US-Präsident Joseph R. Biden bei der 78. Vollversammlung der Vereinten Nationen
19. September 2023, Hauptsitz der Vereinten Nationen, New York
Herr Präsident, Herr Generalsekretär, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, vor etwa einer Woche stand ich am anderen Ende der Welt in Vietnam auf einst vom Blut des Krieges getränktem Boden.
Ich traf dort eine kleine Gruppe amerikanischer und vietnamesischer Veteraninnen und Veteranen und sah zu, wie sie persönliche Gegenstände aus der Zeit des Krieges austauschten – Ausweise und ein Tagebuch. Es war sehr bewegend, die Reaktion der vietnamesischen und amerikanischen Soldatinnen und Soldaten zu sehen.
Es war der Höhepunkt von 50 Jahren intensiver Arbeit auf beiden Seiten, in denen wir darauf hingewirkt haben, die schmerzhaften Hinterlassenschaften des Krieges zu überwinden und uns gemeinsam für Frieden und eine bessere Zukunft einzusetzen.
Auf dem Weg dorthin war nichts vorgezeichnet. Jahrzehntelang wäre es undenkbar gewesen, dass ein amerikanischer Präsident in Hanoi an der Seite eines vietnamesischen Staatsoberhaupts steht und sie das gegenseitige Bekenntnis zu einer Partnerschaft auf höchster Ebene verkünden. Dies führt uns eindringlich vor Augen, dass unsere Geschichte nicht unsere Zukunft bestimmen muss.
Wenn sich Regierungen abstimmen und behutsam vorgehen, können aus Gegnern Partner werden, können überwältigende Herausforderungen überwunden und tiefe Wunden geheilt werden.
Das dürfen wir niemals vergessen. Wenn wir uns dazu entschließen, einander zur Seite zu stehen und die gemeinsamen Hoffnungen zu erkennen, die die ganze Menschheit verbinden, haben wir die Macht, den Lauf der Geschichte zu beeinflussen.
Meine verehrten Amtskolleginnen und -kollegen, wieder einmal kommen wir an einem Wendepunkt der Weltgeschichte zusammen, und die Augen der Welt sind auf Sie alle gerichtet – auf uns alle.
Als Präsident der Vereinigten Staaten sehe ich mein Land in der Pflicht, in dieser kritischen Zeit eine Führungsrolle zu übernehmen, mit Staaten in allen Regionen der Welt zusammenzuarbeiten und sie für eine gemeinsame Sache zu gewinnen, mit Partnern zusammenzufinden, die eine gemeinsame Vorstellung von der Zukunft einer Welt haben, in der unsere Kinder nicht hungern müssen und jede und jeder Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung hat, in der Arbeitnehmende gestärkt werden und unsere Umwelt geschützt wird, in der Unternehmerinnen und Unternehmer, Innovatorinnen und Innovatoren Chancen wahrnehmen können, in der Konflikte friedlich beigelegt werden und in der Staaten selbst bestimmen können, welchen Kurs sie einschlagen wollen.
Die Vereinigten Staaten streben eine sicherere, wohlhabendere und gerechtere Welt für alle Menschen an, weil wir wissen, dass unsere Zukunft mit der Ihren verbunden ist. Lassen Sie mich das noch einmal sagen: Wir wissen, dass unsere Zukunft mit der Ihren verbunden ist.
Kein Land kann den heutigen Herausforderungen allein begegnen.
Die Generationen vor uns haben dieses Gremium, die Vereinten Nationen, gegründet und internationale Finanzinstitutionen sowie multilaterale und regionale Einrichtungen geschaffen, um den Herausforderungen ihrer Zeit zu begegnen.
Das funktionierte nicht immer perfekt. Aber durch Zusammenarbeit haben die Staaten weltweit einige bemerkenswerte und unbestreitbare Fortschritte erzielt, die das Leben aller Menschen verbessert haben.
Wir haben das Wiederaufflammen globaler Konflikte verhindert und gleichzeitig mehr als eine Milliarde Menschen – eine Milliarde Menschen – aus extremer Armut befreit.
Wir haben Millionen von Kindern Zugang zu Bildung ermöglicht.
Wir haben Abermillionen Menschen das Leben gerettet, die andernfalls an vermeidbaren und behandelbaren Krankheiten wie Masern, Malaria und Tuberkulose gestorben wären.
