheit und sei daher nicht strafbar. Am Jahresende verbüßte Haverbeck ihre Strafe und veröffentlichte Botschaften auf ihrer Website „Freiheit für Ursula“.

Im Mai besprühten Unbekannte ein Haus im hessischen Kirchhain mit einem Hakenkreuz und übermalten Stolpersteine zum Gedenken an Opfer der Nationalsozialisten mit schwarzer Farbe.

Den Landesbehörden und lokalen Medien zufolge gab es in Ulm (Baden-Württemberg) im Berichtsjahr mehr Vandalismus gegen religiöse Einrichtungen. Im September malten Unbekannte Hakenkreuze und andere NS-Symbole oder -Inschriften auf die Türen und Bänke des Ulmer Münsters. Die Landesbehörden erklärten, sie hätten im Monat davor in Ulm und Umgebung bereits ähnliche antisemitische Graffiti entdeckt, unter anderem in einer Synagoge und einer türkischen Moschee in der Gegend.

Im September wurde die Al-Nour-Moschee in Hamburg kurz vor ihrer Eröffnung mit islamfeindlichen Graffiti beschmiert. Die Moschee war ursprünglich eine protestantische Kirche, die umgewidmet wurde. Ein Vertreter der Moschee sagte, man habe in der Moschee Tage der offenen Tür für Hamburger abgehalten, um mit Nicht-Muslimen ins Gespräch zu kommen und so transparent wie möglich mit dem Projekt umzugehen.

Im Februar begann die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, die Museum, Forschungsstätte und Holocaust-Archiv ist, ein Forschungsprojekt, in dessen Rahmen die Zahl der Opfer der Pogromnacht im November 1938 (Kristallnacht) in Nordrhein-Westfalen sowie die Art und Weise ermittelt werden soll, wie sie starben. Die Gedenkstätte veröffentlichte am 80. Jahrestag der Pogrome, am 9. November, einen Bericht über ihre Erkenntnisse. In dem Bericht werden detailliert die Fälle von etwa 127 Menschen aus Nordrhein-Westfalen geschildert, die infolge der Pogrome ums Leben kamen.

Die örtlichen Behörden teilten mit, dass das Verfahren gegen einen Busfahrer in Emden (Niedersachsen), der sich zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten geweigert hatte, eine vollverschleierte schwangere Frau mitzunehmen, am Jahresende noch anhängig war.

Im Mai weihte die Jüdische Gemeinde Hamburg fünf Rabbiner. Es war die erste Ordination seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Hamburger Bürgermeister und Ministerpräsident Peter Tschentscher (SPD) besuchte die Zeremonie.

 

Abschnitt IV. Politik und Maßnahmen der US-Regierung

Die US-Botschaft und die fünf Generalkonsulate arbeiteten bezüglich der Reaktion auf religiöse Intoleranz weiterhin eng mit den Behörden zusammen. Vertreter der Botschaft trafen sich regelmäßig mit dem Beauftragten für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. Vertreter der Generalkonsulate in Frankfurt und München trafen sich mit den Antisemitismusbeauftragten der Länder Baden-Württemberg und Bayern, um ihrer Sorge angesichts von Antisemitismus Ausdruck zu verleihen und darüber zu sprechen, wie man die korrekte Erfassung antisemitischer Vorfälle sicherstellen kann.

Vertreter der Botschaft und der Generalkonsulate trafen sich mit Mitgliedern und führenden Vertretern zahlreicher kommunaler und nationaler religiöser und zivilgesellschaftlicher Gruppen und sprachen mit ihnen über ihre Besorgnis im Hinblick auf Religionsfreiheit. Mit jüdischen Gruppen sprachen sie unter anderem über folgende Themen: die Besorgnis angesichts der zunehmenden Akzeptanz von Antisemitismus in der sich verändernden politischen Landschaft des Landes (beispielsweise die Zusammenarbeit der AfD mit rechtsextremen Gruppierungen, insbesondere in Chemnitz), den Aufstieg der BDS-Bewegung sowie die Sorge, Flüchtlinge und andere Migranten könnten antisemitische Vorstellungen mit ins Land bringen. Über Religionsfreiheit und Toleranz diskutierten Vertreter der Botschaft und der Konsulate auch mit der katholischen, der evangelischen und anderen protestantischen Kirchen, Scientology, dem Zentralrat der Muslime in Deutschland, dem Verband der Islamischen Kulturzentren, dem Zentralrat der Juden in Deutschland, dem Koordinationsrat der Muslime in Deutschland, alevitischen Muslimen, dem Rat der Religionen in Frankfurt, den Zeugen Jehovas sowie mit Menschenrechts-NGOs.

