Länderberichte über Religionsfreiheit 2021 – Bundesrepublik Deutschland
Seit 1998 legt das US-Außenministerium dem Kongress jährlich einen Bericht über den internationalen Umfang und die Qualität der Religionsfreiheit in 194 Ländern vor. Die Länderberichte werden auf Grundlage von Meldungen der US-Auslandsvertretungen erstellt und von der Abteilung für Demokratie, Menschenrechte und Arbeitsfragen des US-Außenministeriums herausgegeben.
Wir haben den Jahresbericht 2021 über Religionsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland, der am 2. Juni 2022 auf der Website des US-Außenministeriums veröffentlicht wurde, übersetzt.
Zusammenfassung
Das Grundgesetz verbietet Diskriminierung aufgrund der Religion und gewährleistet die Freiheit des Glaubens und Gewissens sowie die ungestörte Religionsausübung. Die 16 Bundesländer verfügen bei der Anerkennung von Religionsgemeinschaften und in anderen Angelegenheiten über beträchtliche Unabhängigkeit. Nicht anerkannte Religionsgemeinschaften erhalten keine Steuervorteile. Die Bundesregierung verbot die muslimische Vereinigung Ansaar International wegen Terrorismusfinanzierung. Der Hamburger Verfassungsschutz gab an, das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) als „weisungsgebundenen Außenposten des Teheraner Regimes“ einstufen zu wollen. Das Bundesamt und einige Landesämter für Verfassungsschutz beobachteten weiterhin die Aktivitäten zahlreicher muslimischer Gemeinschaften und Moscheen sowie Scientology. In einigen Bundesländern blieb das Tragen religiöser Symbole wie beispielsweise Kopftücher für bestimmte Mitarbeitende des öffentlichen Dienstes weiter eingeschränkt oder verboten. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu zwei Fällen aus Deutschland können Interessen des Arbeitgebers höher gewertet werden als das Recht der Arbeitnehmenden, religiöse Kleidung oder Symbole zu tragen. Hochrangige Regierungsvertreter und -vertreterinnen verurteilten weiterhin Antisemitismus sowie islamfeindliche Haltungen und Taten. Im September und Oktober brachte die damalige Bundeskanzlerin Merkel in Reden ihr Bedauern darüber zum Ausdruck, dass Antisemitismus in der deutschen Öffentlichkeit zugenommen habe, und erklärte, Deutschland werde sich dem mit aller Kraft widersetzen. Der erste Antisemitismusbeauftragte des Bundeslands Hamburg trat sein Amt im Juli an. Damit ist Bremen das einzige verbleibende Bundesland ohne eine solche Stelle.
Es gab zahlreiche Berichte über antisemitische, islamfeindliche und christenfeindliche Vorfälle. Dazu gehörten tätliche Angriffe, verbale Belästigung, Drohungen, Diskriminierung, Vandalismus und Demonstrationen. Zwei jüdische Männer kamen mit gebrochenen Knochen im Gesichtsbereich ins Krankenhaus, nachdem sie unabhängig voneinander brutal zusammengeschlagen worden waren. Im Mai kam es im Kontext aufflammender gewaltsamer Auseinandersetzungen im Nahen Osten zu einer Reihe teils gewaltsamer antisemitischer Demonstrationen und Angriffe sowie zu Vandalismus und Überfällen. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes wurden bis zum 5. November über das Jahr verteilt 1.850 antisemitische Straftaten gemeldet, davon 35, bei denen es zu körperlicher Gewalt kam und 17, bei denen Menschen verletzt wurden. Die Kriminalitätsstatistik des Innenministeriums für 2020, das letzte Jahr, für das vollständige Daten vorlagen, führte 2.351 antisemitische Straftaten auf, ein Anstieg von 15,7 Prozent gegenüber 2019, wobei 2.224 (94,6 Prozent) davon der rechtsextremen Szene zugeschrieben wurden. Bei 57 der antisemitischen Verbrechen kam es zu Gewaltanwendung. Das Ministerium registrierte 929 Straftaten, die sich gegen Muslime und islamische Institutionen richteten – darunter 79 gegen Gotteshäuser und 51, bei denen es zu Körperverletzung kam – und 141 christenfeindliche Straftaten, darunter sieben, bei denen es zur Anwendung von Gewalt kam. Das Ministerium stufte die meisten Täter, die islamfeindliche Straftaten begangen hatten, als rechtsextrem ein; die Gruppe derer, die Straftaten gegen Christen verübt hatten, war weniger homogen. Die teilweise staatlich geförderte Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) führte die Zunahme antisemitischer Vorfälle auf die große Zahl von Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen oder auf andere pandemiebezogene Probleme zurück und stufte 489 antisemitische Vorfälle als mit der Pandemie in Verbindung stehend ein. Es gab auch Demonstrationen, auf denen Islamfeindlichkeit zum Ausdruck gebracht wurde. Im September veröffentlichte die in Brüssel ansässige Nichtregierungsorganisation (NGO) Action and Protection League die Ergebnisse ihrer europäischen Antisemitismus-Umfrage, die ergab, dass 10 Prozent der 1.000 Befragten im Alter von 18 bis 75 Jahren in Deutschland negative Gefühle gegenüber Juden hegten.
Im Juni nahmen der damalige Außenminister Heiko Maas und der US-Außenminister den Deutsch-Amerikanischen Holocaust-Dialog auf, um eine wahrheitsgemäße Holocausterziehung zu fördern und die Leugnung und Verzerrung des Holocaust sowie Antisemitismus zu bekämpfen. Die US-Botschaft und fünf Generalkonsulate beobachteten die Reaktionen der Regierung auf Vorfälle religiöser Intoleranz und sprachen mit einer Vielzahl von Vertretern aller Ebenen sowie mit Abgeordneten auf Bundes- und Länderebene. Sie äußerten sich besorgt über antisemitische, islam- und christenfeindliche Taten und setzten sich für mehr Strafverfolgung und den Einsatz anderer Ressourcen ein, um gewalttätige Angriffe auf Religionsgemeinschaften zu verhindern. Generalkonsuln trafen sich mit Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierungen, darunter mit Antisemitismusbeauftragten. Die Botschaft und die Generalkonsulate blieben mit einem breiten Spektrum von Religionsgemeinschaften und Menschenrechts-NGOs im Gespräch, brachten ihre Sorgen bezüglich der Religionsfreiheit zum Ausdruck und sprachen über Möglichkeiten zur Förderung von Toleranz und Kommunikation unter den Religionsgemeinschaften. Die Botschaft und die Konsulate arbeiteten eng mit jüdischen Gemeinden zusammen, um Programme zur Förderung religiöser Toleranz und Verständigung zu unterstützen und gleichzeitig Antisemitismus und glaubensbezogenen Extremismus zu bekämpfen.
Die Botschaft nutzte Rednerprogramme und Workshops in virtuellen und Präsenz-Formaten, um wahrheitsgetreue Informationen über den Holocaust zu bewahren und die Diskussion über Religionsfreiheit auszuweiten. Der Frankfurter Generalkonsul besuchte im Juni nach einem Anschlag auf eine dortige Synagoge die jüdische Gemeinde Ulm. Die Geschäftsträgerin der Botschaft und der Leipziger Generalkonsul besuchten Halle, wo im Jahr 2019 ein Anschlag auf eine Synagoge mit Todesopfern verübt worden war, und trafen sich dort mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde, um über Antisemitismus, religiöse Toleranz und jüdisches Leben im Osten Deutschlands zu diskutieren. Die Botschaft nutzte die sozialen Medien ausgiebig, um die Kommunikation der US-Regierung und eigene Inhalte zu verbreiten, die für Religionsfreiheit warben.
Abschnitt I. Religiöse Demografie
Die US-Regierung schätzt die Bevölkerung auf 79,9 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern (Mitte 2021). Inoffizielle Schätzungen, die auf der Volkszählung und von Religionsgemeinschaften zur Verfügung gestellten Zahlen beruhen, legen nahe, dass etwa 27 Prozent der Bevölkerung katholisch sind und 25 Prozent der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehören – einem Zusammenschluss aus lutherischen und evangelisch-reformierten (calvinistischen) Kirchen und der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union. Andere protestantische Konfessionen wie die Neuapostolische Kirche, Baptistengemeinden und nicht konfessionsgebundene Christen machen etwa zwei Prozent der Gesamtbevölkerung aus. 1,9 Prozent der Bevölkerung sind orthodoxe Christen.
Im April veröffentlichten Schätzungen der Regierung zufolge sind ca. 6,6 Prozent der Bevölkerung Muslime. Davon sind 74 Prozent Sunniten, 8 Prozent Aleviten, 4 Prozent Schiiten, 1 Prozent Ahmadis und 1 Prozent gehört weiteren Gruppen wie den Alawiten und Sufisten an. Die verbliebenen zwölf Prozent gaben an, keiner der genannten Gruppen anzugehören oder ihre Zugehörigkeit nicht offenlegen zu wollen. Die Nachrichtendienste schätzen die Zahl der salafistischen Muslime in Deutschland auf etwa 12.150. Der Anteil der jüdischen Bevölkerung wird sehr unterschiedlich geschätzt. So geht das Bundesministerium des Innern von 95.000 Personen aus, während andere Schätzungen – unter Einbeziehung der Jüdinnen und Juden, die keiner bestimmten Gemeinde angehören –, eher bei 190.000 liegen. Der säkularen NGO Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst (REMID) zufolge machen Buddhisten (270.000), Zeugen Jehovas (167.000), Hindus (100.000), Jesiden (100.000), die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzen Tage (Mormonen) (40.000), Sikhs (10.000 – 15.000) und Scientology (3.400) zusammen weniger als ein Prozent der Bevölkerung aus. Die Schätzungen von REMID basieren auf Mitgliedern, die bei einer Religionsgemeinschaft registriert sind. Laut der gemeinnützigen Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland gehören etwa 39 Prozent der Bevölkerung entweder keiner Religionsgemeinschaft an oder sind Mitglied einer Religionsgemeinschaft, die in den staatlichen Statistiken nicht erfasst wird.
Abschnitt II. Status der Achtung der Religionsfreiheit durch die Regierung
RECHTLICHE RAHMENVORGABEN
Das Grundgesetz verbietet Diskriminierung aufgrund der religiösen Überzeugung und gewährleistet die Freiheit des Glaubens und des Gewissens sowie die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses und die ungestörte Religionsausübung. Es darf laut Grundgesetz außerdem keine Staatskirche geben. Aus dem Grundgesetz geht hervor, dass niemand verpflichtet ist, seine oder ihre religiöse Überzeugung zu offenbaren oder zur Teilnahme an religiösen Handlungen gezwungen werden kann. Es sieht Religionsunterricht im Lehrplan der öffentlichen Schulen vor, und die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme ihres Kindes am Religionsunterricht zu entscheiden. Das Grundgesetz gewährleistet das Recht zur Errichtung von privaten Konfessionsschulen und zur Gründung von Religionsgemeinschaften. Es sieht vor, dass sich jede Gruppe ohne Zwang zu privaten religiösen Zwecken organisieren darf. Es räumt eingetragenen Religionsgemeinschaften mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts die Möglichkeit ein, öffentliche Subventionen der Bundesländer zu erhalten und beim Militär, in Krankenhäusern und Justizvollzugsanstalten Gottesdienste anzubieten.