Der Rückgang von Infektionen und Todesfällen durch HIV/AIDS ist nicht zuletzt auf die Arbeit von PEPFAR in mehr als 55 Staaten zurückzuführen, durch die über 25 Millionen Menschenleben gerettet wurden.
Das sind eindrucksvolle Beweise dafür, was wir erreichen können, wenn wir gemeinsam handeln, wenn wir uns schwierigen Aufgaben gemeinsam stellen, und es ist eine dringliche Ermahnung an uns, schneller Fortschritte zu machen, damit niemand zurückbleibt, denn zu viele Menschen werden zurückgelassen.
Die Institutionen, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg gemeinsam aufgebaut haben, bilden das bleibende Fundament, auf dem unsere Fortschritte gründen, und die Vereinigten Staaten sind entschlossen, sie zu bewahren.
Wir sind stolz, dieses Jahr der UNESCO wieder beigetreten zu sein. Aber wir sind uns auch darüber im Klaren, dass unsere jahrzehntealten Institutionen und Konzepte modernisiert werden müssen, um neuen Herausforderungen gerecht zu werden und mit der Welt Schritt zu halten.
Wir müssen mehr von der Führungsstärke und Kompetenz einbringen, die überall vorhanden sind, vor allem aus Regionen, die nicht immer voll eingebunden wurden. Wir müssen uns mit Herausforderungen auseinandersetzen, die immer mehr miteinander verbunden sind und immer vielschichtiger werden. Und wir müssen sicherstellen, dass wir für Menschen überall etwas bewegen, nicht nur an manchen Orten. An allen.
Vereinfacht gesagt, brauchen wir dringend Ergebnisse des 21. Jahrhunderts, die uns voranbringen. Das fängt bei den Vereinten Nationen an – genau hier in diesem Saal.
In meiner Rede vor diesem Gremium im vergangenen Jahr habe ich angekündigt, dass die Vereinigten Staaten eine Erweiterung des Sicherheitsrates durch die Erhöhung der Zahl seiner ständigen und nichtständigen Mitglieder unterstützen.
Die Vereinigten Staaten haben mit vielen Mitgliedsstaaten eingehende Gespräche geführt. Und wir werden auch im kommenden Jahr unseren Teil dazu beitragen, weitere Reformbemühungen voranzutreiben, nach Gemeinsamkeiten zu suchen und Fortschritte zu erzielen.
Wir müssen in der Lage sein, festgefahrene Situationen zu überwinden, die allzu oft den Fortschritt hemmen und einen Konsens im Rat verhindern. Wir brauchen in diesem Gremium mehr Stimmen und verschiedene Blickwinkel.
Die Vereinten Nationen müssen weiter Frieden bewahren, Konflikte verhindern und menschliches Leid lindern. Wir begrüßen es, wenn Nationen neue Wege beschreiten und in schwierigen Fragen nach anderen Lösungen suchen wollen.
Auf Haiti beispielsweise fördert die Karibische Gemeinschaft (CARICOM) einen Dialog innerhalb der haitianischen Gesellschaft.
Ich danke dem kenianischen Präsidenten Ruto für seine Bereitschaft, Kenia als federführende Nation einer von den Vereinten Nationen unterstützten Sicherheitsmission einzusetzen. Ich rufe den Sicherheitsrat auf, diese Mission jetzt zu genehmigen. Die Menschen in Haiti können nicht mehr lange warten.
Die Vereinigten Staaten arbeiten in allen Bereichen daran, globale Institutionen reaktionsfähiger, effizienter und integrativer zu gestalten.
So haben wir zum Beispiel wesentliche Schritte unternommen, um die Weltbank zu reformieren und zu stärken, indem wir ihre Finanzierungsmöglichkeiten auf Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen ausdehnen. Sie kann so dazu beitragen, Fortschritte bei den nachhaltigen Entwicklungszielen (Sustainable Development Goals – SDGs) zu erreichen und miteinander im Zusammenhang stehende Herausforderungen wie Klimawandel und Fragilität besser anzugehen.
Unter dem neuen Präsidenten der Weltbank setzt der Wandel bereits ein.
Letzten Monat habe ich den Kongress der Vereinigten Staaten um zusätzliche 25 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung der Weltbank gebeten. Und auf dem G20-Gipfel haben wir die wichtigsten Volkswirtschaften der Welt dazu bewegt, noch mehr Mittel zu mobilisieren. Gemeinsam können wir die Kreditvergabe der Weltbank grundlegend verändern.
