Flag

An official website of the United States government

5 MINUTE READ
November 23, 2021

Medizinisches Wissen der amerikanischen Ureinwohner 

November ist in den Vereinigten Staaten Native American Heritage Month. Lenore T. Adkins würdigt in ihrem Artikel vom 18. November 2021 auf ShareAmerica, einer Website des US-Außenministeriums, aus diesem Anlass die medizinischen Errungenschaften der amerikanischen Ureinwohner:innen. 

Viele der von amerikanischen Ureinwohner:innen gemachten Entdeckungen im Bereich Gesundheit und Medizin wurden vor Tausenden von Jahren gemacht und waren der westlichen Medizin, die sie beeinflussten, weit voraus.

Die amerikanischen Ureinwohner:innen kauten Weidenrinde (siehe Bild oben), um Schmerzen zu lindern. Die Rinde enthält Salicin, ein chemischer Wirkstoff, der 1897 Grundlage für die Entdeckung von Aspirin war, das weltweit am häufigsten verwendete Medikament. (Salicin ist außerdem ein Vorläufer der Salicylsäure, dem Wirkstoff vieler frei verkäuflicher Aknetherapiemittel und Antischuppenshampoos).

Das Konzept, das zur Entwicklung von Impfstoffen führte – dem Schutz vor einem Virus oder einer Krankheit, indem man sich einer modifizierten Version davon aussetzt –, ist den amerikanischen Ureinwohnern nicht entgangen. Dr. Sophie E. Neuner, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, verweist auf die Stämme, die sich durch die Einnahme kleiner Mengen von Substanzen immunisieren, um ihren Körper vor den schädlichen Auswirkungen derselben Substanzen in größeren Mengen zu schützen.

„Seitdem ich regelmäßig kleine Mengen des Giftefeus esse, bekomme ich keine so starken Ausschläge mehr“, sagte Neuner, die dem Stamm der Karuk angehört.

Den amerikanischen Ureinwohner:innen, insbesondere den Stämmen der Irokesen und Seneca, ist die Erfindung von Babyflaschen und Babynahrung zu verdanken, die wichtig für die Säuglingsgesundheit sind, falls keine Muttermilch verfügbar ist. Und dem History channel zufolge haben die amerikanischen Ureinwohner:innen die Spritze erfunden.

Nicht immer hat die moderne Medizin die Errungenschaften der amerikanischen Ureinwohner:innen anerkannt, aber David R. Wilson, Mitglied der Navajo Nation und Direktor des Gesundheitsforschungsbüros der Stämme (Tribal Health Research Office) in der Nationalen Gesundheitsbehörde (National Institutes of Health – NIH) sagt, die NIH unterstütze die Stämme heute dabei, ihr geistiges Eigentum zu schützen.

In den Vereinigten Staaten gibt es 574 staatlich anerkannte Stämme, und die meisten ihrer Mitglieder meiden aus Sorge vor kommerzieller Instrumentalisierung die biomedizinische Forschung. Im Jahr 2019 beriet die NIH jedoch in Absprache mit dem National Congress of American Indians die Verantwortlichen in den Stämmen dazu, zu welchem Zeitpunkt sie im Rahmen eines Forschungsprozesses die Bedingungen für die Verwendung ihres geistigen Eigentums aushandeln können. Die NIH verpflichtete sich außerdem, die Verfahren der biomedizinischen Forschung zu präzisieren, damit die Stämme von den Entdeckungen der NIH profitieren können.

Zusammenarbeit 

Trotz früherer Fälle von Fehlverhalten in der medizinischen Forschung gegenüber amerikanischen Ureinwohner:innen haben Stammesangehörige in den vergangenen 50 Jahren durch ihre Teilnahme an Studien zur Epidemiologie, Prävention und Behandlung von Infektionskrankheiten zu Durchbrüchen beigetragen, so die NIH. Diese Studien führten zu Maßnahmen, dank derer weniger Menschen (insbesondere weniger Kinder) an bestimmten Krankheiten erkrankten oder starben.

Ein Beispiel aus den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts: Ein Kinderarzt aus Indien führte gemeinsam mit dem Stamm der White Mountain Apache Forschungen durch, die zeigten, dass orale Rehydrationstherapien durchfallbedingte Todesfälle bei Kindern verhindern, so das Hopkins Bloomberg Public Health Magazine. Diese bahnbrechende Forschung und die nachfolgenden Studien führten zur Entwicklung von Pedialyte, einem beliebten Mittel gegen die Begleiterscheinungen von Durchfall.

Zu den Durchbrüchen jüngerer Zeit zählen die drei US-amerikanischen COVID-19-Impfstoffe, die unter Beteiligung indigener Gemeinschaften an klinischen Studien entwickelt wurden, so Wilson. Um die Pandemie zu bekämpfen, spenden die Vereinigten Staaten Millionen von Dosen dieser Impfstoffe an andere Länder.

Die NIH hielt außerdem einen Vortrag über die Wechselbeziehung zwischen Kultur und Wissenschaft, um der traditionellen Medizin und der westlichen Wissenschaft zu neuen bahnbrechenden Entwicklungen im Gesundheitsbereich zu verhelfen.

„Die amerikanischen Ureinwohner:innen wenden seit Jahrhunderten traditionelle Heilpraktiken oder Heilmethoden an“, erklärt Wilson. „Es ist wichtig, diese anzuerkennen, diese Lehren und dieses Wissen aber auch um einige der westlichen wissenschaftlichen Disziplinen und Verfahren zu ergänzen, damit sich Synergien bilden können.“

Originaltext: Native Americans’ many contributions to medicine