Proklamation zum Jewish American Heritage Month 2023
Wir haben die Proklamation von US-Präsident Joseph R. Biden zum Jewish American Heritage Month übersetzt, der in den Vereinigten Staaten jährlich im Mai begangen wird. Der Text wurde am 28. April 2023 auf der Website des Weißen Hauses veröffentlicht.
In diesem Monat feiern wir das bleibende Vermächtnis jüdischer Amerikanerinnen und Amerikaner, deren Werte, Kultur und Beitrag unseren Charakter als Nation geprägt haben. Über Generationen hinweg hat sich die Geschichte des jüdischen Volkes – eine Geschichte der Widerstandsfähigkeit, des Glaubens und der Hoffnung im Angesicht von Widrigkeiten, Vorurteilen und Verfolgung – mit der Geschichte unserer Nation verflochten. Dies hat uns in unserem fortdauernden Streben nach Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Freiheit vorangebracht, während wir die Gründungsprinzipien unserer Nation wahren und die Verheißungen Amerikas für alle Amerikanerinnen und Amerikaner Wirklichkeit werden lassen.
Jahrhundertelang sind jüdische Flüchtlinge vor Unterdrückung und Diskriminierung in anderen Ländern geflohen und auf der Suche nach einem sicheren Zufluchtsort in unser Land gekommen. Schon frühzeitig setzten sie sich für Religionsfreiheit ein und trugen so dazu bei, einen der Grundpfeiler zu entwickeln, auf denen die Vereinigten Staaten gründen. So feierten Unionssoldaten mitten im Bürgerkrieg das Pessachfest. Jüdische Frauenrechtlerinnen kämpften für mehr Freiheit und Gerechtigkeit. Und führende jüdische Glaubensvertreter schlossen sich den Größen der Bürgerrechtsbewegung an, um gleiche Rechte für alle zu fordern.
Jüdische Amerikanerinnen und Amerikaner bereichern weiterhin alle Bereiche des amerikanischen Lebens – in Bildung und Wirtschaft, in Sport und Kunst, in Wissenschaft und Unterhaltung, im öffentlichen Dienst und in Nichtregierungsorganisationen, in Gewerkschaften und in Gemeinden, in der Diplomatie und bei den Streitkräften, im Gesundheitswesen und vielem mehr. Im vergangenen Jahr habe ich mit Stolz den ersten jüdischen Neujahrsempfang im Weißen Haus ausgerichtet. Während der Hanukkah-Feierlichkeiten hatte ich die Ehre, die erste, fest installierte Menora im Weißen Haus zu enthüllen und damit die Beständigkeit der jüdischen Kultur in den Vereinigten Staaten zu unterstreichen. Für mich selbst bedeutet die jüdische Gemeinschaft eine enorme Quelle der Freundschaft, der Orientierung und der Stärke in Zeiten des Schmerzes und der Freude.
Doch die so gefeierte Geschichte des jüdischen Volkes hat auch eine dunkle Seite – eine Geschichte, die von Völkermord, Pogromen und Verfolgung geprägt ist – und die sich heute im rekordhaften Anstieg von Antisemitismus fortsetzt. Wir sind Zeugen von gewalttätigen Angriffen auf Synagogen geworden, haben gesehen, dass Ziegelsteine durch die Fensterscheiben jüdischer Geschäfte geworfen, dass Hakenkreuze auf Autos und Friedhöfe geschmiert, dass jüdische Studierende auf dem Universitätsgelände belästigt, dass Jüdinnen und Juden in religiöser Kleidung auf offener Straße geschlagen wurden und dass auf sie geschossen wurde. Im Internet grassieren antisemitische Verschwörungsmythen, und Prominente verbreiten antisemitischen Hass.
Das sind skrupellose und verabscheuungswürdige Taten. Sie erinnern auf beängstigende Weise an die schlimmsten Kapitel der Menschheitsgeschichte. Sie richten sich nicht nur gegen jüdische Menschen, sondern sind auch eine Bedrohung für andere Minderheiten und ein Schandfleck für die Seele unserer Nation. Ich habe mich entschlossen, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, nachdem ich diesen Hass bei der Kundgebung in Charlottesville gesehen habe, als Neonazis aus dem Schatten hervortraten und dieselbe antisemitische Galle spuckten, die in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts in Deutschland zu hören war. Diese Vorfälle erinnern uns daran, dass Hass niemals wirklich verschwindet, er versteckt sich nur so lange, bis er wieder einen Nährboden findet. Es ist unsere Pflicht sicherzustellen, dass Hass in den Vereinigten Staaten keinen sicheren Halt findet und die in unserer Verfassung verankerten heiligen Ideale – Religionsfreiheit, Gleichberechtigung, Würde und Respekt – geschützt werden. Das ist das amerikanische Versprechen.
