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November 9, 2022

US-Außenminister Blinken bei G7-Pressekonferenz in Münster 

US-Außenminister Blinken am Rednerpult
US-Außenminister Blinken beim G7-Gipfel in Münster (Foto: US-Außenministerium)

 

Vom 3. – 4. November 2022 trafen sich die Außenminister der G7-Staaten in Münster. In diesem Rahmen nahm US-Außenminister Antony J. Blinken am 4. November an einer Pressekonferenz teil. Seine Eingangserklärung haben wir übersetzt.

Guten Abend. Wir haben eben zwei sehr produktive Arbeitstage hier in Münster hinter uns und ich möchte unseren deutschen Gastgeberinnen und Gastgebern für die unglaublich herzliche Gastfreundschaft danken, und insbesondere meiner Freundin und Amtskollegin, Außenministerin Baerbock, meine Anerkennung für ihre Führungsrolle in einem sehr schwierigen, aber auch sehr folgenreichen Jahr aussprechen.

Als die G7-Außenministerinnen und -minister vor fast einem Jahr in Liverpool zusammenkamen, haben wir die klare Botschaft vermittelt, dass im Falle eines Einmarsches von Präsident Putin in die Ukraine „drastische Konsequenzen [folgen würden] und ein hoher Preis“ zu zahlen sein würde. Präsident Putin setzte darauf, dass wir unseren Worten keine Taten folgen lassen würden. Wir haben ihm das Gegenteil bewiesen.

Seit Februar leiten unsere Länder eine Koalition mit Dutzenden Verbündeten und Partnern, die umfangreiche Sicherheitshilfe für die mutigen Verteidigerinnen und Verteidiger der Ukraine leisten, die für ihr Hoheitsgebiet, ihre Demokratie und ihre Bevölkerung kämpfen. Wir haben beispiellose Sanktionen und Exportkontrollen verhängt, die die Fähigkeit der russischen Streitkräfte, Krieg zu führen, unmittelbar beeinträchtigt haben. Diese Anstrengungen, die zum großen Teil über die G7 koordiniert werden, haben die Kampfkraft der Ukraine gestärkt und die Russlands geschwächt. Sie sind auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die Ukraine in diesem Krieg an Boden gewonnen hat.

Wir arbeiten auch gemeinsam an der Verhängung von Sanktionen gegen diejenigen, die Putins Krieg unterstützen. Dazu zählt Iran, dessen Kampfdrohnen ukrainische Zivilistinnen und Zivilisten töten und zivile Infrastruktur zerstören und dessen Kräfte auf der Krim Russland dabei helfen, diese brutalen Angriffe durchzuführen.

Die G7-Länder unterstützen die Ukraine auch wirtschaftlich und humanitär, da Präsident Putin versucht, Niederlagen auf dem Schlachtfeld durch Angriffe auf die zivile Infrastruktur auszugleichen, durch die die Männer, Frauen, Kinder und älteren Menschen in der Ukraine mit Wärme, Wasser und Strom versorgt werden. Russland hat etwa 40 Prozent der ukrainischen Energieinfrastruktur zerstört, darunter auch Wärmekraftwerke, die viele ukrainische Haushalte, Schulen und Krankenhäuser im Winter mit Energie versorgen, wenn die Temperaturen bei minus 20 Grad Celsius liegen können. Präsident Putin scheint versuchen zu wollen, die Ukraine bis zur Unterwerfung frieren zu lassen, wenn er sie nicht mit Gewalt erobern kann. Dies ist nur das jüngste der Verbrechen, die Präsident Putin gegen die Menschen in der Ukraine verübt. Es reichte nicht aus, Massengräber in Bucha und Irpin zu füllen. Es reichte nicht aus, den Einwohnerinnen und Einwohnern Mariupols Lebensmittel, Wasser und Arzneimittel vorzuenthalten. Es reichte nicht aus, Zehntausende von Ukrainerinnen und Ukrainern gewaltsam aus ihren Häusern zu vertreiben und sie durch sogenannte Filtrationsmaßnahmen nach Russland zu deportieren. Zu alledem schürt Präsident Putin auch noch die Angst vor Atomwaffen.

Wie bei jedem Schritt geht die G7 gemeinsam gegen die jüngsten Eskalationen Russlands vor und steht fest an der Seite der Ukraine. Beim Thema Infrastruktur einigten sich die G7-Mitgliedstaaten auf die Einrichtung einer neuen Koordinierungsgruppe zur Reparatur, Wiederherstellung und Verteidigung des ukrainischen Stromnetzes, auf das es Präsident Putin abgesehen hat. Und wir konzentrieren unsere Sicherheitsunterstützung verstärkt darauf, der Ukraine zu helfen, sich gegen diese Angriffe zu schützen, die Luftabwehr zu stärken und die Rüstungsproduktion hochzufahren.

