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Warum liegen Wahl und Amtseinführung des US-Präsidenten zeitlich so weit auseinander?
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Januar 14, 2021

Zwischen der Wahl eines neuen Präsidenten und seiner tatsächlichen Amtseinführung liegen in den Vereinigten Staaten mehrere Wochen. Warum das so ist, wird im folgenden Artikel erläutert, der am 14. Januar 2021 auf ShareAmerica, einer offiziellen Website des US-Außenministeriums, erschien.

In vielen Demokratien übernimmt eine neue politische Führung die Amtsgeschäfte von der vorherigen Regierung innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums. In den Vereinigten Staaten hingegen vergehen bis dahin gemächliche 11 Wochen.

Das mag lang erscheinen, ist aber schon kürzer als die vier Monate, die die US-Verfassung ursprünglich für die Übergabe der Amtsgeschäfte von einem alten an einen neuen Präsidenten vorsah.

Es geht auch schneller

Der ursprüngliche Zeitraum von November bis März wurde im 18. Jahrhundert festgelegt, als das Bewegen von Informationen und Menschen von einem Ort im Land zum anderen ein langwieriger Prozess war. Anders als in vielen parlamentarischen Demokratien, in denen Kabinettsmitglieder häufig aus dem Parlament kommen, dessen Abgeordnete in der Hauptstadt leben und arbeiten, sind talentierte Politiker in den Vereinigten Staaten über ein riesiges Land verteilt.

Die schwierige Situation der Vereinigten Staaten während der Weltwirtschaftskrise trug mit dazu bei, führende Politiker zu überzeugen, den neu gewählten Präsidenten schneller zu vereidigen und damit die ursprünglich vier Monate dauernde Lame-Duck-Phase auf weniger als drei Monate zu verkürzen. Der Begriff lame duck bezeichnet einen Mandatsträger, dessen Nachfolger bereits gewählt wurde, was in der Regel dessen politische Position schwächt.

Der 1933 ratifizierte 20. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten legte den 20. Januar als neues Datum für die Amtseinführung fest. Die Präsidentschaftswahlen werden immer noch Anfang November abgehalten.

„Es braucht Zeit, ein Kabinett und die höchste Regierungsebene zusammenzustellen“, so Jeffrey A. Engel, Leiter des Zentrums für Präsidialgeschichte (Center for Presidential History) an der Southern Methodist University.

„Jedes Mal, wenn eine neue Regierung die Amtsgeschäfte übernimmt, ist es so, als müsste auch das Dach des Hauses neu gedeckt werden, wobei das Haus für die Bürokratie und das Dach für die neuen Amtsträger und Amtsträgerinnen und Kabinettsmitglieder steht. Und gut Ding will bekanntlich Weile haben.

Darstellung einer Szene aus dem Jahr 1789, in der George Washington auf seinem Weg zur Amtseinführung als erster amerikanischer Präsident in Trenton (New Jersey) begrüßt wird. (Foto: Alamy)
Darstellung einer Szene aus dem Jahr 1789, in der George Washington auf seinem Weg zur Amtseinführung als erster amerikanischer Präsident in Trenton (New Jersey) begrüßt wird. (Foto: Alamy)

Amerikas einzigartige Demokratie

Ein weiterer Grund dafür, dass die Übergangszeit von einem Präsidenten zum nächsten in den Vereinigten Staaten nach wie vor fast drei Monate beträgt, liegt darin, dass nicht eine Parlamentswahl durch den Sieg einer Partei entschieden wird, sondern der US-Präsident offiziell erst einige Wochen nach der Wahl von einem Wahlleutegremium gewählt wird. Das bedeutet zwar, dass ein neu gewählter Präsident die Amtsgeschäfte nicht unmittelbar übernehmen kann, dem Gewinner der Wahl können aber finanzielle Mittel für den Übergang zur Verfügung gestellt werden, und es finden Vorgespräche mit der scheidenden Administration statt.

Die Amerikanerinnen und Amerikaner schätzen diese Übergangszeit sehr, da auf die Wahl Feiertage wie Thanksgiving folgen und auch die Weihnachtszeit, Chanukka und andere Feiertage nicht mehr fern sind“, so Elizabeth B. Goldsmith, emeritierte Professorin an der Florida State University.

Zudem ist der Präsident der Vereinigten Staaten sowohl Regierungschef als auch Staatsoberhaupt. Man stelle sich vor, in Großbritannien würden der Premierminister und die Queen gleichzeitig ihre Ämter abgeben.

Obwohl es zunächst so scheint, als wäre für die Amtsübergabe mehr als genug Zeit, geht der Wechsel im Weißen Haus am 20. Januar so schnell, dass dafür ein ganzer Planungsstab aus Staatsangestellten benötigt wird. Traditionell verlässt der scheidende Präsident das Weiße Haus zur Amtseinführung des neuen Präsidenten, welcher einige Stunden darauf ins Weiße Haus einzieht. Laut Professor Goldsmith beginnen Hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an diesem Tag schon in den frühen Morgenstunden damit, die insgesamt 132 Zimmer der Privatgemächer des Präsidenten und der öffentlichen Bereiche für den neuen Präsidenten vorzubereiten.

„Es herrscht große Geschäftigkeit“, so die Expertin für amerikanische Lebensgewohnheiten, Prof. Goldsmith. „Die Betten müssen frisch gemacht und die Zahnbürsten entfernt werden. Hinter den Kulissen passiert unglaublich viel.“

Originaltext: Why so much time from election to inauguration of a U.S. president?