Ein Bundesgesetz verbietet Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.
Das Strafgesetzbuch verbietet die Aufforderung zu Gewalt oder die Aufstachelung zu Hass oder das Ergreifen willkürlicher Maßnahmen gegen Religionsgemeinschaften oder ihre Mitglieder. Verstöße werden mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Es verbietet außerdem den Angriff auf die Würde von Religionsgemeinschaften oder deren Mitglieder durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumdung und sieht eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft vor, wobei Freiheitsstrafen selten verhängt werden. Das Verbot und das Strafmaß gelten auch für Äußerungen im Internet. Das Strafgesetzbuch verbietet außerdem die Beleidigung einer religiösen Organisation in Deutschland, ihrer Einrichtungen oder Praktiken sowie die Beleidigung des Glaubens oder der Weltanschauung anderer, wenn sie geeignet ist, den öffentliche Frieden zu stören. Verstöße werden mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet, werden allerdings selten strafrechtlich verfolgt. Das Strafgesetzbuch verbietet, Gottesdienste oder gottesdienstliche Handlungen zu stören; Störern droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Nationalsozialistische Propaganda, das Leugnen des Holocausts und Volksverhetzung sind gesetzlich verboten und werden mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft.
Per Gesetz müssen Anbieter von sozialen Netzwerken mit mehr als zwei Millionen in Deutschland angemeldeten Nutzern Verfahren zum Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte und zur Entfernung oder Sperrung des Zugangs innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde einführen. Diese Frist verkürzt sich bei „offensichtlich rechtswidrigen“ Inhalten auf 24 Stunden. Bei Nichteinhaltung drohen Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro. Rechtswidrig sind Inhalte unter anderem dann, wenn es sich um laut Strafgesetzbuch strafbare Tatbestände handelt, wie die Beschimpfung von Religionsgesellschaften und das Leugnen historischer Gräueltaten.
Die Bundesregierung darf „nichttraditionelle“ Religionsgemeinschaften – wie Scientology – rechtmäßig als „Sekten“, „Jugendreligionen“ und „Jugendsekten“ einordnen und „genaue Informationen“ über sie an die Öffentlichkeit geben oder vor ihnen warnen. Unzulässig ist dabei allerdings, diese Gruppen als „destruktiv“, „pseudo-religiös“ oder „manipulativ“ zu bezeichnen. Gerichte urteilten bereits zuvor in mehreren Fällen, dass der Staat Religionen gegenüber neutral bleiben muss und nur dann eine öffentliche Warnung aussprechen darf, wenn das Angebot einer Religionsgemeinschaft die Grundrechte einer Person gefährden oder die Person in physische oder finanzielle Abhängigkeit bringen kann.
Religionsgemeinschaften müssen eingetragen sein, wenn sie als gemeinnützige Vereine gelten und damit von der Steuerbefreiung profitieren wollen. Anträge auf Eintragung werden von den Landesbehörden geprüft, die die Steuerbefreiung üblicherweise gewähren. Wenn die Entscheidung angefochten wird, unterliegt sie der gerichtlichen Prüfung. Wird eine Steuerbefreiung beantragt, so muss anhand der Satzung, Geschichte und Aktivitäten der Gemeinschaft nachgewiesen werden, dass es sich um eine Glaubensgemeinschaft handelt.
Die besondere Partnerschaft, die zwischen den Ländern und den als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften besteht, wird im Grundgesetz umrissen. Jede Religionsgemeinschaft kann den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts beantragen, der sie – wenn er gewährt wird – dazu berechtigt, von den Mitgliedern, die den Steuerbehörden ihre Religionszugehörigkeit mitteilen müssen, Steuern zu erheben (in Bayern und Baden-Württemberg acht Prozent und in anderen Bundesländern neun Prozent). Die Bundesländer ziehen die Kirchensteuer für die Religionsgemeinschaften getrennt von und zusätzlich zur Einkommenssteuer ein. Für den Einzug der Steuern zahlen Körperschaften des öffentlichen Rechts eine Aufwandsentschädigung an den Staat, aber nicht alle Gruppen mit diesem Status machen davon Gebrauch. Mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sind bestimmte Rechte verbunden, beispielsweise Steuerbefreiungen, die höher sind als jene für gemeinnützige Organisationen, Vertretung in Aufsichtsräten öffentlich-rechtlicher Fernseh- und Rundfunkanstalten und arbeitsrechtliche Sonderregelungen. Die Landesregierungen bezuschussen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die öffentliche Dienstleistungen anbieten, wie beispielsweise konfessionelle Schulen und Krankenhäuser. Aufgrund von historischen „Staatskirchenverträgen“, die bis in die Zeit vor 1919 zurückreichen, unterstützen alle Bundesländer, mit Ausnahme von Hamburg und Bremen, darüber hinaus die katholische Kirche und die EKD mit jährlich unterschiedlich hohen Beträgen.
Die Entscheidung über die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft wird laut Grundgesetz auf Länderebene getroffen. Die jeweiligen Länder knüpfen ihre Entscheidung an verschiedene Bedingungen, unter anderem die Gewähr des dauerhaften Bestehens, die Mitgliederzahl sowie die Achtung der verfassungsmäßigen Ordnung und der Grundrechte des Einzelnen. Etwa 180 Religionsgemeinschaften sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt, dazu gehören die katholische Kirche, die EKD, die Bahai, die Baptisten, die Christlichen Wissenschaftler, die Zeugen Jehovas, die Juden, die Mennoniten, die Methodisten, die Kirche Jesu Christi, die Heilsarmee und die Siebenten-Tags-Adventisten. Außer der Islamischen Ahmadiyya-Gemeinschaft, die in Hessen und Hamburg eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, wurde keiner anderen muslimischen Gemeinde dieser Status gewährt. Kein Bundesland erkannte Scientology als Körperschaft des öffentlichen Rechts oder als gemeinnützigen Verein an.
Das Tierschutzrecht verbietet die Tötung von Tieren ohne Betäubung auch bei Anwendung halaler und koscherer Schlachtrituale. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erlaubt sachkundigen Personen jedoch das Schlachten ohne Betäubung in einem registrierten Schlachthof unter Aufsicht des zuständigen Veterinäramts, wenn das Fleisch nur zum Verzehr durch Mitglieder von Religionsgemeinschaften bestimmt ist, die eine Schlachtung ohne Betäubung vorschreiben.
Am 6. Juli trat ein Bundesgesetz in Kraft, das Behörden die Regelung des Ausmaßes von Tätowierungen, Kleidung, Schmuck und Frisuren oder Bartstilen von Beamtinnen und Beamten ermöglicht, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordern. Haben diese Symbole einen religiösen Bezug, dürfen sie rechtlich nur dann eingeschränkt oder ganz untersagt werden, wenn sie „objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen“.
Einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zufolge verstößt das allgemeine Kopftuchverbot für Lehrerinnen gegen das Recht auf freie Religionsausübung. Die Umsetzung wird allerdings den Bundesländern überlassen, die besondere Umstände berücksichtigen können. Bayern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland entscheiden im Einzelfall. Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen verbieten Lehrerinnen das Tragen von Kopftüchern nicht. In Hessen dürfen Lehrerinnen ein Kopftuch tragen, sofern sie damit nicht den „Schulfrieden“ stören oder die staatliche Neutralität gefährden. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist die vollständige Gesichtsverschleierung bei Lehrerinnen (beispielweise mit Nikab oder Burka) nicht erlaubt. Berlin verbietet sichtbare Zeichen religiöser Zugehörigkeit bei Polizei, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und Strafverfolgungsbehörden, nicht jedoch bei Lehrenden an Grund- und Sekundarschulen. In Niedersachsen und Bayern dürfen Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und -anwälte im Gerichtssaal keine religiösen Symbole oder religiöse Kleidung tragen. In anderen Bundesländern schränken Gesetze das Tragen religiöser Symbole unter bestimmten Umständen ein.
Aus Sicherheitsgründen und aus Gründen der verkehrspolizeilichen Überwachung verbieten die Bundesgesetze das Verschleiern des Gesichts am Steuer, auch mit einem Nikab. Verstöße werden mit einer Geldbuße von 60 Euro geahndet.
Das Landesrecht in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verbietet die Vollverschleierung von Schülerinnen durch Nikab oder Burka in Grundschulen und weiterführenden Schulen. Das Verbot der Vollverschleierung gilt jedoch nicht für Hochschulen.
Laut Bundesrecht können Religionsgemeinschaften besonders ausgebildeten Personen erlauben, in den ersten sechs Monaten nach Geburt eines männlichen Kindes Beschneidungen durchzuführen. Ab einem Alter von sechs Monaten müssen Beschneidungen laut Gesetz „nach den Regeln der ärztlichen Kunst“ und ohne Verursachung unnötiger Schmerzen durchgeführt werden.
Alle Bundesländer bieten an öffentlichen Schulen Religions- und Ethikunterricht an. Religionsgemeinschaften mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder mit einer vergleichbaren Rechtsstellung, die ihnen durch eine Sondervereinbarung auf Landesebene eingeräumt wurde, können Religionslehrende ernennen und in Zusammenarbeit mit den Bundesländern einen im Einklang mit dem Grundgesetz stehenden Religionslehrplan erarbeiten. Die Bundesländer kommen für die Gehälter der Lehrer auf. Die meisten öffentlichen Schulen bieten in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Kirche evangelischen und katholischen und, bei einer ausreichenden Zahl interessierter Schüler (meist zwölf, dies variiert aber je nach Bundesland), auch jüdischen Religionsunterricht an. In Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein wird teilweise auch islamischer Religionsunterricht angeboten. In den meisten Bundesländern bieten die muslimischen Gemeinden oder muslimische Verbände diesen Unterricht an, in Bayern und Schleswig-Holstein ist das Land dafür zuständig. In Hamburg und Bremen wird für alle Schülerinnen und Schüler von der EKD bzw. dem Bundesland nicht konfessionsgebundener Religionsunterricht angeboten.
Schülerinnen und Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen wollen, können sich davon befreien lassen. In einigen Bundesländern besteht die Möglichkeit, stattdessen Ethikunterricht zu wählen. Solange grundlegende Vorgaben des Lehrplans eingehalten werden, gestatten die Landesbehörden den Religionsgemeinschaften im Allgemeinen die Einrichtung von Privatschulen. Laut Grundgesetz gibt es eine Schulpflicht und häuslicher Unterricht ist — auch aus religiösen Gründen — in allen Bundesländern verboten.
Der Staat leistet jährliche Zahlungen an NS-Opfer und ihre Nachkommen und weitet den Anwendungsbereich und somit den Kreis der Anspruchsberechtigten regelmäßig aus.
Deutschland ist Vertragspartei des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte.
STAATLICHE PRAKTIKEN
Im Mai verbot der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer die in Düsseldorf ansässige muslimische Vereinigung Ansaar International und deren Teilorganisationen, weil sie Terrorismus finanziere und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Das Verfassungsschutz NRW hatte die Vereinigung und ihre Teilorganisationen seit 2013 beobachtet. Um das Verbot durchzusetzen, wurden in 10 Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein) über 1.000 Polizeibeamtinnen und -beamte eingesetzt.