Ich habe deutlich gemacht, dass ich angesichts des antisemitischen Giftes, der Hetze und der Gewalt nicht schweigen werde. In meinem ersten Amtsjahr habe ich das überparteiliche Gesetz über Hassverbrechen in Zusammenhang mit der COVID-Pandemie (COVID-19 Hate Crimes Act) unterzeichnet, das den staatlichen und lokalen Strafverfolgungsbehörden helfen soll, Hassverbrechen besser zu erkennen und auf sie zu reagieren. Ich habe Deborah Lipstadt, eine Holocaust-Historikerin, zur ersten Sondergesandten zur Überwachung und Bekämpfung von Antisemitismus mit dem Rang einer Botschafterin ernannt. Und meine Regierung erreichte auch die bisher größte Mittelaufstockung für die physische Sicherheit von gemeinnützigen Einrichtungen, darunter Synagogen, jüdische Gemeindezentren und jüdische Tagesschulen.
Auf meine Anweisung hin entwickeln wir auch die erste nationale Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus, die umfassende Maßnahmen der Bundesregierung vorsieht und in die Anregungen von übe tausend Vertreterinnen und Vertretern der jüdischen Gemeinde, führender Religions- und Bürgerrechtsvereinigungen, des Bundes und der Kommunen und anderen eingeflossen sind. Diese Strategie wird dazu beitragen, Antisemitismus innerhalb und außerhalb des Internets zu bekämpfen, unter anderem auch in Schulen und auf dem Universitätsgelände, mehr Sicherheit zu schaffen, um antisemitische Vorfälle und Angriffe zu verhindern, und Solidarität zwischen den Gemeinden bei der Bekämpfung von Antisemitismus und anderen Formen von Hass aufzubauen.
Doch mit Regierungsarbeit allein kann man Antisemitismus und Hass nicht ausrotten. Alle Amerikanerinnen und Amerikaner – darunter auch Führungskräfte aus Wirtschaft und Gesellschaft, Pädagoginnen und Pädagogen, Studierende, Sportlerinnen und Sportler, Unterhaltungskünstler und -künstlerinnen, Influencer und Influencerinnen – müssen dazu beitragen, Engstirnigkeit in all ihren Formen zu bekämpfen. Wir alle müssen unseren Teil dazu beitragen, Antisemitismus und Hass ein Ende zu bereiten und an unseren Arbeitsplätzen, an den Schulen, Zuhause und in den sozialen Medien eine Kultur des Respekts zu schaffen.
In diesem Jewish American Heritage Month sollten wir uns über alle Glaubensrichtungen, Ethnien und über jede Herkunft hinweg die Hände reichen, um deutlich zu machen, dass das Böse, der Hass und der Antisemitismus nicht die Oberhand gewinnen werden. Lassen Sie uns die zeitlosen Werte, Leistungen und die Kultur der jüdischen Amerikanerinnen und Amerikaner ehren, die unsere Nation jeden Tag weiterbringen. Und widmen wir uns erneut der heiligen Aufgabe, eine integrativere Zukunft zu schaffen, die Vielfalt zu schützen, die uns als Nation ausmacht, und die Würde eines jeden Menschen zu bewahren – hier zu Hause und auf der ganzen Welt.
AUF GRUND DESSEN ERKLÄRE ICH, JOSEPH R. BIDEN JR., Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, kraft des mir durch die Verfassung und die Gesetze der Vereinigten Staaten verliehenen Amtes, hiermit den Monat Mai 2023 zum Jewish American Heritage Month. Ich rufe alle Amerikanerinnen und Amerikaner auf, mehr über das kulturelle Erbe und den Beitrag der jüdischen Amerikanerinnen und Amerikaner zu erfahren und diesen Monat mit geeigneten Programmen, Aktivitäten und Zeremonien zu begehen.
ZU URKUND DESSEN setze ich an diesem achtundzwanzigsten Tag im April zweitausenddreiundzwanzig und im zweihundertsiebenundvierzigsten Tag der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika meine Unterschrift unter dieses Dokument.
JOSEPH R. BIDEN JR.
Originaltext: Proklamation des US-Präsidenten zum Jewish American Heritage Month 2023