Und da die multilateralen Entwicklungsbanken zu den besten Instrumenten für die Förderung moderner, transparenter und qualitativ hochwertiger Investitionen in den Entwicklungsländern gehören, kann eine Reform dieser Institutionen entscheidende Veränderungen bewirken.
Ebenso haben wir vorgeschlagen, dafür zu sorgen, dass die Entwicklungsländer im Internationalen Währungsfonds eine starke Stimme bekommen und stark vertreten sind.
Wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, die Welthandelsorganisation zu reformieren und Wettbewerb, Offenheit, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit zu bewahren. Gleichzeitig wollen wir die Organisation in die Lage versetzen, den Erfordernissen der heutigen Zeit besser gerecht zu werden, also beispielsweise die Energiewende voranzutreiben, Arbeitnehmende zu schützen und integratives und nachhaltiges Wachstum zu fördern.
Diesen Monat haben wir zudem die G20 als bedeutendes Forum gestärkt, indem wir die Afrikanische Union als ständiges Mitglied aufgenommen haben.
Aber die Aufwertung und Stärkung unserer Institutionen ist nur die eine Seite der Medaille. Wir müssen auch neue Partnerschaften eingehen und uns neuen Herausforderungen stellen.
Neue Technologien wie künstliche Intelligenz bergen sowohl ein enormes Potenzial als auch enorme Gefahren. Wir müssen sicherstellen, dass sie als Instrumente der Chancengleichheit und nicht als Waffen der Unterdrückung eingesetzt werden.
Gemeinsam mit führenden Politikerinnen und Politikern auf der ganzen Welt arbeiten die Vereinigten Staaten daran, Regeln und Grundsätze zu stärken, damit die Sicherheit von KI-Technologien vor ihrer Veröffentlichung gewährleistet ist, damit wir diese Technologie beherrschen und nicht umgekehrt sie uns.
Ich verpflichte mich, im Rahmen dieser Institution und anderer internationaler Gremien sowie unmittelbar mit Staats- und Regierungsoberhäuptern auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten, auch mit unseren Konkurrenten, um sicherzustellen, dass wir die Macht der künstlichen Intelligenz zum Wohle aller nutzen und gleichzeitig unsere Bürgerinnen und Bürger vor den größten Risiken schützen.
Dafür werden sich alle einsetzen müssen. Das tue ich, wie viele von Ihnen auch, schon seit einiger Zeit. Damit wir es richtig hinkriegen, müssen wir uns alle beteiligen.
In allen Regionen der Welt setzen die Vereinigten Staaten auf starke Bündnisse, vielseitige Partnerschaften, gemeinsame Zielsetzungen und kollektives Handeln, um neue Herangehensweisen an die Herausforderungen zu finden, denen alle gegenüberstehen.
Hier in der westlichen Hemisphäre haben wir 21 Staaten zur Unterstützung der Erklärung von Los Angeles über Migration und Schutz (Los Angeles Declaration on Migration and Protection) gewonnen und damit eine gesamtregionale Herangehensweise an eine gesamtregionale Herausforderung gefunden, um für eine bessere Einhaltung von Gesetzen und den Schutz der Rechte von Migranten zu sorgen.
Im indopazifischen Raum haben wir unsere Quad-Partnerschaft mit Indien, Japan und Australien ausgebaut, um für die Menschen in der Region konkrete Fortschritte zu erzielen – von Impfstoffen bis hin zu Sicherheit auf See.
Erst gestern haben die Vereinigten Staaten nach zwei [Jahren] Konsultationen und Diplomatie Dutzende von Nationen aus vier Kontinenten zusammengebracht, um eine neue Partnerschaft für die atlantische Zusammenarbeit zu gründen, damit die Küstenanrainer des Atlantiks in den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Umweltschutz und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung besser zusammenarbeiten können.
Fast 100 Länder haben in einer globalen Koalition zur Bekämpfung von Fentanyl und synthetischen Drogen zusammengefunden, um die menschlichen Kosten dieses Leidens zu verringern. Das ist ein echtes Problem.
Und da sich das Erscheinungsbild der terroristischen Bedrohungen verändert und geografisch ausweitet, arbeiten wir mit unseren Partnern zusammen, um unsere Fähigkeiten einzusetzen, um Verschwörungen zu vereiteln, Netzwerke zu zerschlagen und alle unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
Darüber hinaus haben wir einen Demokratiegipfel einberufen, um demokratische Institutionen zu stärken, Korruption an der Wurzel zu packen und politische Gewalt zu bekämpfen.