Im Juli gab der Hamburger Verfassungsschutz bekannt, dass er die IZH aufgrund neuer Erkenntnisse offiziell als „weisungsgebundenen Außenposten des Teheraner Regimes“ einstufe. Das IZH klagte gegen diese und vorherige Behauptungen vor Gericht, ein Urteil stand noch aus. Die Hamburger Oppositionsparteien und zivilgesellschaftliche Gruppen forderten weiterhin, Hamburg solle die offiziellen Kontakte zum IZH abbrechen, das als verlängerter Arm Irans gilt.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter für Verfassungsschutz überwachten weiterhin zahlreiche muslimische Gruppierungen, darunter die von den Vereinigten Staaten als terroristische Vereinigungen eingestuften IS-Terrormiliz, Hisbollah und Hamas sowie Organisationen wie die türkische Hisbollah, die Hizb ut-Tahrir, die Tablighi Jamaat, Millatu Ibrahim, das IZH, die Muslimbruderschaft, Millî Görüş und verschiedene salafistische Bewegungen.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen überwachte weiter zwei Moscheen, die ihm zufolge von Salafisten beherrscht werden.
Berichten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) und Scientology-Mitgliedern zufolge beobachteten der BfV und die Landesverfassungsschutzämter (LfV) in den sechs Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt die Aktivitäten von Scientology weiter, angeblich, indem sie Scientology-Veröffentlichungen und öffentliche Aktivitäten der Mitglieder auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin auswerteten. Mindestens vier der großen politischen Parteien – die Christlich-Demokratische Union (CDU), die Christlich-Soziale Union (CSU), die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) und die Freie Demokratische Partei (FDP) – schlossen Scientology nach wie vor von der Mitgliedschaft aus. „Sektenfilter“ – von potenziellen Arbeitnehmern zu unterzeichnende Erklärungen, aus denen hervorging, dass sie keinen Kontakt zu Scientology hatten – wurden im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft weiterhin angewendet.
Vom Verfassungsschutz überwachte Organisationen waren auch weiterhin der Ansicht, ihre Überwachung unterstelle, sie seien extremistisch. Dies schränke ihre Möglichkeiten ein, sich für staatlich geförderte Projekte zu bewerben.
Im September und Oktober brachte die damalige Bundeskanzlerin Merkel in Reden ihr Bedauern darüber zum Ausdruck, dass Antisemitismus in der deutschen Öffentlichkeit zugenommen habe, und erklärte, Deutschland werde sich dem mit aller Kraft widersetzen. Bei der Verleihung eines Preises für Toleranz im September erklärte sie, dass die Unterstützung jüdischen Lebens ein besonderes Anliegen der Bundesregierung sei und dass in Deutschland Rassismus, Antisemitismus oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Hass nicht geduldet würden. Sie räumte auch einen starken Anstieg antisemitischer Taten im Jahr 2020 ein und äußerte die Sorge, dass der Antisemitismus enthemmter und offener zu Tage trete als zuvor.
Im August kündigte die Bundesregierung an, dass sie zwischen 2021 und 2024 zusätzlich 12 Millionen Euro für Forschungsnetzwerke mit Schwerpunkt Antisemitismus ausgeben wird. Dies ergänzt die bereits geplanten Ausgaben von einer Milliarde Euro für 89 Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus in diesem Zeitraum. Die damalige Bildungs- und Forschungsministerin Anja Karliczek sagte, die Regierung wolle Millionen in die Erforschung der Ursachen des Antisemitismus investieren, um ihn „wirksam zu bekämpfen“. Sie fügte hinzu, es gebe Grund zur Sorge, dass die 2.351 gemeldeten Fälle von Antisemitismus im Jahr 2020 „nur die Spitze des Eisbergs sind und dass die Dunkelziffer der täglichen Angriffe auf Juden wesentlich höher ist“.
Im Juli beantragte die Staatsanwaltschaft Duisburg Strafbefehle gegen sechs Polizeibeamtinnen und -beamte wegen Volksverhetzung und Verbreitung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen über rechtsextreme Chatgruppen mit Namen wie „Alphateam“ und „Kunta Kinte“. Nach Angaben des Landesinnenministeriums NRW tauschten die Polizistinnen und Polizisten in den Gruppen muslimfeindliche Inhalte aus, unter anderem auch Lob für die gegen Musliminnen und Muslime gerichteten Anschläge 2019 auf Moscheen in Christchurch in Neuseeland. Die Gruppen waren im September 2020 auf dem Smartphone eines Beamten gefunden worden. Die Ermittlungen gegen sieben weitere beschuldigte Mitglieder der Chatgruppen wurden aufgrund von Verjährung oder aus Mangel an Beweisen eingestellt. In 13 weiteren Fällen dauerten die Ermittlungen an, in allen Fällen waren Polizeibeamtinnen und -beamte beteiligt. Im September veröffentlichte die „Stabstelle Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei“ des Landesministeriums des Innern in Nordrhein-Westfalen ihren Abschlussbericht mit 18 Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus innerhalb der Polizei.
Im Juni leitete die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main Ermittlungen gegen 20 Angehörige des polizeilichen Spezialeinsatzkommandos (SEK) ein, weil sie in einer Chat-Gruppe rechtsextremistische Inhalte ausgetauscht hatten, darunter auch Material, in dem nationalsozialistische Organisationen verherrlicht wurden und Hass gegen Minderheiten geäußert wurde. Der hessische Ministerpräsident Peter Beuth löste am 26. August das Frankfurter SEK auf und kündigte die landesweite Neuorganisation dieser Einheiten an. Die Ermittlungen gegen die Mehrheit der Beamtinnen und Beamten dauerten am Jahresende an, die Ermittlungen gegen zwei Vorgesetzte, die die Aktivitäten in der Chatgruppe nicht gemeldete hatten, waren jedoch abgeschlossen. Der Frankfurter Polizeipräsident Gerhard Bereswill sagte im September, man werde mit Reformen bei Teilen der städtischen Polizei gegen antisemitische Tendenzen und andere diskriminierende Einstellungen innerhalb der Polizei vorgehen.
Im Juli erklärten der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Ayman Mazyek, und andere Vertreterinnen und Vertreter der muslimischen Gemeinschaft, dass den schätzungsweise 3.000 muslimischen Soldatinnen und Soldaten, die „ihren Kopf für Deutschland hinhalten“, keine Militärseelsorger zur Verfügung stünden. Das Verteidigungsministerium erklärte, mangels einer Dachorganisation für Musliminnen und Muslime, mit der das Ministerium verhandeln könne, sei es schwierig, Imame als Seelsorger zu ernennen.
Im Juni ernannte die Bundeswehr ihren ersten Militärrabbiner, den ersten von bis zu 10 Rabbinern, die für die 150 bis 300 Jüdinnen und Juden in den Streitkräften vorgesehen sind. Der Zentralrat der Juden in Deutschland und führende Politikerinnen und Politiker aller großen Parteien begrüßten diesen Schritt.
Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Justizministeriums beschäftigt das Bundesland vier muslimische Gefängnisseelsorgende, die allesamt Landesbedienstete sind und ein mehrstufiges Einstellungsverfahren durchlaufen haben. Auch die Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern beschäftigten laut Medienberichten muslimische Seelsorger, und in Niedersachsen arbeiteten 11 muslimische Seelsorger auf freiberuflicher Basis für den Strafvollzug.
Im Mai entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart zugunsten der württembergischen EKD, dass die COVID-19-Beschränkungen der Bundesregierung für Gebiete mit hoher Infektionsrate nicht für kirchliche Beerdigungen gelten. Die EKD hatte im April argumentiert, dass es sich bei kirchlichen Beerdigungen um Gottesdienste und nicht um private Veranstaltungen handele und diese daher von der in der COVID-19-Verordnung vorgeschriebenen Teilnehmerzahl von 30 Personen ausgenommen werden sollten. Das Gericht befand außerdem, dass die Verordnung des Bundes eine Einschränkung der Religionsfreiheit darstelle.
Religiöse Gruppierungen, unter anderem auch der Koordinierungsrat der Muslime, dem die größten muslimischen Organisationen des Landes angehören, äußerten sich besorgt, dass die Behörden Beamtinnen und Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst das Tragen von Kopftüchern oder anderen religiösen Symbolen untersagen könnten, nachdem das Gesetz, das solche Einschränkungen unter bestimmten Umständen zulässt, im Juli in Kraft getreten war.
Am 22. und 23. März entschieden Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der 16 Bundesländer, dass die Regierung die Kirchen auffordern würde, im Rahmen strikterer Corona-Regelungen während einer fünftägigen „Ruhezeit“ auf persönliche Zusammenkünfte zu verzichten und die Ostergottesdienste am 4. April abzusagen. Medienberichten zufolge haben sich die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten vor Bekanntgabe der Entscheidung nicht mit den Kirchen oder den Regierungsbeauftragten für religiöse Angelegenheiten abgestimmt. Nach heftigen Protesten der katholischen Kirche, der EKD und aus der Wirtschaft zog die Bundesregierung ihre Pläne für die Ruhezeit am 24. März zurück. Die Regierung legte den Kirchen jedoch weiterhin nahe, auf persönliche Anwesenheit bei den Ostergottesdiensten zu verzichten.
Im April schlug der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul den Kirchengemeinden vor, wegen der COVID-19-Pandemie auf persönliche Anwesenheit bei Gottesdiensten zu verzichten. Der Vorschlag folgte auf einen Corona-Ausbruch in einer Kirche in Euskirchen. Religiöse Gruppen hielten sich bei persönlichen Gottesdiensten an strenge Abstandsregeln, boten aber auch virtuelle und Autokino-Gottesdienste an.
Ebenfalls im April ermutigten Landesbeamtinnen und -beamte sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in ganz NRW Musliminnen und Muslime, den Ramadan virtuell zu feiern, da große Versammlungen aufgrund der Corona-Vorschriften verboten waren. Um die Abstandsregeln einzuhalten, boten viele Moscheen Gottesdienste für eine kleinere Zahl von Gläubigen für die persönliche Teilnahme sowie Gebete über das Internet an.
Im August richtete die Landesregierung NRW eine Meldestelle für antisemitische Vorfälle ein, die nicht zu einer Strafanzeige führen. Die Meldestelle wurde vorübergehend vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein verwaltet, bis die Regierung eine neue Organisation einrichten konnte.
Im März richtete die Stadt Köln in ihrem NS-Dokumentationszentrum eine Melde- und Dokumentationsstelle für antisemitische Vorfälle ein, die ihre Arbeit der Stadt zufolge mit ähnlichen Einrichtungen auf Landes- und Bundesebene abstimmen wird.
Im April ernannte die Hamburger Landesregierung Stefan Hensel, den Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), zum ersten unabhängigen Antisemitismusbeauftragten des Stadtstaates. Hensels dreijährige Amtszeit begann am 1. Juli. Die größte jüdische Gemeinde Hamburgs unter der Leitung von Oberrabbiner Shlomo Bistritzky sowie die kleinere Liberale Jüdische Gemeinde befürworteten die Ernennung. Hensel erklärte, er setze sich für die Bekämpfung von Antisemitismus und Antizionismus ein und fügte hinzu, die Stadt müsse die Jüdinnen und Juden in Hamburg als moderne Bürgerinnen und Bürger schätzen.
Bremen hat als einziges Bundesland weiterhin keinen Antisemitismusbeauftragten. In den vergangenen Jahren hatte der stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Bremen erklärt, die Gemeinde zöge es vor, Antisemitismus und andere Probleme in einem bestehenden Forum anzusprechen, dem auch der Bürgermeister und die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft angehörten.