Im Januar traf sich der Gesandte in Frankfurt am Main mit einem führenden Vertreter der Conference on Jewish Material Claims Against Germany, auch bekannt als Jewish Claims Conference, um über den Status der Verhandlungen zu sprechen.

Im März finanzierte die Botschaft den Besuch von elf jungen muslimischen Führungspersönlichkeiten aus Berlin und Heilbronn, die an einem Programm der Vereinigten Staaten über Gemeinschaftsinitiativen und soziales Engagement teilnahmen. Themen des Programms waren gemeinschaftliche Bestrebungen zur Bekämpfung von gewaltbereitem Extremismus, insbesondere unter muslimischen Jugendlichen, die Stärkung der Zivilgesellschaft und der Bürgerbeteiligung, der Kampf gegen Volksverhetzung und die Entwicklung von Führungskompetenzen, um muslimische Jugendliche zu erreichen und einzubinden.

Die Botschaft finanzierte die Teilnahme eines US-Fotografen an einem Fotoprojekt mit dem Titel „Glaubenswelten – Religion aus vier Perspektiven“  bei dem vier Fotografen Bilder präsentierten, die Aspekte des Islams, des Judentums und des Christentums hervorhoben. Eine Ausstellung des Projektes in einer Berliner Kunstgalerie im Januar und Februar stieß einen interreligiösen Dialog zwischen Besuchern und Medien an. Bei einem Besuch der Ausstellung betonte der Gesandte gegenüber den Organisatoren die Bedeutung von Religionsfreiheit und Toleranz und lobte die Galerie sowie die teilnehmenden Fotografen für ihre Bemühungen, das gegenseitige Verständnis von Menschen mit unterschiedlichem Glauben füreinander zu stärken.

Zum Tag der Religionsfreiheit am 16. Januar besuchte der Gesandte die Fotoausstellung Religion behind Bars, bei der es um Religion in Gefängnissen ging. Die Botschaft unterstützte die Ausstellung, indem sie einem der Fotografen die Reisekosten erstattete. Während des Besuchs der Ausstellung betonte der Gesandte die Bedeutung von religiöser Toleranz und Religionsfreiheit.

Am 18. April richtete der Gesandte anlässlich des Diversity Month einen Empfang aus. Er ermutigte die rund 100 geladenen Führungspersönlichkeiten aus den Bereichen Religion, Regierung und Zivilgesellschaft, Gemeinsamkeiten zu finden und einen produktiven Dialog über gemeinsame Werte zu führen. In seiner Rede sprach der Gesandte über religiöse Vielfalt und Freiheit.

Im Juni sprach der Botschafter mit Rabbi Gesa Ederberg von der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin und mit Rabbi Joshua Spinner, dem geschäftsführenden Vizepräsidenten der Ronald-Lauder-Stiftung in Deutschland, über das jüdische Leben in Deutschland und die Sorgen der Gemeinde über Antisemitismus und Intoleranz.

Im Juli traf sich der Botschafter mit der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIGA), einer Berliner Nichtregierungsorganisation, die Schüler aus Kreuzberg, einem Bezirk mit vielen muslimischen Einwanderern, darin schult, mit Schülern zu arbeiten und vor Schulklassen für Toleranz und die Bekämpfung von Antisemitismus zu werben.