Und gerade jetzt führt uns der Sturz demokratisch gewählter Regierungen in West- und Zentralafrika so kurz hintereinander vor Augen, dass diese Arbeit weder an Dringlichkeit noch an Bedeutung eingebüßt hat.
An der Seite der Afrikanischen Union, der ECOWAS und anderer regionaler Zusammenschlüsse unterstützen wir eine rechtsstaatliche Ordnung. Wir werden uns nicht von den Werten abwenden, die uns stark machen. Wir werden die Demokratie verteidigen – das geeignetste Werkzeug zur Bewältigung der Herausforderungen, denen wir uns weltweit gegenübersehen. Und wir arbeiten daran zu zeigen, wie Demokratie so funktionieren kann, dass sie das Leben der Menschen tatsächlich verbessern kann.
Die Partnerschaft für globale Infrastruktur und Investitionen (Partnership for Global Infrastructure and Investment) befasst sich mit dem immensen Bedarf und den enormen Möglichkeiten für Infrastrukturinvestitionen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, insbesondere in Afrika, Lateinamerika und Südostasien.
Durch gezielte, strategische öffentliche Investitionen können wir enorme Summen an privatwirtschaftlichen Mitteln freisetzen.
Die G7 hat sich verpflichtet, mit den relevanten Akteuren zusammenzuarbeiten, um bis 2027 gemeinsam 600 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung von Infrastruktur zu mobilisieren. Die Vereinigten Staaten haben bisher bereits über 30 Milliarden US-Dollar mobilisiert.
Wir schaffen einen Spitzenwettbewerb mit Projekten, die hohe Standards für Arbeitnehmende, Umwelt und geistiges Eigentum setzen; gleichzeitig wollen wir die Falle einer nicht tragbaren Verschuldung vermeiden.
Wir konzentrieren uns auf Wirtschaftskorridore, die die Wirkung unserer kollektiven Investitionen maximieren und in mehreren Ländern und Sektoren zu nachhaltigen Ergebnissen führen werden.
Der Lobito-Korridor beispielsweise wird sich quer durch Afrika vom westlichen Hafen Angolas über die Demokratische Republik Kongo bis nach Sambia erstrecken, die regionale Konnektivität verbessern und den Handel und die Ernährungssicherheit in Afrika stärken.
Auch das bahnbrechenden Projekt Connect India, das wir beim G20-Gipfel angekündigt haben und das Indien über die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Jordanien und Israel mit Europa zu verbinden wird, wird Chancen und Investitionen auf zwei Kontinenten fördern.
Das Projekt ist Teil unserer Bemühungen, einen nachhaltigeren, stärker integrierten Nahen Osten aufzubauen. Es zeigt die positiven und praktischen Auswirkungen der stärkeren Normalisierung und wirtschaftlichen Anbindung Israels an seine Nachbarn, während wir uns weiterhin unermüdlich für einen gerechten und dauerhaften Frieden zwischen Israel und Palästina einsetzen – zwei Staaten für zwei Völker.
Ich sage es ganz deutlich: Bei keiner dieser Partnerschaften geht es darum, ein Land einzuhegen. Es geht um eine positive Vorstellung von unserer gemeinsamen Zukunft.
In Bezug auf China möchte ich mich klar und stimmig äußern. Wir sind bestrebt, den Wettbewerb zwischen unseren Staaten verantwortungsvoll zu gestalten, damit er nicht zu einem Konflikt eskaliert. Ich habe gesagt: „Wir sind für Risikominderung, nicht für eine Abkoppelung von China.“
Wir werden uns gegen Angriffe und Einschüchterungsversuche wehren und die Grundregeln verteidigen, die seit Jahrzehnten zur Wahrung von Sicherheit und Wohlstand beitragen – von der Freiheit der Schifffahrt über Überflugrechte bis hin zu fairen wirtschaftlichen Bedingungen für alle.
Wir sind aber auch bereit, mit China bei Themen zusammenzuarbeiten, in denen wir nur durch gemeinsame Anstrengungen Fortschritte erzielen können.