Im August kündigte die baden-württembergische Landesregierung eine Verdoppelung des Jahresbudgets des Antisemitismusbeauftragten des Bundeslandes auf mehr als 2,2 Millionen Euro an.
Im Januar kündigten das baden-württembergische Landeskriminalamt und das Innenministerium ein neues Präventionsprogramm mit dem Titel „Sicher in Glaubensgemeinschaften“ an, das die Kommunikation zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Religionsgemeinschaften verbessern und gleichzeitig den Vertretern der Gemeinden Instrumente an die Hand geben soll, um Veranstaltungen sicher zu organisieren und Extremismus zu erkennen. Polizeibeamtinnen und -beamte in den Landespolizeipräsidien wurden als Verbindungspersonen zu den jüdischen und muslimischen Gemeinden geschult. Einer Pressemitteilung der baden-württembergischen Landesregierung zufolge könnten zu einem späteren Zeitpunkt weitere Religionsgemeinschaften hinzukommen.
Am 23. August hat der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl die ersten beiden Polizeirabbiner des Landes, Moshe Flomenmann aus Lörrach und Shneur Trebnik aus Ulm, offiziell in ihr Amt eingeführt. Laut Strobl sollen die Polizeirabbinerinnen und -rabbiner als Beratende und Ansprechpersonen für angehende und aktive Polizeibeamtinnen und -beamte sowie für Gemeindemitglieder dienen.
Im September wurde das Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland an einem neuen Standort in Heidelberg wiedereröffnet. Das Bundesministerium des Inneren finanziert das Archiv mit 900.000 Euro im Jahr.
Am 7. Oktober wies das Verwaltungsgericht Berlin eine Klage zweier Unterstützer der Bewegung „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“ (BDS) ab. In der Klage führten sie an, der Bundestag habe ihre Grundrechte verletzt, als er 2019 eine Resolution verabschiedete, in der BDS als antisemitisch kritisiert wurde.
Im Mai hob das Landgericht Mönchengladbach in einem Berufungsverfahren die von der niedereren Instanz verhängte achtmonatige Bewährungsstrafe für einen Mann auf, der das antisemitische Manifest des Synagogenattentäters von Halle aus dem Jahr 2019 im Internet verbreitet hatte, und verurteilte ihn stattdessen zu einer Geldstrafe von 900 Euro. Das Gericht erklärte, es halte die Aussage des Angeklagten, er habe das Manifest nur geteilt, um sich über dessen Inhalt lustig zu machen, für glaubwürdig.
Im Mai lehnte das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster den Antrag auf Ausnahmegenehmigung einer Frau aus Düsseldorf ab, die mit dem Nikab Auto fahren wollte. Das Gericht berief sich auf das Gesetz, das es Autofahrenden verbietet, ihr Gesicht bis auf die Augen vollständig zu verhüllen. Gegen die Entscheidung konnten keine Rechtsmittel eingelegt werden.
Einer im Jahr 2020 durchgeführten Erhebung der Landesbildungsministerien zufolge boten mehr als 900 Schulen im Land islamischen Religionsunterricht an. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Fast 60.000 Schülerinnen und Schüler nahmen im Schuljahr 2019/2020 am islamischen Religionsunterricht teil, 4.000 mehr als im Jahr zuvor. Seit dem Schuljahr 2017/18 haben etwa 35 Schulen islamischen Religionsunterricht eingeführt.
Im Mai setzte das Schulministerium NRW eine neue Kommission zur Zusammenarbeit beim islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ein.
Im Juli entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden, dass die hessische Landesregierung die Zusammenarbeit mit der Türkisch-Islamischen Union für Religion (DITIB) zum islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen im April 2020 rechtswidrig beendet hatte. Die Landesregierung hat im August gegen das Urteil Berufung eingelegt und das Verfahren war zum Jahresende noch anhängig.
Seit dem Schuljahr 2021/22 wird an 364 Schulen in Bayern islamischer Religionsunterricht angeboten, ähnlich wie der bereits bestehende christliche und jüdische Religionsunterricht. Alle Schülerinnen und Schüler in Bayern müssen entweder den Religionsunterricht einer der genannten Religionen oder einen Ethikkurs besuchen, wenn für ihre Religion kein Unterricht angeboten wird. Etwa 100 muslimische Lehrkräfte waren für den Religionsunterricht rund 17.000 muslimischer Schülerinnen und Schüler vorgesehen, obwohl nach Angaben von Eltern, Schulen und Mitarbeitenden des Kultusministeriums die Zahl der Kinder, die islamischen Religionsunterricht wünschten, viel höher war als 17.000. Die muslimischen Gemeinden kritisierten, dass die Landesregierung und nicht die Glaubensgemeinschaft den Lehrplan für den Unterricht festlegte.
Im Oktober bot Sachsen-Anhalt Schülerinnen und Schülern in einem Pilotprojekt an einer Grundschule in Magdeburg erstmals Judaistikunterricht an. Vierzehn Schüler haben sich für den Kurs angemeldet.
Im April entschied das Verwaltungsgericht Mainz, dass die Schließung der einzigen islamischen Kindertagesstätte in Rheinland-Pfalz, das al-Nur-Zentrum in Mainz, im Jahr 2019 rechtmäßig war. Die Landesbehörden hatten das Zentrum mit der Begründung geschlossen, es stehe in Verbindung mit der Muslimbruderschaft und salafistischen Organisationen.
Im Mai lehnte die Stiftung Sunnitischer Schulrat, die für den islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg zuständig ist, die Erteilung einer Lehrerlaubnis für Abdel-Hakim Ourghi, Leiter des Fachbereichs Islamische Theologie an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg, ab. Während die Stiftung fehlende Zeugnisse als Grund für ihre Entscheidung anführte, warfen Kritikerinnen und Kritiker, darunter Mitglieder der muslimischen Gemeinde, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Politikerinne und Politiker, ihr vor, eine prominente Stimme einer liberalen Auslegung des Islam zum Schweigen bringen zu wollen. Das baden-württembergische Kultusministerium verteidigte die Entscheidung, die angefochten werden kann.
Die Regierung bezuschusste weiterhin einige jüdische Gruppen. Auf der Grundlage eines Staatsvertrages zwischen der Bundesregierung und dem Zentralrat der Juden in Deutschland unterstützte die Bundesregierung den Erhalt des jüdischen Kulturerbes und die Integration und Sozialarbeit mit jährlich 13 Millionen Euro. Darüber hinaus förderte die Bundesregierung das Institut für Jüdische Studien in Heidelberg, das Seminar für Rabbiner an der Universität Potsdam und das Leo Baeck Institut, eine internationale Organisation, die zur Geschichte und Kultur des deutschen Judentums forscht.
Die Landesregierungen stellten jüdischen Gemeinden und Organisationen weiterhin Mittel in unterschiedlicher Höhe zur Verfügung, beispielsweise für die Renovierung und den Neubau von Synagogen. Der Bund übernahm weiterhin 50 Prozent der Kosten für die Pflege jüdischer Friedhöfe. Einheiten der Landes- und Bundespolizei gewährleisteten weiterhin die Sicherheit von Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen.
Im März kündigten die Conference on Jewish Material Claims against Germany (auch Jewish Claims Conference) und die Regierung eine Vereinbarung über die Gewährung von Übergangszahlungen an überlebende Ehepartner jüdischer NS-Opfer an, die eine Rente vom Staat erhalten hatten.
Im Januar unterzeichnete die baden-württembergische Landesregierung einen Vertrag mit den jüdischen Gemeinden des Landes zum Schutz jüdischer Einrichtungen und zur Bekämpfung von Antisemitismus. Der Vertrag sieht vor, dass die Landesregierung im Jahr 2021 eine Million Euro und in den darauffolgenden drei Jahren jeweils 1,17 Millionen Euro für den Schutz jüdischer Einrichtungen sowie drei Jahre lang jährlich 200.000 Euro für den Bau einer jüdischen Akademie bereitstellt.
Am 22. April beschloss der Dresdner Stadtrat die Einrichtung eines Museums zur Geschichte des jüdischen Lebens in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in Polen und der Tschechischen Republik.
Nach mehrjähriger Renovierung wurde die Görlitzer Synagoge am 12. Juli wiedereröffnet. Die 110 Jahre zuvor eingeweihte Synagoge hatte das nationalsozialistische Novemberpogrom 1938 (auch Kristallnacht genannt) überlebt und war in der DDR-Zeit vernachlässigt worden.
Die Bundesregierung hat den Bau mit 2,8 Millionen Euro unterstützt.
Im September wurde mit dem Bau der Jüdischen Akademie in Frankfurt begonnen. Die Akademie, die 2024 eröffnet wird, soll Geldgebern zufolge als intellektuelles Zentrum jüdischen Lebens sowie jüdischer Philosophie und Kultur dienen. Die geschätzten Baukosten in Höhe von 34,5 Millionen Euro sollten von der Bundesregierung, dem Bundesland Hessen, der Stadt Frankfurt und dem Zentralrat der Juden in Deutschland getragen werden.
Im September unterzeichneten die Stadt Frankfurt und die dortige Jüdische Gemeinde eine Verlängerung des Vertrages, der ihre Zusammenarbeit regelt. Laut Vertrag wird die Stadt mit Beginn des Haushaltsjahres 2022 eine weitere Million Euro für den Schutz und die Sicherheit der Jüdischen Gemeinde beisteuern.
Laut Medienberichten und der Humanistischen Union, einer Organisation, die es als ihre Aufgabe sieht, sich für den Schutz und die Durchsetzung von Bürgerrechten einzusetzen, einschließlich des Rechts auf freie Persönlichkeitsentwicklung, lag die Höhe der Gelder, die in diesem Jahr vom Staat an die Katholische Kirche und die EKD geflossen sind, insgesamt bei ca. 581 Millionen Euro. Die Humanistische Union gab an, ihre Schätzung auf der Grundlage der Haushalte der 16 Bundesländer berechnet zu haben. Die Humanistische Union befürwortet die Abschaffung staatlicher Privilegien für Kirchen wie konfessionellen Religionsunterricht als reguläres Schulfach, des Einzugs von Kirchensteuern und anderer finanzieller Hilfen für Religionsgemeinschaften.
Am 16. Juni eröffnete in Osnabrück das erste staatlich finanzierte Islamseminar des Landes. Das Seminar wurde von fünf muslimischen Verbänden, darunter der Zentralrat der Muslime in Deutschland und die Gemeinschaft der Muslime in Niedersachsen, gegründet. Eine Kommission aus Verbandsvertretern stellt den Lehrplan auf, unterrichtet wird in deutscher Sprache. Die Bundesregierung und die Regierung des Landes Niedersachsen haben zugesagt, fünf Jahre lang Mittel in Höhe von 5,5 Millionen Euro für das Seminar bereitzustellen.