Als Präsident Putin behauptete, die Ukraine baue an drei Standorten eine sogenannte schmutzige Bombe, bat die Ukraine die IAEO, dies zu untersuchen. Gestern haben die Expertinnen und Experten der IAEO Putins Behauptung als falsch entlarvt. Gemeinsam mit der G7 machen Länder weltweit Präsident Putin klar, dass jeder Einsatz einer Atomwaffe für ihn und für Russland katastrophal wäre.

Alle unsere Länder bringen Opfer, um diese wichtige Unterstützung aufrechtzuerhalten, und wir unterstützen uns dabei gegenseitig. Was die Energieversorgung betrifft, so haben die Vereinigten Staaten beispielsweise 53 Milliarden Kubikmeter Flüssigerdgas nach Europa exportiert. Das ist fast das Zweieinhalbfache dessen, was wir 2021 exportiert haben, und es wird unsere Freunde mit einer lebenswichtigen Reserve für den Winter versorgen. Auch zur Bewältigung anderer globaler Herausforderungen, die keine unserer Nationen allein angehen kann, haben die G7-Staaten im vergangenen Jahr zusammengefunden. Über einige davon haben wir hier in Münster gesprochen, darunter die beispiellose weltweite Ernährungskrise, die durch den Klimawandel, Corona und Konflikte, einschließlich des russischen Kriegs in der Ukraine, verursacht wird. Im Juni kündigten Präsident Biden und andere Staats- und Regierungsoberhäupter der G7 an, dass unsere Länder 4,5 Milliarden US-Dollar in die Verbesserung der Ernährungssicherheit investieren werden, wobei mehr als die Hälfte davon aus den Vereinigten Staaten kommt.

Wir sind dankbar für die Bemühungen der Vereinten Nationen und der Türkei, Russland wieder zur Unterstützung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative zu bewegen. In nur etwas mehr als drei Monaten hat diese Initiative dazu geführt, dass über zehn Millionen Tonnen Getreide aus den ukrainischen Häfen verschifft werden konnten und die Preise überall gesunken sind. Zwei Drittel des verschifften Weizens, des Hauptnahrungsmittels für die Armen der Welt, gingen in die Entwicklungsländer. Allerdings sollten wir nicht ständig mit Präsident Putin verhandeln müssen, damit Lebensmittel in die Welt geliefert werden können. Deshalb sendet die internationale Gemeinschaft die klare Botschaft an Moskau, Hunger nicht weiter als Druckmittel einzusetzen und das Getreideabkommen weit vor seinem Ablauf Ende des Monats zu verlängern.

Wir haben auch über die Beziehungen zu China gesprochen. Die G7-Staaten verteidigen gemeinsam die auf Regeln basierende internationale Ordnung, damit jede Nation selbst über ihren Weg entscheiden kann, frei von Einschüchterung, Zwang oder unfairen Handelspraktiken. Wir haben unser bleibendes Interesse an Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan und unsere nachdrückliche Ablehnung jeglicher unilateraler Änderungen des Status quo bekräftigt. Wir alle wissen um die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit China bei globalen Herausforderungen wie der globalen Gesundheitssicherheit und dem Klimawandel, den wir ohne den größten Treibhausgasemittenten der Welt nicht bekämpfen können. Allerdings haben wir hier angesichts der zunehmenden Nötigung durch die VR China auch klaren Blickes die Notwendigkeit eines abgestimmten Vorgehens gegenüber Peking und die Maßnahmen erörtert, mit denen wir uns gemeinsam gegen die marktverzerrenden Methoden und Praktiken Chinas wehren können, die den Arbeitnehmenden und der Wirtschaft in allen unseren Ländern schaden.

Auch Iran stand auf unserer Tagesordnung. Die mutigen jungen Frauen, die mittlerweile seit 50Tagen, seit der Ermordung von Mahsa Amini, trotz des brutalen Vorgehens des Regimes im ganzen Land weiter demonstrieren, sind eine Inspiration. Die nächsten Generationen von Iranerinnen und Iranern zeigen, dass ihr Wunsch, frei zu sein und Chancen zu haben, auch durch die härteste Repression nicht ausgelöscht werden kann. Wir arbeiten gemeinsam an Sanktionen gegen die an der brutalen Repression Beteiligten. Wir arbeiten auch mit der Zivilgesellschaft und Technologieunternehmen zusammen, um digitale Dienste bereitzustellen, damit die Iranerinnen und Iraner untereinander kommunizieren und die Unterdrückung durch das Regime sichtbar machen können, auch wenn es immer wieder versucht, den Zugang zum Internet zu blockieren.