Nirgendwo ist das entscheidender als bei der immer gravierenderen Klimakrise. Wir sehen es überall: rekordverdächtige Hitzewellen in den Vereinigten Staaten und China, schlimme Waldbrände in Nordamerika und Südeuropa, eine seit fünf Jahren andauernde Dürre am Horn von Afrika, furchtbare Überschwemmungen in Libyen, die Tausende von Menschen getötet haben – mein Mitgefühl gilt den Libyerinnen und Libyern.
Diese einzelnen Katastrophen zeichnen gemeinsam ein Gesamtbild, das eindringlich zeigt, was uns erwartet, falls es uns nicht gelingen sollte, unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und die Welt klimafest zu machen.
Vom ersten Tag im Amt an hat meine Regierung, haben die Vereinigten Staaten diese Krise als eine existenzielle Bedrohung behandelt, eine existenzielle Bedrohung nicht nur für uns, sondern für die gesamte Menschheit.
Letztes Jahr habe ich das bisher größte US-Investitionsvorhaben der Weltgeschichte zur Bekämpfung der Klimakrise und zur Unterstützung der Weltwirtschaft auf dem Weg in eine saubere Energiezukunft unterzeichnet.
Wir arbeiten auch mit dem Kongress zusammen, um unsere Klimafinanzierung zu vervierfachen, damit wir die Entwicklungsländer dabei unterstützen können, ihre Klimaziele zu erreichen und sich an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen.
Und in diesem Jahr ist die Welt auf dem besten Weg, die im Rahmen des Pariser Klimaabkommens gemachten Zusagen für die Klimafinanzierung zu erfüllen: 100 Milliarden US-Dollar sollen gemeinsam aufgebracht werden. Aber wir brauchen mehr Investitionen aus dem öffentlichen und privaten Sektor, vor allem an Orten, die nur wenig zu den globalen Emissionen beigetragen haben, aber die Auswirkungen des Klimawandels am stärksten zu spüren bekommen, wie beispielsweise die pazifischen Inseln.
Die Vereinigten Staaten arbeiten direkt mit dem Pacific Islands Forum zusammen, um diese Staaten bei der Anpassung an und dem Aufbau von Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu unterstützen, während wir zugleich vorangehen und neue innovative Partnerschaften aufbauen, um globale Herausforderungen von allen Seiten anzugehen.
Angefangen bei der First Movers Coalition, die Milliarden aus der Privatwirtschaft mobilisiert, um eine Marktnachfrage nach umweltfreundlichen Produkten in kohlenstoffintensiven Sektoren wie in der Betonherstellung, Schifffahrt, Luftfahrt und LKW-Verkehr zu schaffen, über die Agriculture Innovation Mission for Climate, die landwirtschaftliche Betriebe in die Lösung des Klimaproblems einbezieht und unsere Nahrungsmittelversorgung widerstandsfähiger gegen Klimaschocks macht, bis hin zur globalen Verpflichtung zur Verringerung der Methanemissionen (Global Methane Pledge), die inzwischen von mehr als 150 Ländern unterstützt wird und unseren Fokus über unsere Kohlenstoffemissionsziele hinaus auf eine Reduzierung der potenziellen Treibhausgase in unserer Atmosphäre um 30 Prozent erweitert: Das alles ist in unserer Reichweite.
Mit dem gleichen Engagement, dem gleichen Gefühl der Dringlichkeit und dem gleichen Ehrgeiz müssen wir gemeinsam an der Verwirklichung der SDGs bis 2030 arbeiten. Die Vereinten Nationen haben diese Ziele 2015 als Richtschnur für die Verbesserung der Lebensbedingungen auf der ganzen Welt angenommen.
Aber die bittere Wahrheit lautet: Nach jahrzehntelangen Fortschritten hat die Welt in den letzten Jahren im Zuge der Corona-Pandemie, Konflikten und anderen Krisen an Boden verloren.
Die Vereinigten Staaten sind entschlossen, ihren Teil beizutragen, damit wir wieder auf den richtigen Weg kommen.
Insgesamt haben die Vereinigten Staaten in den ersten zwei Jahren meiner Amtszeit mehr als 100 Milliarden US-Dollar investiert, um die Entwicklungen in der Ernährungssicherheit, beim Zugang zu Bildung weltweit, bei der Stärkung der Gesundheitssysteme und der Bekämpfung von Krankheiten voranzutreiben. Und wir haben dazu beigetragen, weitere Milliarden an Investitionen des Privatsektors zu mobilisieren.