Die Regierung setzte im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz den Dialog mit den Muslimen im Land fort. Ziel des Dialogs ist es, die religiöse und gesellschaftliche Beteiligung der Muslime zu verbessern, eine stärkere Anerkennung des gesellschaftlichen Beitrags der Muslime zu erreichen und, mangels einer zentralen Organisation zur Vertretung aller Muslime im Land, die Partnerschaften zwischen der Regierung und den islamischen Organisationen auszubauen. Konkrete Ergebnisse des Dialogs waren unter anderem die Veröffentlichung einer großen Studie im April über muslimisches Leben in Deutschland, die zum ersten Mal seit vielen Jahren neue offizielle Schätzungen über die Größe der muslimischen Bevölkerungsgruppe in Deutschland beinhaltete, eine Konferenz im Mai über die Sichtweisen junger Musliminnen und Muslime zu Themen, die den Islam in Deutschland betreffen, die Schaffung eines islamischen Seminars in Osnabrück im Juni sowie die staatliche Finanzierung desselben und die Förderung von Bemühungen, die muslimische Gemeinschaft im Laufe des Jahres kontinuierlich über die Corona-Pandemie zu informieren.
Die Bundesrepublik ist Mitglied der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken und führte bis 31. März den Vorsitz der Organisation.
Abschnitt III Status der Achtung der Religionsfreiheit durch die Gesellschaft
Es gab zahlreiche Berichte über antisemitische, islamfeindliche und christenfeindliche Vorfälle im ganzen Land, darunter Überfälle, verbale Übergriffe, Drohungen, Diskriminierung und Vandalismus. Zahlen des Bundeskriminalamts zufolge waren bis 5. November 1.850 antisemitische Straftaten gemeldet worden, von denen 35 mit körperlicher Gewalt einhergingen, wobei 17 Personen verletzt wurden.
Im August wurde in einem Kölner Park ein junger jüdischer Mann, der eine Kippa trug, von einer Personengruppe beleidigt und zusammengeschlagen. Das Opfer kam mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus. Die zwei Angreifer wurden festgenommen, aber wieder frei gelassen; die polizeiliche Untersuchung des Falles war zu Jahresende noch nicht abgeschlossen. Die Kölner Bürgermeisterin Henriette Reker, der katholische Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki, sowie die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, verurteilten den Übergriff, der nach Aussage der Polizei einen mutmaßlich antisemitischen Hintergrund hatte.
In Hamburg riefen am 18. September ein Mann und seine Begleiter antisemitische Parolen, bevor einer der Männer einen 60 Jahre alten jüdischen Mann angriff, der Medienberichten zufolge ins Krankenhaus kam und mit möglicherweise lebenslangen gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen hat. Der Hamburger Antisemitismusbeauftragte Stefan Hensel sagte, der Angreifer und seine Begleiter hätten bei einer israelfreundlichen Mahnwache in Hamburg antisemitische und israelfeindliche Beleidigungen gerufen. Als Teilnehmer der Mahnwache sie gebeten hätten, damit aufzuhören, habe der Angreifer dem jüdischen Mann ins Gesicht geschlagen und ihm die Nase und das Jochbein gebrochen. Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank verurteilte den Übergriff. Ende September nahm die Polizei in Berlin den 16-jährigen Aram A. als Tatverdächtigen fest.
Im Mai fanden während der Zusammenstöße in Gaza und Israel in ganz Deutschland eine Reihe antisemitischer Demonstrationen statt, bei denen es teilweise zu gewalttätigen Vorfällen kam, und es kam zu Vandalismus und Übergriffen. Am 10. Mai zündeten Unbekannte am Standort der früheren Düsseldorfer Synagoge eine Gedenktafel an; am 11. Mai verbrannten Demonstrierende vor Synagogen in Bonn und Münster israelische Flaggen. Darüber hinaus bewarfen die Demonstrierenden die Synagoge in Bonn mit Steinen. Am 12. Mai nahmen in Gelsenkirchen etwa 180 Menschen an einer israelfeindlichen Demonstration teil, auf der antisemitische Sprechchöre skandiert und Juden als Untermenschen bezeichnet wurden. Einige Teilnehmende machten das Handzeichen der Grauen Wölfe, einer rechtsextremen türkischen Gruppierung.
Das nordrhein-westfälische Innenministerium berichtete von insgesamt 77 Vorfällen mit antisemitischem oder israelfeindlichem Hintergrund (wobei das Ministerium nicht zwischen antisemitischen und israelfeindlichen Vorfällen unterschied) bei pro-palästinensischen Demonstrationen im Mai, für die dem Ministerium zufolge mutmaßlich 125 Personen verantwortlich sein sollten; 45 Personen wurden namentlich identifiziert.
Am 15. Mai beteiligten sich 3.500 Menschen in Berlin-Neukölln an einer pro-palästinensischen Demonstration, die später antisemitisch wurde. Die Demonstrierenden skandierten antisemitische Parolen und trugen Plakate, auf denen Israel mit den Nationalsozialisten gleichgesetzt wurde. Medienberichten zufolge gehörten zu den Teilnehmenden auch Mitglieder der Grauen Wölfe sowie linksextremer Gruppierungen. Nachdem die Polizei versucht hatte, die Demonstration wegen Verstößen gegen die Corona-Bestimmungen aufzulösen, waren einige Demonstrierende gewalttätig geworden und hatten Flaschen, Steine und brennende Objekte auf die Polizei sowie auf Journalistinnen und Journalisten geworfen, die von der Demonstration berichteten. 93 Polizeibeamtinnen und -beamte wurden verletzt, 59 Personen wurden wegen Körperverletzung, Angriffen auf die Polizei und anderer Verstöße festgenommen. Nach einigen Stunden hatte die Polizei die Ordnung wieder hergestellt. Die polizeilichen Ermittlungen waren am Jahresende noch nicht abgeschlossen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller verurteilte die Demonstration als „inakzeptabel“.
In einer vom Sprecher der Bundesregierung vorgetragenen Erklärung verurteilte Kanzlerin Merkel die Demonstrationen und Übergriffe auf jüdische Einrichtungen als antisemitischen Missbrauch der Versammlungsfreiheit. Sie hätten gezeigt, dass die daran Beteiligten nicht gegen einen Staat oder eine Regierung protestiert, sondern Hass gegen eine Religion und die an sie glaubenden Menschen zum Ausdruck gebracht hätten, so die Bundeskanzlerin. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Demonstrationen und Übergriffe ebenfalls und sagte, „Judenhass – ganz gleich von wem – wollen und werden wir in unserem Land nicht dulden. Nichts rechtfertigt die Bedrohung von Jüdinnen und Juden oder Angriffe auf Synagogen in deutschen Städten.“ In einer Erklärung sagte der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, „für Antisemitismus, Hass und Gewalt“ bei Protesten „gibt es keine Begründung“ und erkannte an, dass es in Deutschland Antisemitismus gibt. Der damalige Innenminister Seehofer sagte, dass Anschläge auf Synagogen und die Ausbreitung von Antisemitismus mit der vollen Härte des Rechtsstaats verfolgt würden. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, verurteilten die Vorfälle ebenfalls. Der Präsident des Zentralrats der Juden und der deutschen Bischofskonferenz warnten in einer gemeinsamen Presseerklärung vor zunehmendem Antisemitismus und davor, „dass ein politischer Konflikt mit religiösem Fanatismus verbunden“ wird. Mehrere geistliche Oberhäupter und Regierungsbeamte, darunter auch der hessische Landesgeschäftsführer der DITIB Onur Akdeniz, der Bischof von Limburg Georg Bätzing und der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker, sprachen sich gegen die antisemitische Propaganda bei den pro-palästinensischen Demonstrationen aus.
Im Mai nahm die hessische Landeskriminalpolizei einen in Berlin lebenden Mann fest, der als Alexander M. bezeichnet wurde, weil dieser von Ende 2018 bis 2020 mehr als 85 Drohbriefe mit rechtsextremem und teilweise antisemitischem Inhalt an Politiker, Journalisten und andere prominente Persönlichkeiten geschickt haben sollte. Viele der bekannteren Empfängerinnen waren muslimische Frauen. Zu den Empfängern gehörten außerdem unter anderem der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland.
Im Juni griffen zwei Männer in Mönchengladbach einen jüdischen Mann an, den sie auf Arabisch ansprachen. Die Polizei ermittelte, hatte aber bis Jahresende noch keine Tatverdächtigen gefunden.
Bei einem Fußballspiel des 1. FC Union Berlin gegen Haifa Maccabi im Berliner Olympiastadion – es war das erste Mal, dass eine israelische Mannschaft in dem Stadion spielte, das von den Nazis für die olympischen Spiele 1936 errichtet worden war – berichteten Maccabi-Fans, dass sie von einigen Union-Fans bedroht worden seien, diese sie antisemitisch beleidigt und Dinge nach ihnen geworfen hätten. Pressemeldungen zufolge versuchte ein Union-Fan, eine israelische Flagge zu verbrennen. Der 1. FC Union entschuldigte sich für die Flaggenverbrennung, die Beleidigungen und körperlichen Angriffe, die der Verein allesamt als antisemitisch bezeichnete, und erteilter einer Person künftig Stadionverbot. Die Ermittlungen der Polizei waren bis Jahresende noch nicht abgeschlossen.
Im April drangen am Ostersonntag drei unbekannte Männer in eine Kirche in Nidda (Hessen) ein, riefen „es gibt nur einen Gott, und das ist Allah“ und „Allah ist der Größte“ und beleidigten einen Gottesdienstbesucher. Die Einheit für politische Verbrechen des hessischen Staatsschutzes nahm Ermittlungen wegen Störung der Religionsausübung auf.
Im September wurde eine Polizistin in Halle vom Dienst suspendiert, weil sie wiederholt mit Stephan Balliet korrespondiert hatte, der an Jom Kippur 2019 einen Anschlag auf die Synagoge in Halle verübt hatte. Die Beamtin hatte Balliet unter Verwendung eines Pseudonyms und einer falschen Adresse mindestens zehn Briefe geschrieben. Zeugenaussagen zufolge soll sie Verständnis für den Angreifer geäußert und dessen Taten in Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen verharmlost haben. Nach einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung hat die Beamtin zum 31. Oktober den Dienst quittiert.
Am 15. Januar berichtete die Erfurter Tageszeitung Thüringer Allgemeine, dass örtliche Baufirmen wiederholt im Zusammenhang mit dem Bau einer Moschee in Erfurt Aufträge abgelehnt hatten, weil sie befürchteten, Gegner der Moschee würden bei einer Baubeteiligung ihre Fahrzeuge beschädigen. Eine weitere Zeitung berichtete 2020, dass Bauunternehmen zur selben Zeit ebenfalls die Beteiligung am Bau der Moschee verweigert hatten. Suleman Malik, der Sprecher der muslimischen Ahmadiyya Gemeinde in Erfurt, sagte, die Reaktionen der Baufirmen hätten den Bau der Moschee um zwei Jahre verzögert.
Im Juli stornierte das Hotel Hyatt in Düsseldorf die Reservierung des Baba Sheikh, des geistlichen Anführers der Jesiden, sowie seiner beiden Begleiter. Das Hotel gab an, die Stornierung habe technische Gründe gehabt, entschuldigte sich für das Missverständnis und erhielt die Reservierung aufrecht.
Im Oktober gab der jüdische Sänger Gil Ofarim an, Angestellte an der Rezeption des Leipziger Hotels Westin hätten beim Einchecken von ihm verlangt, seine Kette mit Davidstern abzulegen. Die Hotelangestellten bestritten das und verklagten den Sänger wegen Verleumdung. Daraufhin bezichtigte Ofarim sie der Falschaussage. Das Verfahren gegen das Hotel wegen Diskriminierung war am Jahresende noch anhängig. Das Hotel gab an, eigene Ermittlungen durchgeführt zu haben, die das Personal entlastet hätten.