Wir haben auch über die Krise in Haiti gesprochen, wo die monatelange Blockade der Häfen durch kriminelle Banden den Ausbruch von Cholera, die Lebensmittel- und Treibstoffknappheit und die ausufernde Gewalt verschärft. Wir arbeiten gemeinsam daran, diese Kriminellen und ihre Hintermänner zur Rechenschaft zu ziehen, und zwar durch vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Sanktionen sowie durch neue Sanktionen der Vereinigten Staaten und Kanadas, die wir heute gegen zwei haitianische Staatsangehörige, Joseph Lambert und Youri Latortue, angekündigt haben. Wir sind dankbar, dass Kanada hier eine Führungsrolle übernimmt und sich die internationale Gemeinschaft darauf konzentriert, der haitianischen Bevölkerung bei der Suche nach einem gangbaren Weg zu helfen, und wir werden diese Bemühungen weiter unterstützen. Dazu gehört auch die Fortsetzung unserer gemeinsamen Arbeit zur Stärkung der haitianischen Nationalpolizei, der es meines Wissens gelungen ist, das Terminal und den Hafen von Varreux zurückzuerobern, was für die Wiederherstellung der Versorgung mit Lebensmitteln und Treibstoff von entscheidender Bedeutung ist.

Bei den Gesprächen über die Demokratische Volksrepublik Korea haben die G7-Partner den jüngsten eskalierenden Abschuss ballistischer Flugkörper und die destabilisierenden Auswirkungen, die sie in der Region haben, scharf verurteilt.

Die G7-Staaten konzentrieren sich nicht nur auf die unmittelbaren Herausforderungen der Gegenwart, sondern schauen auch über den Tag hinaus, wie sie die Voraussetzungen schaffen können, zukünftige Krisen zu antizipieren und zu verhindern. Die afrikanischen Länder sind dabei wichtige Partner, von der Förderung der weltweiten Versorgung mit erneuerbaren Energien bis hin zur Stärkung der globalen Gesundheit und Ernährungssicherheit. Die Vertiefung unserer Zusammenarbeit war ein zentraler Punkt des heutigen G7-Treffens mit führenden Vertreterinnen und Vertretern der Afrikanischen Union, Kenias und Ghanas.

Die Anfang dieser Woche unterzeichnete Vereinbarung zur Einstellung der Feindseligkeiten zwischen der äthiopischen Regierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) zeigt, was wir erreichen können, wenn wir Lösungen unter afrikanischer Führung unterstützen. Wir sprechen der Afrikanischen Union sowie den Regierungen Kenias und Südafrikas, die diesen Prozess vorangetrieben haben, unsere Anerkennung aus. Und wir wissen es zu schätzen, dass die Vereinigten Staaten die Gelegenheit hatten, ihre Unterstützung anzubieten. Die Vereinigten Staaten beglückwünschen Premierminister Abiy und die TPLF-Führung zum Zustandekommen dieses Abkommens, und wir sehen seiner raschen Umsetzung entgegen, insbesondere bezüglich der ungehinderten Lieferung humanitärer Hilfe und des Schutzes der Zivilbevölkerung. Die Lage ist instabil, es werden noch einige Herausforderungen auf uns zukommen. Aber die Vereinigten Staaten sind entschlossen, mit ihren Partnern auf einen dauerhaften Frieden hinzuarbeiten. Diese Botschaft habe ich in meinen Gesprächen mit dem äthiopischen Premierminister Abiy, dem kenianischen Präsidenten Ruto und der südafrikanischen Außenministerin Pandor in den letzten 48 Stunden unterstrichen.

Die Arbeit, die die G7 hier geleistet hat, bildet die Grundlage für die Themen, die US-Präsident Biden und seine Amtskolleginnen und -kollegen in gut einer Woche auf dem G20-Gipfel in Bali erörtern werden. Und für all die Themen, die Japan bei seiner Übernahme der G7-Präsidentschaft im Januar weiterverfolgen wird.

Wie wir hier in Münster gesehen haben, sind sich die führenden Demokratien der Welt einig, wenn es darum geht, die grundlegenden Herausforderungen unserer Zeit anzugehen. Wir sind geeint und arbeiten so gut zusammen wie nie zuvor. Und wenn die Menschen auf der ganzen Welt sich in dieser schwierigen Zeit mit ein bisschen Abstand fragen, welche Länder zur Lösung ihrer Probleme beitragen, anstatt sie zu schaffen, dann werden sie eine klare Antwort finden. Genau das haben wir hier gezeigt. Und das werden wir auch in Zukunft weiter tun, und zwar gemeinsam. Ich danke Ihnen.

Originaltext: Secretary Antony J. Blinken At a Press Availability