Aber um unsere Fortschritte bei der Verwirklichung der nachhaltigen Entwicklungsziele zu beschleunigen, müssen wir alle mehr tun. Wir müssen neue Partnerschaften aufbauen, die die Art und Weise ändern, wie wir diese Herausforderung angehen, um aus allen Quellen zusätzliche Mittel für die Finanzierung von Entwicklung in Billionenhöhe freizusetzen. Wir müssen Schwachstellen beseitigen und die durch die Pandemie aufgedeckten Mängel unseres bestehenden Systems beheben.
Wir müssen dafür sorgen, dass Frauen und Mädchen vollumfänglich von unserem Fortschritt profitieren.
Wir müssen auch mehr tun, um die Schulden in den Griff zu bekommen, die so viele Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen belasten. Wenn Staaten gezwungen sind, untragbare Schulden auf Kosten ihrer eigenen Bevölkerung zu bedienen, wird es für sie schwieriger, in ihre eigene Zukunft zu investieren.
Und während wir gemeinsam daran arbeiten, uns von den globalen Schocks zu erholen, bleiben die Vereinigten Staaten der größte einzelstaatliche Geber humanitärer Hilfe in dieser Zeit beispielloser Not auf der Welt.
Menschen, Zusammenarbeit, Partnerschaft – das sind die Schlüssel zu Fortschritten bei der Bewältigung der Herausforderungen, die uns alle betreffen, und die Grundlage für verantwortungsvolles globales Führungsverhalten.
Wir müssen uns nicht in allem einig sein, um in Fragen wie Rüstungskontrolle – einem Grundpfeiler der internationalen Sicherheit – voranzukommen.
Nach mehr als 50 Jahren des Fortschritts im Rahmen des Nichtverbreitungsvertrags bricht Russland langjährige Rüstungskontrollvereinbarungen, kündigt die Aussetzung von New START an und zieht sich aus dem Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa zurück.
Ich halte das für unverantwortlich, und es macht die ganze Welt weniger sicher.
Die Vereinigten Staaten werden sich auch weiterhin aufrichtig bemühen, die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen zu verringern und mit gutem Beispiel voranzugehen, ganz gleich, was sonst auf der Welt geschieht.
In diesem Jahr haben wir die letzte chemische Munition aus den US-Lagerbeständen sicher vernichtet und sind damit unserer Verpflichtung zu einer Welt ohne chemische Waffen nachgekommen.
Wir verurteilen die anhaltenden Verstöße der Demokratischen Volksrepublik Korea gegen die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, setzen uns aber für ein diplomatisches Vorgehen ein, das eine Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel begünstigt.
Gemeinsam mit unseren Partnern gehen wir gegen die destabilisierenden Aktivitäten Irans vor, die die regionale und globale Sicherheit bedrohen, und wir halten daran fest, dass Iran niemals in den Besitz von Atomwaffen gelangen darf.
Wenn wir jetzt unsere Institutionen weiterentwickeln und kreative neue Partnerschaften eingehen, möchte ich eines klarstellen: Bestimmte Grundsätze unseres internationalen Systems sind unantastbar.
Souveränität, territoriale Integrität, Menschenrechte – das sind die Grundprinzipien der Charta der Vereinten Nationen, die Säulen friedlicher Beziehungen zwischen den Nationen, ohne die wir keines unserer Ziele erreichen können.
Daran darf sich nichts ändern, und daran wird sich auch nichts ändern.
Doch im zweiten Jahr in Folge wird dieses Treffen, das der friedlichen Beilegung von Konflikten gewidmet ist, vom einem illegalen Eroberungskrieg überschattet, den Russland ohne Provokation gegen seinen Nachbarn, die Ukraine, begonnen hat.
Wie alle Nationen der Welt wollen auch die Vereinigten Staaten, dass dieser Krieg beendet wird. Keine Nation wünscht sich ein Ende dieses Krieges mehr als die Ukraine.
Wir unterstützen die Ukraine nachdrücklich in ihren Bemühungen um eine diplomatische Lösung, die zu einem gerechten und dauerhaften Frieden führt.
Aber die Verantwortung für diesen Krieg trägt Russland allein. Russland allein hat die Macht, diesen Krieg unverzüglich zu beenden. Und allein Russland steht dem Frieden im Weg, denn der Preis, den Russland für den Frieden fordert, ist die Kapitulation der Ukraine, das ukrainische Hoheitsgebiet und die Kinder der Ukraine.