Medien berichteten erneut, dass Frauen mit Hidschab bei der Arbeitssuche Diskriminierung ausgesetzt waren. Diese Diskriminierung wurde durch die gängige Praxis, einer Bewerbung ein Foto beizufügen, weiter befördert. Nach einem im März erschienenen Bericht musste eine Arbeitssuchende, die ein Kopftuch trug, 450 Bewerbungen schreiben, bevor sie zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wurde, während andere Bewerber ohne Kopftuch schon nach vier Bewerbungen zum Gespräch eingeladen wurden.
Im Juni versuchte ein Mann, die Ulmer Synagoge in Brand zu setzen, und verursachte einen geringfügigen Schaden am Gebäude. Der Tatverdächtige, ein in Deutschland geborener türkischer Staatsbürger, floh nach der Tat in die Türkei. Behörden in Baden-Württemberg zufolge verweigerte die türkische Regierung seine Auslieferung. Nach dem Vorfall nahmen fast 500 Menschen, darunter auch Kommunal- und Landespolitiker, an zwei verschiedenen Mahnwachen teil, und der baden-württembergische Landtag verabschiedete eine Resolution gegen Antisemitismus.
Im April gab ein Unbekannter Schüsse auf die Bochumer Synagoge und ein in der Nähe gelegenes Planetarium ab. Durch den Anschlag wurden nach Polizeiangaben in beiden Gebäuden Fensterscheiben zerstört. Die Polizei schloss ein antisemitisches Tatmotiv nicht aus. Im Mai veröffentlichte die Polizei Aufzeichnungen einer Überwachungskamera und rief die Bevölkerung dazu auf, bei der Identifizierung des Tatverdächtigen zu helfen. Im Dezember stellte die Staatsanwaltschaft Bochum die Ermittlungen aus Mangel an Beweisen ein.
Am 24. Juli steckten Unbekannte ein Transparent in Brand, mit dem der Bau einer neuen Synagoge in Magdeburg angekündigt wurde. Die Polizei ermittelte in dem Fall. Das Bundesland Sachsen-Anhalt merkte einen Betrag von 2,8 Millionen Euro für den Bau einer Synagoge vor; die Baukosten insgesamt wurden auf ca. 3,4 Millionen Euro veranschlagt.
Im Juni wurde der Thoraschrein in einem jüdischen Gebetsraum am Flughafen Frankfurt am Main mit einem Hakenkreuz beschmiert. Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland verurteilte die Schmiererei als Vandalismus und forderte: „Dieser Hass auf Juden muss endlich aufhören.“
Zahlen des Bundesinnenministeriums zufolge wurden 2020 – das letzte Jahr, für das Daten verfügbar waren – 2.351 antisemitische Straftaten verübt, wobei es bei 57 dieser Vorfälle zur Anwendung von Gewalt kam. Das ist, gemessen an den 2.032 im Jahr 2019 gemeldeten Fällen, von denen 73 Gewalt beinhalteten, eine Zunahme um 15,7 Prozent. Der Kriminalstatistik des Bundes zufolge waren 2.224 Straftaten (94,6 Prozent) rechtsextrem motiviert. RIAS führte die Zunahme antisemitischer Straftaten und Vorfälle auf die zahlreichen Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen oder andere mit Corona zusammenhängende Themen zurück und brachte 489 antisemitische Vorfälle zur Anzeige, die im Zusammenhang mit der Pandemie standen.
Aus dem Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz ging hervor, dass 48 der 57 im Jahr 2020 verübten gewalttätigen antisemitischen Straftaten einen rechtsextremen Hintergrund hatten; das sind 14 Prozent weniger als noch 2019, als 56 derartige Straftaten zu verzeichnen waren. Dem Bericht zufolge fiel die Mitgliederzahl in rechtsextremen Parteien wie der Neonazi-Partei NPD leicht, von rund 13.330 im Jahr 2019 auf 13.250 im Jahr 2020.
Im Mai veröffentlichte die NRW-Antisemitismusbeauftragte den zweiten Antisemitismusbericht Nordrhein-Westfalen, demzufolge 2020 in dem Bundesland 276 antisemitische Straftaten gemeldet wurden (2019 waren es noch 310 gewesen), von denen 254 (im Vorjahr: 291) durch rechtsextremes Gedankengut motiviert waren. Die Straftaten reichten von Beschimpfungen bis hin zu Körperverletzung; in allen Fällen wurde strafrechtlich ermittelt. Die Beauftragte des Landes NRW gab an, dass ihrem Büro 500 antisemitische Vorfälle gemeldet wurden, darunter auch solche, die nicht zur Anzeige gebracht wurden.
Einer RIAS-Studie aus dem Monat Juli zufolge, für die jüdische Bürgerinnen und Bürger aus Baden-Württemberg befragt und andere Quellen herangezogen wurden, waren Jüdinnen und Juden in dem Bundesland tagtäglich mit Antisemitismus konfrontiert, dessen Ausmaß von geringfügig bis schwerwiegend reichte. Ein führender Vertreter einer jüdischen Gemeinde bezeichnete Antisemitismus als „Grundrauschen“ des jüdischen Lebens. Die Studie untersuchte 671 antisemitische Straftaten, die zwischen 2014 und 2018 in dem Bundesland verübt worden waren. Ein Sprecher der Jugendstiftung Baden-Württemberg machte auf den zunehmenden Antisemitismus im Netz aufmerksam und gab an, dass 2020 200 und im ersten Halbjahr 2021 300 Fälle gemeldet wurden.
RIAS, wo antisemitische Vorfälle unabhängig von einer Anzeige bei der Polizei gemeldet werden können, verzeichnete 2020 1.437 antisemitische Vorfälle in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bayern und Schleswig-Holstein; 2019 waren es 1.253 gewesen, es handelt sich also um einen Zuwachs von 14,6 Prozent.
Die niedersächsische Landesregierung erfasste im Jahr 2020 189 antisemitische Straftaten, also weniger als 2019, als es 212 gewesen waren. Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern erfasste im Jahr 2020 73 antisemitische Straftaten, ein Zuwachs im Vergleich zu den 52 im Jahr 2019.
2020 verzeichnete das Bundesministerium des Innern 929 Straftaten gegen Muslime und muslimische Einrichtungen, darunter 77 Angriffe auf islamische Gotteshäuser und 51 Fälle von Körperverletzung. Das Ministerium stufte die meisten dieser Vorfälle als von Rechtsextremisten verübt ein. Zudem wurden Fälle von Hetze gegen Muslime im Internet und per E-Mail sowie aggressives Verhalten gegenüber muslimisch aussehenden Personen im öffentlichen Raum gemeldet.
2020 erfasste das Innenministerium 141 christenfeindliche Straftaten, darunter sieben Fälle, in denen es zu Gewaltanwendung kam. Das ist ein Zuwachs von 10 Prozent im Vergleich zu 2019, als 128 Fälle erfasst wurden. Das Ministerium stufte 30 Prozent dieser Straftaten als rechtsideologisch und 12 Prozent als linksideologisch motiviert ein.
Im Mai stellte das Innenministerium seinen Jahresbericht über politisch motivierte Kriminalität vor, demzufolge die Polizei 1.026 religionsfeindlich motivierte Straftaten erfasste.
Im Januar griff eine unbekannte Person die Leipziger St.-Lukas-Kirche, eine evangelisch-lutherische Kirche, mit Steinen und Farbe an, wodurch Fenster zerstört und ein gerade restauriertes Mosaik beschädigt wurden. In einem anonymen Bekennerschreiben, das im Internet veröffentlicht wurde, wurde Martin Luther des Sexismus und der Tyrannei beschuldigt und Kirchen „eines der besten Ziele“ für Angriffe auf westliche Moralvorstellungen genannt. Am Jahresende hatte die Polizei noch keinen Tatverdächtigen identifiziert.
Im April zerschlug ein unbekannter Mann die Fensterscheiben des Gebetsraumes einer Moschee in Hildesheim und verschaffte sich Zugang zum Hof der Moschee, bevor er flüchtete. Die Polizei nahm einen Tatverdächtigen fest, der angeklagt wurde. Der Prozess wurde für 2022 angesetzt.
Im August griff ein Mann an einem Berliner U-Bahnhof eine Frau an, die ein Kopftuch trug. Der unbekannte Angreifer schlug auf die Frau ein und riss ihr das Kopftuch herunter, während er sie fremdenfeindlich beschimpfte. Als die Frau zu entkommen versuchte, warf er sein Fahrrad auf sie, sodass sie stürzte. Dann flüchtete er. Die Frau musste im Krankenhaus behandelt werden; die für Volksverhetzung und politisch motivierte Gewalt zuständige Polizeieinheit hatte die Ermittlungen bis Jahresende noch nicht abgeschlossen.
Im September warfen Unbekannte sechs Fenster eines von der Polizei als „muslimische Einrichtung“ bezeichneten Gebäudes in Zwickau mit Steinen ein. In Medienberichten wurde das Gebäude, das bereits in der Vergangenheit Ziel von Vandalismus gewesen war, als Moschee bezeichnet. Am Jahresende hatte die Polizei noch keinen Tatverdächtigen gefasst.
Im Februar verurteilte das Hamburger Landgericht einen Mann, der im Oktober 2020 einen jüdischen Studenten mit einem Spaten niedergeschlagen hatte, wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung. Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass der Mann wegen einer psychischen Erkrankung nicht schuldfähig sei und ordnete deshalb seine dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie an. Der Mann, der eine militärähnliche Uniform getragen hatte, hatte den Studenten bei einer Sukkot-Feier vor der Synagoge Hohe Weide in Hamburg angegriffen und ihm eine schwere Kopfverletzung zugefügt.
Im Januar urteilte das Landgericht Hildesheim (Niedersachsen), dass ein Hildesheimer Bürger, der 2020 wegen des Verdachts der Planung von Angriffen gegen Muslime und Moscheen festgenommen worden war, an einer schweren psychischen Erkrankung leide und deshalb nicht schuldfähig sei. Das Gericht ordnete seine vorübergehende Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung an. Die Polizei hatte Waffen in der Wohnung des Tatverdächtigen gefunden, der in einem Internet-Chat angekündigt hatte, „Muslime töten“ und einen Anschlag verüben zu wollen, der den Anschlägen auf Moscheen in Neuseeland im Jahr 2019 ähnelte.
Am 16. Juni urteilte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zugunsten einer Anhängerin von Scientology, deren Antrag auf Bezuschussung eines E-Bikes mit 500 Euro von der Stadt München im Jahr 2018 abgelehnt worden war, weil sie sich geweigert hatte, eine Erklärung zu unterschreiben, der zufolge sie keine Scientology-Methoden anwenden oder Scientology-Gedankengut verbreiten würde. In Bayern und einigen anderen Bundesländern müssen Personen, die eine öffentliche Beschäftigung aufnehmen oder staatliche Mittel beantragen wollen, solche Erklärungen unterzeichnen. Das Gericht urteilte, dass die Klägerin ebenso wie jede andere Bürgerin und jeder andere Bürger ein Anrecht auf den Zuschuss der Stadt habe.
