Podiumsdiskussion zum Pride Day 2023 – Eröffnungsrede von Botschafterin Gutmann
Im Vorfeld des Christopher Street Day am 22. Juli 2023 fand am 20. Juli eine Pride-Day-Diskussionsrunde in der US-Botschaft in Berlin statt, die die Botschafterin mit folgenden Worten eröffnete.
Wir haben Sie heute Abend eingeladen, um gemeinsam den Beitrag der LGBTQIA+-Community in Deutschland und in den Vereinigten Staaten zu würdigen, ihr Vermächtnis zu feiern und einen inspirierenden Kurs – „auf dem Weg hin zu einer vollkommeneren Union“ – für die Zukunft einzuschlagen. Denn darum geht es in diesem Monat, im Pride Month – die Bilanz der Vergangenheit zu ziehen, um uns auf eine inklusivere, gerechtere und freudenreichere Zukunft vorzubereiten.
Und wenn wir gerade von inklusiver, gerechter und freudenreicher sprechen: Dieses Jahr veranstaltete Präsident Biden die größte Pride-Feier in der Geschichte des Weißen Hauses und lud LGBTQIA+-Familien von überall aus den Vereinigten Staaten ein.
Hier an der Botschaft und an unseren fünf Konsulaten waren die vergangenen 12 Monate ein Pride-Jahr:
Letzten Sommer haben wir eine ganze Reihe von Pride-Veranstaltungen organisiert, die LGBTQIA+-Rechte stärkten. Darauf folgten das ganze Jahr hindurch mehrere Programme, die hervorhoben, was wir in den Vereinigten Staaten und in Deutschland gemeinsam unternehmen, um die Gleichberechtigung von LGBTQIA+-Menschen in unseren und anderen Ländern zu fördern. Sie waren unsere Partner in diesen und vielen weiteren Programmen. Dafür und für so vieles mehr möchte ich Ihnen sagen: Vielen, vielen Dank!
An seinem ersten Tag im Amt unterzeichnete Präsident Biden einen historischen Präsidialerlass, mit dem die Regierung beauftragt wurde, LGBTQIA+-Personen vor Diskriminierung zu schützen, und zwar in allen Bereichen: Gesundheit, Wohnen, Bildung, Arbeit, Wirtschaft und im Strafrechtssystem.
Unser Land, jedes Land, ist stärker, wenn unsere Diversität sich vollständig in seiner Führung widerspiegelt und wenn unsere Rechte und Werte mit der täglichen Arbeit unserer Regierung verwoben sind. Der Weg hin zu einer vollkommeneren Union beginnt am Weißen Haus, an unserer Botschaft und an all unseren Botschaften weltweit.
Wir haben echte Fortschritte erzielt, aber wir können uns damit nicht zufriedengeben. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Denn es gibt Menschen, die den von so vielen so hart erkämpften Fortschritt rückgängig machen wollen. In den Vereinigten Staaten erleben wir derzeit viele sehr bedrohliche Angriffe auf unsere grundlegendsten Werte und Freiheiten – Bücher werden verboten und Anti-LGBTQIA+-Gesetze erlassen, Menschen sind Belästigungen ausgesetzt.
In einem Drittel der Länder der Welt ist Queer-Sein oder queeres „Verhalten“ illegal. Mancherorts stehen gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Strafe – sogar bis zur Todesstrafe – und die Menschen haben keine andere Wahl, als anderswo Schutz zu suchen. Auch in den Ländern, die ihnen Schutz gewähren, sind Stigmatisierung und Misshandlungen nur allzu oft an der Tagesordnung.
Lassen Sie mich eines klar und deutlich sagen: Queer-Rechte sind Menschenrechte!
All unsere Arbeit zur Förderung der Menschenrechte hat reale Auswirkungen. Die Menschen nehmen das wahr. Sie beobachten uns auf unserem Weg hin zu einer vollkommeneren Union.
Weil Deutschland und die Vereinigten Staaten beide bedeutsame Rollen im Kampf für Queer-Rechte gespielt haben, verspüren wir eine besondere Verpflichtung, Pride zu feiern, der wir mit Freude nachkommen. Hier an der US-Botschaft in Berlin werden wir uns so oft wie möglich und mit Leidenschaft für LGBTQIA+-Rechte einsetzen.
Feiern wir den transatlantischen Kampf für Queer-Rechte. In Deutschland wurden die Pride-Feierlichkeiten nach einer Straße in New York benannt. Die Christopher Street war Schauplatz einer abscheulichen Polizeirazzia, aber auch des mutigen und erfolgreichen Widerstandes gegen diese Unterdrückung. Stonewall war ein Meilenstein in der Bürgerrechtsbewegung der Vereinigten Staaten und setzte eine weltweite Bewegung in Gang.
Wir müssen auch die Pionierarbeit anerkennen, die Magnus Hirschfeld am Institut für Sexualwissenschaft leistete, das 1919 hier in Berlin gegründet wurde. Seine bahnbrechende Forschungsarbeit endete jäh in der Brutalität des Nazi-Regimes, aber seinen grundsätzlichen Gedanken, dass queere Menschen Rechte und Unterstützung verdient haben, konnten sie nicht auslöschen.
Beide historische Momente – einer aus der amerikanischen Geschichte, einer aus der deutschen – zeigen, warum wir „den Weg hin zu einer vollkommeneren Union“ niemals als selbstverständlich ansehen dürfen. Diesen Samstag werden wir stolz neben unseren Partnern vom Auswärtigen Amt und weiteren Botschaften fahren und laufen – durch Frankfurt, Hamburg, Rostock, Leipzig, Münster und München.
Wir werden uns nichts vormachen: Hart erkämpfte Rechte angesichts anhaltender Diskriminierung zu verteidigen, ist schwere Arbeit.
Am heutigen Abend sind wir besonders stolz darauf, unsere Tradition dieser Programme fortzusetzen und dazu die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Ferda Ataman begrüßen zu dürfen.
Wir wissen, dass geschichtliche Entwicklungen keine Selbstläufer sind. Die in der Vergangenheit in unseren Ländern erreichten Fortschritte fortzuführen, bedeutet anhaltend harte Arbeit, ich nenne das „ewige Wachsamkeit“.
Lassen Sie mich also zum Abschluss sagen, dass wir die Menschenrechte aller überall mit Stolz hochhalten werden. Ich möchte von ganzem Herzen einen Toast aussprechen: Auf eine für die LGBTQIA+-Community vollkommenere Welt!
Amazing night celebrating #PrideMonth at the @usbotschaft with LGBTQIA+ friends. Let us be crystal clear: Queer rights are human rights! pic.twitter.com/mpiovdARd7
— Ambassador Amy Gutmann (@USAmbGermany) July 19, 2023