Im September lud der Botschafter zur Vorführung des Dokumentarfilms der jesidischen Aktivistin Duezen Tekkal, Hawar – My Journey to Genocide über die Gräueltaten der IS-Terrormiliz gegen die Jesiden im Irak im Jahr 2014. Der Botschafter sprach in seiner Rede über die Bedeutung der Religionsfreiheit und lobte die Arbeit, die Tekkal, andere jesidische Aktivisten und die Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 2018, Nadia Murad, geleistet haben, um Taten der IS-Terrormiliz ans Licht zu bringen. Der Botschafter bezeichnete die Bestrebungen der Landesregierung Baden-Württemberg zur Aufnahme von etwa 2.500 Jesidinnen und jesidischen Kindern als „mutig“ und führte sie als Beispiel für das Bekenntnis der deutschen Regierung zur Verteidigung von Religionsfreiheit an.

Im Oktober lud der Botschafter zu einer Feier anlässlich des 20. Jahrestags des Berlin Ramer Institute der NGO American Jewish Council. In seiner Rede hob der Botschafter die Bedeutung der Religionsfreiheit und der Bekämpfung von Antisemitismus hervor. Er betonte die Bedeutung der Rückgabe jüdischen Eigentums, das im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmt worden war, der Entschädigung von Holocaust-Überlebenden und der Aufklärung über den Holocaust.

Im Oktober besuchte der US-Sondergesandte für Holocaustfragen Berlin und Magdeburg und traf sich mit Vertretern der Jüdischen Gemeinde, um darüber zu sprechen, wie man Antisemitismus am besten bekämpft. Der Sondergesandte besuchte in Magdeburg ein Vorstandstreffen der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, die die Provenienz von Kunst- und Kulturgütern erforscht, die die Nationalsozialisten von Juden beschlagnahmt haben.

Am 9. November, dem 80. Jahrestag der Pogromnacht, besuchte der Botschafter mit der Leiterin der für Geschichte zuständigen Abteilung der Deutschen Bahn das Mahnmal Gleis 17, einen der drei Orte, von denen aus während des Zweiten Weltkriegs Berliner Juden deportiert wurden. Vertreter der Botschaft säuberten auch Stolpersteine in Berlin, die an NS-Opfer erinnern.

Im November nahm der Botschafter an einem Runden Tisch mit Schulungsleitern und Programmteilnehmern von KIGA teil, bei dem über die Bedeutung von Toleranz und Religionsfreiheit gesprochen wurde. Die Teilnehmer erläuterten dem Botschafter ihre Ansichten über die KIGA-Schulung und ihre Erfahrungen bei der Bekämpfung von Antisemitismus in ihren Gemeinden.

Am 13. November luden der US-Staatssekretär für Terrorismus und Finanzermittlungen im US-Finanzministerium und der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Rolf Bosinger, zu einem Gespräch im Berlin Ramer Institute des American Jewish Council, bei dem es um die Rolle des US-Finanzministeriums bei der Unterstützung von Juden in Europa während des Holocausts sowie um den Beitrag der Bundesrepublik zur Conference on Jewish Material Claims Against Germany ging.

Im November hielt die Gesandte bei der Konferenz der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste eine Rede über Religionsfreiheit und die Bedeutung der Wiedergutmachung für Holocaust-Opfer und ihre Erben. Am Rande der Konferenz unterzeichneten die Bundesregierung und die US-Regierung eine gemeinsame Erklärung, in der die Entschlossenheit der beiden Regierungen, gerechte und faire Lösungen für die Rückgabe von Raubkunst an Holocaust-Überlebende und ihre Erben zu finden, bekräftigt wurde.

Am 2. Dezember sprach der Botschafter bei einem Botschaftsempfang zu Chanukka im Vorfeld der jährlich stattfindenden Zeremonie zum Entzünden der Menora in der Berliner Innenstadt zu den Themen Toleranz und Diskriminierung.

Die Botschaft und die Konsulate unterstützten Programme zur Förderung religiöser Toleranz mit kleineren Zuwendungen, beispielsweise die Jüdischen Kulturtage in Halle (Sachsen-Anhalt), die Jüdische Woche in Leipzig (Sachsen) und das Festival Yiddish Summer in Weimar (Thüringen). Diese Veranstaltungen umfassten Musik, Tanz, Filmvorführungen, Ausstellungen und Reden, um für die jüdische Gemeinschaft und die jüdische Kultur zu sensibilisieren.

Originaltext: 2018 Report on International Religious Freedom: Germany

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