Im Juli entschied der Europäische Gerichtshof in zwei Berufungsverfahren, einem aus Hamburg und einem aus Bayern, dass Arbeitgebende ihren Angestellten unter bestimmten Umständen verbieten können, Kopftücher zu tragen. In beiden Fällen hatten Mitarbeiterinnen geklagt, die bei ihrer Einstellung kein Kopftuch getragen hatten, sich aber nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit dazu entschieden. Ihnen wurde das Tragen des Kopftuchs mit der Begründung verweigert, dass Angestellte gegenüber Kunden neutral auftreten müssten. Das Gericht gab den Arbeitgebenden Recht. Muslimische Organisationen und NGOs kritisierten das Urteil und erklärten, es erschwere Musliminnen die Berufswahl.
Im September wurde das Verfahren gegen zwei Personen eröffnet, die wegen der Schändung eines jüdischen Friedhofs in Geilenkirchen festgenommen worden waren. Polizeiangaben zufolge hatten die beiden 2019 auf dem Friedhof mehr als 40 Grabsteine umgeworfen und Grabsteine mit blauer Farbe und Nazisymbolen beschmiert. Den Angeklagten wurden Sachbeschädigung und Störung der Totenruhe vorgeworfen. Der Staatsanwaltschaft zufolge waren beide Mitglieder einer Neonazi-Gruppierung. Das Verfahren begann im September und war am Jahresende noch nicht abgeschlossen.
Im September verurteilte das Landgericht Mönchengladbach einen Mann zu vier Monaten auf Bewährung, weil dieser im Jahr 2019 einen blutigen Schweinekopf und mit Blut gefüllte Plastiktüten vor der Arrahman-Moschee in Mönchengladbach hinterlassen und dort rechtsextreme Parolen und Hakenkreuze hingeschmiert hatte.
Im Oktober entfernte ein Mann, der behauptete, das Christentum sei eine falsche Religion, sakrale Objekte aus einer Kirche in Nordhausen (Thüringen), darunter das Kruzifix der Kirche sowie ein mittelalterliches Holzaltarbild, die beide beschädigt wurden. Polizeiangaben zufolge soll gegen den Mann, dessen Asylantrag abgelehnt worden war, Strafanzeige erstattet werden.
Die katholische Kirche und die evangelische Kirche in Deutschland lehnten Scientology weiterhin öffentlich ab. „Sektenbeauftragte“ oder „Stellen für Weltanschauungen und Sekten“ der katholischen Kirche und der EKD untersuchten weiter „Sekten und Kulte“ und informierten die Öffentlichkeit darüber, inwiefern die Gruppen ihres Erachtens eine Gefahr darstellten. Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen warnte auf ihrer Website weiterhin vor den Gefahren, die ihrer Meinung nach von verschiedenen Glaubensgruppen wie Scientology, der Familienföderation für Weltfrieden und Vereinigung (Vereinigungskirche), Bhagwan-Osho, Transzendentale Meditation und Universelles Leben ausgingen, und druckte weiterhin kritische Publikationen über diese Gruppen.
Im September veröffentlichte die Brüsseler NGO Action and Protection League die Ergebnisse ihrer europaweiten Antisemitismusumfrage, basierend auf Daten, die von Dezember 2019 bis Januar 2020 erhoben wurden. In der Umfrage gaben 10 Prozent der 1.000 Befragten zwischen 18 und 75 Jahren an, eine ablehnende Haltung gegenüber Jüdinnen und Juden zu haben. 15 Prozent sagten, jüdische Nachbarn zu haben, wäre ihnen „sehr unangenehm“ oder „unangenehm“. In der Umfrage wurden klischeehafte Aussagen über Juden getroffen und die Befragten mussten angeben, wie sehr sie ihnen zustimmten. Der Prozentsatz der Befragten, die bei den folgenden Aussagen „stimme voll und ganz zu“ oder „stimme eher zu“ antworteten, ist jeweils hinter der Aussage angegeben:
„Die Interessen von Juden in diesem Land unterscheiden sich sehr von den Interessen der übrigen Bevölkerung“ (23 Prozent), „Es gibt ein geheimes jüdisches Netzwerk, das Einfluss auf Politik und Wirtschaft weltweit nimmt“ (15 Prozent), „Juden haben in diesem Land zu viel Einfluss“ (12 Prozent), „Juden werden niemals in der Lage sein, sich vollständig in diese Gesellschaft zu integrieren“ (20 Prozent), Juden neigen eher als andere dazu, für das Erreichen ihrer Ziele zwielichtige Praktiken anzuwenden“ (15 Prozent), „Viele der Gräueltaten des Holocaust wurden später von den Juden übertrieben dargestellt“ (8 Prozent), „Die Juden sind auch selbst schuld an ihrer Verfolgung“ (7 Prozent), „Die Juden nutzen ihre Rolle als Opfer des Holocaust zu eigenen Zwecken aus“ (23 Prozent).
In einer bundesweit durchgeführten, repräsentativen Umfrage, die von der Alice Schwarzer Stiftung zusammen mit der Giordano-Bruno-Stiftung und dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in Auftrag gegeben und am 11. Juni veröffentlicht wurde, gaben 65 Prozent der Befragten an, es sei „richtig“, dass Religionsfreiheit für Muslime und Christen gleichermaßen gelte, während 18 Prozent sagten, es sei „nicht richtig“ und 17 Prozent angaben, „unentschieden“ zu sein. Als sie gefragt wurden, ob der Islam zu Deutschland gehöre, sagten 44 Prozent „ja, aber nur friedliche, nicht radikale Gruppen“, während 44 Prozent „gar nicht“ antworteten und alle muslimischen Gruppen ausschlossen. Nur 5 Prozent sagten, sie stimmten voll und ganz zu, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Die Befragung zeigte auch die breite Unterstützung der Bevölkerung für ein Burka-Verbot, die von 56 Prozent im Jahr 2016 auf 73 Prozent gestiegen ist. 17 Prozent befürworteten ein Verbot nur in bestimmten Bereichen (2016: 32 Prozent) und 5 Prozent waren grundsätzlich gegen ein solches Verbot (2016: 8 Prozent). Auch Kopftuchverbote für bestimmte Gruppen wurden von der Mehrheit befürwortet: 61 Prozent befürworteten ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen, 58 Prozent für Angestellte und Beamtinnen im öffentlichen Dienst, 56 Prozent für Erzieherinnen in Kinderbetreuungseinrichtungen und 53 Prozent für Mädchen unter 14 Jahren.
Im Februar löschte der Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen einen Tweet mit einem Bild von einer Diskussion, die er mit muslimischen Studierenden geführt hatte, nachdem der Beitrag mit islamfeindlichen Kommentaren überzogen worden war. Röttgen schrieb, er habe das Bild entfernt, um die Identität der Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu schützen, und verurteilte den islamfeindlichen Hass, der durch den Beitrag offenbar wurde.
Im September erlaubten die Behörden einer Frau im hessischen Bergheim zunächst nicht, in einem Wahllokal des Ortes zu wählen, weil sie ein Kopftuch und eine medizinische Maske trug. Die Wahlhelfenden bestanden darauf, dass sie ihr Kopftuch abnimmt, um ihre Identität feststellen zu können, und sagten, dass es gesetzlich vorgeschrieben sei, das Gesicht bei der Stimmabgabe nicht zu verdecken. Dem Wahlausschuss zufolge hatte das Tuch nur die Haare und den Hals der Frau, nicht aber ihr Gesicht bedeckt. Die Frau beschwerte sich bei der Wahlbehörde der Stadt und durfte später mit Kopftuch wählen. Die Stadt entschuldigte sich für den Vorfall.
Die rechtsextreme Gruppe Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (PEGIDA) organisierte weiterhin wöchentliche Demonstrationen in Dresden, allerdings ging aus Medienberichten hervor, dass deutlich weniger Demonstrierende daran teilnahmen als in den Jahren vor 2020. Etwa 300 bis 400 Demonstrantinnen und Demonstranten nahmen auch nach Ausbruch der Corona-Pandemie weiter an den PEGIDA-Demonstrationen teil. Neben Rufen nach Einwanderungsbeschränkungen brachten die Teilnehmenden während der Demonstrationen regelmäßig islamfeindliche Ansichten zum Ausdruck, unter anderem durch Plakate, die sich gegen Frauen mit religiösen Kopfbedeckungen richteten. Die Demonstrationen wurden unter der Auflage genehmigt, dass die Teilnehmenden sich an die Masken- und Abstandsregeln halten.
Bei Protesten gegen die Corona-Beschränkungen in Berlin, Kassel, München und anderen Städten machten Teilnehmende weiterhin antisemitische Äußerungen, unter anderem, indem sie Impfungen oder den Corona-Lockdown mit der Judenverfolgung unter den Nationalsozialisten verglichen oder behaupteten, dass Jüdinnen und Juden für die Freisetzung des Coronavirus‘ verantwortlich seien. Bis 17. März hatte RIAS bei 324 verschiedenen Demonstrationen gegen Corona-Beschränkungen antisemitische Vorfälle erfasst. So wurden im März zahlreiche antisemitische Vorfälle von einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen in Kassel gemeldet, darunter ein Fall, in dem das NS-Regime und der Holocaust verharmlost wurden.
Im Mai sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Schuster, über die Verbindung zwischen Corona-Verschwörungserzählungen und Antisemitismus: „Das alte antisemitische Narrativ von der jüdischen Weltverschwörung wurde an die aktuelle Situation angepasst.“ Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, sprach auch die Rolle des Internet an und sagte: „In Zeiten der Krise sind Menschen offener für irrationale Erklärungsmuster, dazu zählen auch antisemitische Stereotype. […] Neu ist aber, dass […] Gruppen, die bislang kaum oder nie etwas miteinander zu tun hatten, jetzt auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen oder im Netz gemeinsame Sache machen.“
Im Juni berichtete die US-Tageszeitung The Algemeiner über eine Studie des Londoner Institute for Strategic Dialogue, derzufolge antisemitische Posts auf großen Onlineplattformen im Januar und Februar 13-mal häufiger waren als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dem Bericht zufolge gab es häufig antisemitische Erzählungen im Zusammenhang mit Corona, und die häufigsten Narrative, 89 Prozent der Inhalte, betrafen Verschwörungserzählungen über Jüdinnen und Juden, die Finanz- und politische Institutionen und Medien kontrollierten.
Im Mai gaben die Antisemitismusbeauftragte des Landes NRW, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, und die Universität Bielefeld eine Studie über den Einfluss von Rap auf antisemitische Haltungen junger Menschen heraus. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Menschen, die Rap hören, mit größerer Wahrscheinlichkeit antisemitische und frauenfeindliche Ansichten haben und eher an Verschwörungserzählungen glauben.
Im Juli wurde eine Frau aus Köln wegen Hetze zur Zahlung einer Strafe in Höhe von 700 Euro verurteilt, weil sie einen antisemitischen Facebook-Post geteilt hatte. Die Frau gab an, sich nicht den ganzen Text des Posts durchgelesen zu haben.
Etwa 20 Kirchen benutzten weiterhin Glocken mit NS-Symbolen und -Inschriften. Eine Kirche in Berlin entfernte eine solche Glocke und einige andere Kirchen in anderen Teilen des Landes gaben an, das vorzuhaben. Im Juni richtete die Evangelische Kirche Mitteldeutschland eine Konferenz zu dem Thema aus; der Verband bot zugehörigen Kirchen auch finanzielle Unterstützung zur Deckung der Kosten für neue Glocken an.