Russland glaubt, dass die Welt es irgendwann leid sein und ihm erlauben wird, der Ukraine ohne Konsequenzen Gewalt anzutun.
Aber ich frage Sie Folgendes: Wenn wir die Grundprinzipien der UN-Charta aufgeben, um beschwichtigend auf einen Aggressor einzugehen, kann sich dann irgendein Mitgliedsstaat in diesem Gremium sicher sein, dass er geschützt werden würde? Wenn wir zulassen, dass die Ukraine zerstückelt wird, wäre dann die Unabhängigkeit irgendeiner Nation gesichert?
Ich behaupte höflich, dass die Antwort „nein“ lautet.
Wir müssen uns heute gegen diese nackte Aggression wehren und morgen andere potenzielle Aggressoren abschrecken.
Deshalb werden die Vereinigten Staaten den tapferen Ukrainerinnen und Ukrainern gemeinsam mit ihren Verbündeten und Partnern auf der ganzen Welt bei der Verteidigung ihrer Souveränität, territorialen Integrität und Freiheit weiter zur Seite stehen.
Es ist nicht nur eine Investition in die Zukunft der Ukraine, sondern in die Zukunft aller Länder, die eine Welt wollen, in der für alle Nationen gleichermaßen, egal wie groß oder klein, die Grundregeln der Souveränität und territorialen Integrität gelten. Sie sind das solide Fundament dieses hohen Gremiums, und die universellen Menschenrechte sind ihr Nordstern. Wir dürfen keines von beiden opfern.
Die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor 75 Jahren war ein bemerkenswerter Akt kollektiver Hoffnung – und ich wiederhole: kollektiver Hoffnung –. Sie wurde von einem Ausschuss, der verschiedene Regionen, Glaubensrichtungen und Weltanschauungen vertrat, ausgearbeitet und von der Vollversammlung angenommen. Die in der Erklärung enthaltenen Rechte sind von grundlegender und dauerhafter Bedeutung.
Und auch wenn wir immer noch darum kämpfen, gleiche und unveräußerliche Rechte für alle durchzusetzen, so bleiben sie doch unverrückbar und gültig.
Wir können nicht wegsehen, wenn es zu Menschenrechtsverletzungen kommt, sei es in Xinjiang, Teheran, Darfur oder anderswo.
Wir müssen uns weiterhin dafür einsetzen, dass Frauen und Mädchen die gleichen Rechte haben wie Männer und gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben können, dass indigene Gruppen, ethnische und religiöse Minderheiten sowie Menschen mit Behinderungen nicht durch strukturelle Diskriminierung in ihrem Potenzial eingeschränkt werden, dass LGBTQI+ Menschen nicht strafrechtlich verfolgt oder zur Zielscheibe von Gewalt werden, weil sie sind, wer sie sind.
Diese Rechte gehören zu dem, was uns als Menschen miteinander verbindet. Wenn diese Rechte an einem Ort nicht gewahrt werden, ist dieser Verlust überall spürbar. Sie sind unerlässlich für den menschlichen Fortschritt, der uns zusammenführt.
Meine verehrten Amtskolleginnen und -kollegen, ich möchte mit Folgendem schließen: An diesem Wendepunkt der Geschichte werden wir daran gemessen werden, ob wir die Versprechen einhalten, die wir uns selbst, einander, den Schwächsten und all jenen gegeben haben, denen wir die von uns geschaffene Welt hinterlassen werden, denn das tun wir.
Werden wir den Mut aufbringen, zu tun, was getan werden muss, um die Erde zu bewahren, die Menschenwürde zu schützen, allen Menschen auf der Welt Chancen zu bieten und die Grundsätze der Vereinten Nationen zu verteidigen?
Auf diese Frage kann es nur eine Antwort geben: Wir können, und wir werden.
Wir haben einen langen und schweren Weg vor uns, aber wenn wir durchhalten, den Glauben an uns selbst bewahren und zeigen, was möglich ist, werden wir es schaffen.
Machen wir uns gemeinsam an die Arbeit. Sorgen wir für Fortschritt für alle. Lenken wir den Lauf der Geschichte zum Wohle der Welt, denn wir haben es in der Hand, das zu tun.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Sie sind sehr freundlich.
Originaltext: Remarks by President Biden Before the 78th Session of the United Nations General Assembly