Dieser Artikel über die Rechte von LGBTI+-Menschen wurde auf ShareAmerica, einer Website des US-Außenministeriums veröffentlicht. Eine frühere Fassung dieses Artikels vom 8. Juni 2021 erschien am 23. Juni 2016.
Die Entscheidung des Obersten Gerichts der Vereinigten Staaten aus dem Jahr 2015, die das Recht auf die gleichgeschlechtliche Ehe landesweit durchsetzte, war ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, queeren und intersexuellen Menschen. Das Urteil fiel infolge jahrelanger Bemühungen von Aktivisten, Organisationen und Abgeordneten, die mit ihrer Arbeit nicht nur die Meinung der Menschen, sondern auch Gesetze änderten.
In Meinungsumfragen wird die wachsende Akzeptanz von LGBTQI+-Rechten und insbesondere der gleichgeschlechtlichen Ehe unter Amerikanerinnen und Amerikanern deutlich.
Präsident Biden hat gesagt: „Alle Menschen haben ein Recht auf Würde und Gleichbehandlung, egal, wer sie sind, wen sie lieben oder als was sie sich fühlen.“
Der Wandel kam nicht von heute auf morgen
2004 war Massachusetts der erste Bundesstaat, in dem die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert wurde. 37 weitere Staaten und die US-Hauptstadt Washington zogen nach. Mit der Entscheidung des Obersten Gerichts wurden alle Ehen, unabhängig davon, in welchem Bundesstaat der USA sie geschlossen wurden, für rechtens erklärt. Homosexuelle Paare erhalten dieselben staatlichen Leistungen wie heterosexuelle Paare und sind vor dem Gesetz geschützt.
Doch noch vor hundert Jahren war eine allgemeine Akzeptanz der Rechte von LGBTQI+ undenkbar. Die erste Organisation in den Vereinigten Staaten, die sich für die Rechte Homosexueller einsetzte, wurde erst 1924 gegründet und ein Jahr später unter massivem politischem Druck wieder aufgelöst. Gesetze, die homosexuelle Handlungen verboten, wurden nur allmählich aufgehoben – zunächst 1962 im Bundesstaat Illinois. Die amerikanische Vereinigung der Psychiaterinnen und Psychiater American Psychiatric Association stufte Homosexualität bis 1973 als psychische Erkrankung ein.
Der erste große Wandel kam im Juni 1969, als nach einer Polizeirazzia in der New Yorker Schwulenbar Stonewall Inn Aufstände ausbrachen. Hunderte von Demonstranten versammelten sich, was Aktivistengruppen beflügelte. Jedes Jahr im Juni wird mit Gay-Pride-Paraden überall auf der Welt, von New York über Wien bis Shanghai, der Demonstrationen von Stonewall gedacht.
Heute kämpfen Aktivistinnen und Aktivisten in hunderten amerikanischen Organisationen für Gesetze und Maßnahmen, die die LGBTQI+-Gemeinschaft unterstützen. Sie helfen obdachlosen Jugendlichen, von denen sich 40 Prozent als LGBTQI+ identifizieren. Ebenso drängen sie darauf, dass LGBTQI+-Familien die gleichen Einwanderungsrechte erhalten wie andere Familien und dass LGBTQI+-Flüchtlingen, die vor Verfolgung fliehen, in den Vereinigten Staaten Asyl gewährt wird.
Unterstützung von außerhalb der LGBTQI+-Gemeinschaft
Die Bewegung erhält immer mehr Unterstützung von Familienmitgliedern und heterosexuellen MitstreiterInnen, die sich für die Rechte ihrer LGBTQI+-Freunde und -Angehörigen einsetzen. PFLAG, die größte Angehörigen- und Verbündetenorganisation des Landes, setzt sich seit beinahe fünfzig Jahren für diese Ziele ein.
Rabbi David M. Horowitz, ehemaliger Vorsitzender des PFLAG-Vorstandes, sagt: „MitstreiterIn zu sein kann sich schon in kleinen Dingen ausdrücken, beispielsweise darin, dass man sagt: ‚Der Schwulenwitz, den du gerade gemacht hast, ist nicht lustig.‘“ Im Rahmen ihres Engagements für diese Ziele nehmen Mitglieder Kontakt zu Regierungsvertretern auf, um auf Veränderungen zu drängen – beispielsweise auf Gesetze, die Hassverbrechen vorbeugen.
„Wenn wir mit Kongressabgeordneten sprechen, können wir sie überzeugen“, sagt Horowitz, dessen Tochter ihm am Abend vor ihrem Collegeabschluss mitteilte, dass sie lesbisch sei. Dass ihre Motivation Liebe und Familie sind, macht es PFLAG-Mitgliedern leichter, Einfluss auf die Politik zu nehmen. „Es ist nicht so einfach, sich über jemanden zu ärgern, der seine Kinder liebt“, so Horowitz.
Die Human Rights Campaign blickt auf eine lange Geschichte zurück. Seit 1980 führen ihre über drei Millionen Mitglieder und UnterstützerInnen Aktionen durch, um Verboten der gleichgeschlechtlichen Ehe und der Einwanderung HIV-positiver Menschen entgegenzuwirken. 2013 begrüßte die Organisation erstmals zwei sogenannte Global Fellows, junge Aktivisten von außerhalb der Vereinigten Staaten, die als Bindeglied zu den Gemeinschaften ihrer Heimat fungieren.
In einem zukunftsweisenden Essay, den der konservative Autor und Blogger Andrew Sullivan 1989 für das Magazin New Republic schrieb, forderte er die Gleichstellung der LGBTQI+-Ehe. Er behauptete, die Legalisierung der Homosexuellen-Ehe würde „den sozialen Zusammenhalt, die emotionale Sicherheit und die wirtschaftliche Vernunft fördern“ und stehe, „kurz gesagt, nicht im Widerspruch zu Familienwerten. Sie ist eine Fortsetzung derselben.“
„Ich war überglücklich über die Fortschritte, die wir gemacht haben“, so Seth Adam, ehemaliger Vizepräsident für Kommunikation der GLAAD, einer Organisation, die die Darstellung von LGBTQI+ in den Medien beobachtet. „Das ist das Ergebnis von über 50 Jahren Engagement von Aktivisten.“
Doch Adam zufolge haben Aktivistinnen und Aktivisten für Homosexuellenrechte noch viel Arbeit vor sich: „Die Gleichstellung der Ehe ist nur ein Etappensieg, nicht die Ziellinie.“
Originaltext: Love is love: How same-sex marriage became a right in the United States