Im Oktober kündigte die Kölner Bürgermeisterin Henriette Reker ein auf zwei Jahre begrenztes Modellprojekt an, in dessen Rahmen muslimische Gemeinden freitags über Außenlautsprecher zum Gebet rufen können, sofern sie das beantragt haben. Der Gebetsruf ist nur zwischen 12 und 15 Uhr erlaubt und darf höchstens fünf Minuten dauern. Vorschriften für die Lautstärke gelten abhängig von der Lage der jeweiligen Moschee. Von rund 35 Moscheegemeinden hatten Anfang Dezember zwei einen Antrag gestellt.
Abschnitt IV Politik und Maßnahmen der US-Regierung
Im Juni eröffneten der US-Außenminister und der damalige Bundesaußenminister Heiko Maas den deutsch-amerikanischen Dialog über Holocaustfragen, um eine sachgerechte Aufklärung über den Holocaust zu fördern und Holocaustleugnung und -verzerrung sowie Antisemitismus zu bekämpfen. Als Teil des Dialogs trafen sich Mitarbeitende der Botschaft einmal im Monat mit Vertreterinnen und Vertretern des Auswärtigen Amts, des United States Holocaust Memorial Museum und der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, um Programme und Initiativen zu konzipieren.
Die US-Botschaft und die fünf Konsulate arbeiteten weiterhin auf allen Regierungsebenen eng mit den Behörden zusammen, um auf Fälle religiöser Intoleranz zu reagieren. Botschaftsvertreterinnen und vertreter trafen sich mehrfach mit dem Bundesbeauftragten für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, und Botschafterin Michaela Küchler, der Sonderbeauftragten für Beziehungen zu jüdischen Organisationen, Holocaust-Erinnerung, Antisemitismus-Bekämpfung und internationale Angelegenheiten der Sinti und Roma, um mit ihnen über Antisemitismus, sich häufende antisemitische Vorfälle und Gewalt, antisemitische Verschwörungstheorien und Holocaustleugnung zu sprechen. Ebenso kamen Vertreterinnen und Vertreter der Konsulate mit den jeweiligen Antisemitismusbeauftragten ihrer Regionen zusammen. Mitarbeitende der Botschaft und der Konsulate sprachen auch mit anderen Regierungsvertreterinnen und -vertretern auf Ebene der Kommunen, der Länder und des Bundes über Fragen der Religionsfreiheit. Dazu gehörten auch Treffen mit Innenministerinnen und -ministern, Abgeordneten der Landesparlamente der SPD, CDU und der Grünen sowie mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Bei einem Treffen im November sprachen die US-Generalkonsulin in Köln und die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker unter anderem über das Kölner Modellprojekt, das es Moscheen ermöglicht, über Lautsprecher zum Gebet zu rufen.
Vertreter und Vertreterinnen der Botschaft und der Konsulate sprachen auch mit Mitgliedern und führenden Vertreterinnen und Vertretern zahlreicher kommunaler und nationaler religiöser und zivilgesellschaftlicher Gruppen über Anliegen der Toleranz und Religionsfreiheit. Treffen fanden unter anderem statt mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, dem Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland, Abdassamad El Yazidi, Burhan Kesici vom Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland, Remko Leemhuis, dem Leiter des zum AJC Berlin gehörenden Lawrence and Lee Ramer Institute for German-Jewish Relations, Vertreterinnen und Vertretern der katholischen, evangelischen und anderer protestantischer Kirchen, dem Zentralrat der Muslime, dem Verband der Islamischen Kulturzentren, dem Weltkongress der Uiguren, den Alevitischen Muslimen und der Ahmadiyya Muslim Jamaat.
Mit jüdischen Gruppen sprachen sie unter anderem über die Besorgnis angesichts der zunehmenden Akzeptanz von Antisemitismus im ganzen Land, über die Sorge, dass rechtsextreme Gruppen den Antisemitismus verschärfen und über den zunehmenden Antisemitismus unter linken Intellektuellen.
Zu den Themen, über die mit muslimischen Gruppen und Gemeindevertreterinnen und -vertretern gesprochen wurde, gehörten Stereotype und Diskriminierung gegen Muslime, sozioökonomische und kulturelle Herausforderungen, mit denen muslimische Einwohner und Einwanderer im Land konfrontiert sind, sowie die Ausbildung von Imamen.
Im Juni besuchte der Frankfurter Generalkonsul nach einem Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge die jüdische Gemeinde Ulm und traf dort den Ulmer Rabbi Schneur Trebnik sowie Vertreterinnen und Vertreter der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg. Der Besuch beinhaltete eine Besichtigung der Synagoge und des Gemeindezentrums sowie ein Gespräch über die Situation der jüdischen Gemeinden Ulm und Baden-Württemberg, verschiedene Formen von Antisemitismus sowie über Trebniks Arbeit als einer der ersten Polizeirabbiner des Landes.
Ebenfalls im Juni trafen der Geschäftsträger und der Leipziger Generalkonsul sich mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde in Halle, wo 2019 ein Anschlag mit Todesopfern auf eine Synagoge verübt worden war, um mit ihnen über Antisemitismus, religiöse Toleranz und jüdisches Leben im Osten Deutschlands zu sprechen. Der Leipziger Generalkonsul besuchte die Synagoge und legte an dem Ort, an dem der Anschlag im Oktober verübt worden war, einen Kranz nieder.
Die Botschaft und die Konsulate arbeiteten, insbesondere im Osten des Landes, eng mit jüdischen Gemeinden zusammen und vergaben kleinere Zuschüsse zu Programmen für die Förderung religiöser Toleranz an führende Nichtregierungsorganisationen, die sich gegen gewalttätigen Extremismus im Zusammenhang mit Religion und Antisemitismus stellen. So finanzierte das US-Generalkonsulat Leipzig den Vortrag eines amerikanischen Juden in Halle am Holocaust-Gedenktag und bezuschusste die Jüdische Gedenkwoche in Görlitz im November.
Die US-Botschaft nutzte virtuelle Vorträge, bei denen über Möglichkeiten informiert wurde, wie im Kampf gegen Antisemitismus weiter wahrheitsgetreu über den Holocaust berichtet werden und wie diese Berichterstattung gefördert werden kann. Vier Deutsche nahmen an einem Programm teil, bei dem Archivare und Museumsfachkräften erfuhren, wie sie in ihren jeweiligen Bereichen eine möglichst große Öffentlichkeit erreichen können, um der Verfälschung und Leugnung des Holocaust entgegenzuwirken. Zu den Teilnehmenden gehörten 12 Mitarbeitende der Arolsen Archives, eines Zentrums für Dokumentation, Archivierung und Forschung über die nationalsozialistische Verfolgung, NS-Zwangsarbeit sowie den Holocaust. Das US-Generalkonsulat Leipzig förderte auch Präsentationen zur Ausstellung #StolenMemory der Archives in Jena und Weimar im Oktober und November, bei der Gegenstände gezeigt wurden, die Jüdinnen und Juden während des NS-Regimes gestohlen worden waren.
Im Anschluss an eine Teacher Academy, deren Thema der Austausch mit Lehrerenden über jüdisches Leben in den Vereinigten Staaten war, erweiterte die Botschaft durch das Schaffen eines größeren Bewusstseins für versteckte Vorurteile und Stereotype ihren Diskurs über Religionsfreiheit. Ein Workshop zum Thema „versteckte Vorurteile“ im Rahmen eines Lehrkräfte-Seminars im März erreichte 300 Lehrende und es entstand eine lebhafte Diskussion mit der Moderatorin, einer leitenden Dozentin für Nordamerikastudien an der Leuphana Universität. Im Mai griff die Botschaft das Thema mit einer Filmvorführung und Diskussion über den Dokumentarfilm „Bias“ in Anwesenheit des Filmemachers auf (einschließlich zusätzlicher Vorführungen an den örtlichen Polizeischulen) und lud im Juni zu einem Gespräch mit einem US-Historiker und Stipendiaten der American Academy in Berlin.
Im August bezuschusste das Generalkonsulat Leipzig den 21. Yiddish Summer Weimar in Thüringen, der zu den weltweit führenden Sommerveranstaltungen gehört, bei denen man die traditionelle und gegenwärtige jiddischen Kultur kennenlernen und erleben kann. Aufgrund der Corona-Pandemie fanden viele Konzerte und Workshops wieder im Freien an öffentlichen Orten in Weimar, Erfurt und Eisenach sowie anderen, kleineren Städten in Thüringen statt. Das Konsulat bezuschusste auch verschiedene jüdische Kulturveranstaltungen in Halle im Rahmen einer Veranstaltungsreihe über die jüdische Kultur im Bundesland Sachsen-Anhalt.
Das Generalkonsulat in Leipzig stellte für die Schaffung der Fachstelle Globaler Antisemitismus in Dessau-Rosslau (Sachsen-Anhalt) ein Startkapital bereit. Diese NGO hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Öffentlichkeit über Rechtsextremismus und Radikalisierung im Internet zu informieren.
Im Oktober kam auf Einladung der US-Botschaft und des US-Generalkonsulats in Leipzig der Leiter des American Jewish Congress nach Deutschland, um sich hier mit der Berliner Polizei und NGOs zu treffen, die gegen Antisemitismus kämpfen, und um in Cottbus, Jena und Leipzig über den Kampf gegen Antisemitismus zu sprechen.
Die US-Botschaft und die Konsulate sprachen sich über ihre Social-Media-Kanäle wie Twitter, Facebook und Instagram aktiv für Religionsfreiheit und Toleranz aus und zeigten das Engagement hochrangiger Botschaftsmitarbeitender zu dem Thema auf. Unter anderem besuchte der Geschäftsträger beispielsweise die Jüdische Gedenkwoche in Görlitz und traf sich im Juni gemeinsam mit dem Leipziger Generalkonsul mit Vertreterinnen und Vertretern von NGOs, die sich für Toleranz und Offenheit einsetzen, sowie mit führenden Mitgliedern von Glaubensgemeinschaften. Zu zahlreichen verschiedenen Anlässen im Laufe des Jahres verbreiteten die US-Botschaft und die Konsulate zudem auch die Beiträge des US-Präsidenten, des US-Außenministers und der US-Sondergesandten für Holocaustfragen in den sozialen Medien zum Thema Religionsfreiheit, häufig mit deutscher Übersetzung, um die Vielfalt der Religionen und die Unterstützung der Religionsfreiheit in den Vereinigen Staaten zu unterstreichen.
Die Botschaft und die Generalkonsulate verfassten auch eigene Inhalte, darunter auch Grußworte des Geschäftsträgers zu jüdischen und islamischen Feiertagen, Social-Media-Beiträge zum Recht auf Religionsfreiheit und eine Erklärung des Geschäftsträgers, mit der er den antisemitischen Vandalismus in einer Gedenkstätte des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz verurteilte. Öffentliche Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern von Behörden und Religionsgemeinschaften sowie öffentliche Auftritte von Botschafts- und Konsulatsmitarbeitenden wurden ebenfalls durch Mitteilungen in den sozialen Medien begleitet. Religionsfreiheit und Toleranz standen auf den digitalen Plattformen der Botschaft und der Konsulate häufig im Mittelpunkt.
Originaltext: 2021 Report on International Religious Freedom: Germany